Nur gemeinsam können wir sicherstellen, dass Klimakrise und Artensterben im Wahlkampf die Aufmerksamkeit bekommen, die sie verdienen. Gespräche miteinander können hierzu beitragen. Aber das ist nicht gerade einfach und leicht. Viele Menschen ragieren intensiv auf Themen wie den Klimaschutz, die Energiewende oder Anpassung an die Folgen der Erderhitzung. Dennoch sollten wir versuchen, mit den Menschen in unserem Leben in den Austausch zu gehen. Wir Menschen haben einen großen Einfluss auf unser Umfeld.
Auch Sie möchten mit Freund:innen, Bekannten, der Familie oder Kolleg:innen über Klimaschutz, Energiewende, Naturschutz und die Bundestagswahl sprechen? Super! Hier finden Sie nützliche Tipps, Hinweise und Argumente dafür.
5 Tipps für gute Gespräche
Grundsätzlich kann man mit fast allen Menschen reden. Aber es gibt mehr oder weniger gute Startbedingungen. Die Grundregel lautet: Sprechen Sie Bekannte an. Bauen Sie auf vorhandenen, positiven Beziehungen auf.
Ob im Freundeskreis oder in der Familie – oft machen wir einen Bogen um politische Themen, wenn wir glauben, dass unser Gegenüber eine andere Meinung vertritt. Wir wollen die Beziehung nicht belasten. Das ist nachvollziehbar, aber damit verschenken wir die besten Gelegenheiten. Einstellungsänderungen sind nämlich am ehesten dort möglich, wo ein Dialog auf einer vorhandenen, positiven Beziehung aufbaut. In diesem Rahmen wird die sonst neutrale Information automatisch in eine persönlich bedeutsame Nachricht verwandelt.
Diese Beziehungen sind idealerweise
• frei von anderen (auch unterschwelligen) Konflikten
• stabil
• zugewandt bzw. von der Bereitschaft getragen, einander etwas zu geben
Wo tragfähige Beziehungen in Ihrem Umfeld sind, wissen Sie selbst am besten. In der Familie, auf der Arbeit, in der Nachbarschaft, im Verein, im Freundeskreis, der Gemeinde – wobei der Idealfall in den seltensten Fällen gegeben ist. Aber auch bei schwierigen Beziehungen können wir über das Klima sprechen. Fangen Sie am besten bei einer erfolgsversprechenden Gelegenheit an. Machen Sie sich auf die Suche.
Wie spreche ich Menschen am besten an?Die wichtigste Regel zuerst: Es kann auch schief gehen. Ein echter Dialog ist immer ergebnisoffen. Alle Beteiligten haben die Freiheit, bei ihrer Meinung zu bleiben – auch wenn sie uns unvernünftig erscheint. Machen Sie sich also keine Vorwürfe, wenn es mit der Überzeugungsarbeit nicht klappen sollte. Das liegt in der Natur der Sache.
Niemand lässt sich gerne zutexten. Es heißt also: Fragen, zuhören und verstehen. Geben Sie Ihrem Gegenüber die Gelegenheit, von sich zu erzählen und die eigene Sicht der Dinge zu schildern. Stellen Sie Fragen. Das signalisiert, dass Sie an der Meinung Ihres Gegenübers wirklich interessiert sind – und nicht nur belehren oder überreden möchten. Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie etwas richtig verstanden haben, fragen Sie nach, oder fassen Sie mit eigenen Worten zusammen, was Sie verstanden haben.
Achten Sie auch darauf, Ihr Gegenüber ausreden zu lassen. Wer oft unterbrochen wird und nicht sagen kann, was er oder sie möchte, ärgert sich und steigt innerlich aus dem Gespräch aus. Ein gutes Hilfsmittel ist, die jeweilige Redezeit im Blick zu haben.
In jedem Gespräch lassen sich Gemeinsamkeiten finden. Es lohnt sich, diese Gemeinsamkeiten auch zu benennen. Das schafft eine gute Atmosphäre für die weitere (kontroverse) Diskussion.
Reden Sie nicht nur über Fakten, sondern auch über persönliche Gefühle wie Ängste oder Hoffnungen, bisherige Erfolgsmomente und Wünsche oder Träume für die Zukunft. Sprechen Sie von sich und Ihrer Motivation! Am besten grenzen Sie (für sich und für Ihr Gegenüber) die beiden Bereiche dabei nachvollziehbar voneinander ab: Welche Fakten zum Klima liegen vor – und was macht das mit mir als Mensch?
Werte gehören zum Kern einer Person, sie lassen sich nicht so leicht ändern. Respektieren Sie andere Werte, Überzeugungen und Bedürfnisse und vermeiden Sie Schuldzuweisungen oder das Abwerten anderer Positionen. Wenn wir moralisch belehrt oder uns Vorwürfe gemacht werden, neigen wir dazu, unsere Überzeugungen noch stärker zu verteidigen – und hören der anderen Person möglicherweise nicht mehr wirklich zu.
Wechseln Sie die PerspektiveDenken Sie sich in Ihr Gegenüber hinein. Wechseln Sie die Perspektive. So finden Sie leichter das Argument, das speziell für Ihr jeweiliges Gegenüber überzeugend ist. Auch wenn man selbst nicht gläubig ist, kann man zum Beispiel einen religiösen Menschen auf die Bewahrung der Schöpfung verweisen – oder explizit auf Papst Franziskus und seine Enzyklika Laudato Si zum Klimaschutz.
Begründen Sie Ihren Standpunkt mit Belegen und konkreten Beispielen. Dabei sollte jede Meinungsäußerung eine Einladung sein, diese Meinung mit Ihnen zu teilen. Ein privates Gespräch ist keine Fernsehdiskussion oder ein Wettkampf, bei dem es Gewinner:innen und Verlierer:innen gibt. Sie haben Ihr Gegenüber noch lange nicht überzeugt, wenn Sie ihn:sie an die Wand geredet haben.
Machen Sie auf faktische Fehler aufmerksam und üben Sie Kritik etwa bei Verallgemeinerungen – aber gezielt, sachlich und sparsam. Nicht jeder kleine Irrtum ist es wert, ein „Fass aufzumachen“ und damit die Gesprächsatmosphäre zu beschädigen. Auch Wohlwollen beruht auf Gegenseitigkeit.
Diese Regeln gelten für beide Seiten, aber Sie können nicht davon ausgehen, dass Ihr Gegenüber diese Gesprächsregeln kennt. Sie sollten also nachsichtig sein, wenn sich jemand nicht daran hält. Schließlich wollen Sie dieses Gespräch führen.
Was ist eine gute Situation für ein Gespräch?Grundsätzlich kann man überall reden. Aber auch hier gibt es mehr oder weniger gute Startbedingungen. Am besten ist die Situation
• freiwillig
• frei von Zeitdruck
• stabil bzw. nicht „im Vorbeigehen“
• allgemein angenehm
Bei einem verabredeten Waldspaziergang lässt es sich besser reden als in der eh schon viel zu kurzen Mittagspause in einer lauten Betriebskantine. Aber auch hier müssen nicht alle Bedingungen erfüllt sein, um einen Versuch zu starten. Letztlich ist jeder Mensch und damit auch jede Beziehung anders. Am Ende hängt es also von der speziellen Beziehung ab, welches Setting das Beste ist.
Ein Tipp noch zur Gesprächssteuerung: Sie können direkt oder indirekt auf das Thema kommen. Manchmal ist es gut, die Dinge direkt anzusprechen. Manchmal ist es besser, wenn das Gespräch wie von selbst auf das Thema kommt. Sie können dafür Punkte ansprechen, durch die sich eine Überleitung wie von selbst ergibt. Mögliche Gesprächsaufhänger können zum Beispiel sein: Trockenheit und Hitze hierzulande, Hitzerekorde in Kanada oder die Überschwemmungen vor der Haustür, Klimakrise allgemein bis hin zur Bundestagswahl. Im Idealfall werden dann sogar Sie gefragt, was Sie wählen.
Lassen Sie sich nicht entmutigenUnd zu guter Letzt: Lassen Sie sich nicht entmutigen, wenn es mit der Überzeugungsarbeit nicht gleich funktioniert. Suchen Sie sich ein neues Gegenüber oder machen Sie zu einem anderen Zeitpunkt einen zweiten Anlauf. Bei ergebnisoffenen Prozessen wie diesem brauchen wir alle eine gehörige Portion Frustrationstoleranz: Es kann zehnmal schief gehen, aber nur so kann es beim elften Mal klappen.