Der WWF-Bericht „Who pays for Plastic Pollution“ aus dem Jahr 2023 zeigt: Vor allem ärmere Länder zahlen den Preis für den weltweiten Überkonsum von Plastik. In Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen sind die „wahren Kosten“ von Plastik acht- bis zehnmal höher, obwohl pro Kopf fast dreimal weniger Plastik genutzt wird als in Ländern mit hohem Einkommen. Dieses Ungleichgewicht zieht sich durch die gesamte Wertschöpfungskette, von der Produktion bis zur Entsorgung.
Plastik gilt als billig, schnell hergestellt und praktisch. Doch das Material ist alles andere als günstig. Seine Herstellung, vor allem aber seine Entsorgung und die von ihm verursachte Verschmutzung sind mit hohen sozialen, ökologischen und ökonomischen Kosten verbunden. Für jeden Dollar, den die Herstellung von Plastik kostet, müssen Regierungen und die Gesellschaft mindestens zehnmal so viel bezahlen, um die zahllosen negativen Auswirkungen zu beheben. Auf diesen Kosten bleiben vor allem die ärmeren Länder sitzen, die aber selbst am wenigsten zur Plastikverschmutzung beitragen, so ein Bericht des WWF.
Ungerechte Verteilung der Folgen unseres Plastikkonsums
Plastik auf Kosten der Gesundheit

Neben den direkten Umweltschäden sind es vor allem gravierende Gesundheitsrisiken, die die weltweite Plastiknutzung in armen Ländern verursacht: In Laos beispielsweise ist die giftige Luftverschmutzung durch das Verbrennen von Kunststoffen unter freiem Himmel inzwischen für fast zehn Prozent der jährlichen Todesfälle verantwortlich.
Verbrennungsanlagen, Öl- und Gasraffinerien werden überwiegend in Regionen mit einkommensschwacher und marginalisierter Bevölkerung gebaut. Die Menschen werden dadurch gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken ausgesetzt.
Insgesamt verursachen Krankheiten im Zusammenhang mit unsachgemäßem Abfallmanagement jährlich bis zu einer Million Todesfälle, vor allem in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen. Hinzu kommen die oft prekären Arbeitsbedingungen in der Abfallwirtschaft.
Woher kommt das Ungleichgewicht der Plastik-Kosten?

„Unser 'Take, Make, Waste'-Plastiksystem ist so konzipiert, dass es die schwächsten und am meisten benachteiligten Länder der Welt am stärksten belastet“, so Alice Ruhweza, Senior Director of Policy, Influence and Engagement bei WWF International. Anstatt die globale Plastikverschmutzungskrise auf die effizienteste Art und Weise anzugehen, wälzt das System den Großteil der Kosten auf diejenigen ab, die am wenigsten dazu in der Lage sind, sie zu bewältigen – ohne dass diejenigen zur Rechenschaft gezogen werden, die die Produkte überhaupt erst herstellen und verwenden.
Der WWF-Bericht identifiziert drei wesentliche strukturelle Ungleichheiten, die das derzeitige Plastiksystem antreiben und Ungleichheiten fördern:
- Mangel an Einflussmöglichkeiten: Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen haben nur minimalen Einfluss auf die Produktion und das Design von Kunststoffprodukten, obwohl von ihnen erwartet wird, diese Produkte am Ende ihres Lebenszyklus zu recyclen oder zu entsorgen.
- Begrenzte Kapazitäten: Die rasche und exponentiell steigende Produktion von Kunststoffen, insbesondere von Einwegartikeln, übersteigt die verfügbaren Ressourcen für das Abfallmanagement in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen.
- Mangelnde Rechenschaftspflicht: Das derzeitige System enthält keine Mechanismen, um Länder und Unternehmen für ihr Handeln oder Nichthandeln in Bezug auf die Plastikverschmutzung und deren Auswirkungen auf unsere Gesundheit, die Umwelt und die Wirtschaft zur Rechenschaft zu ziehen.
„Unser 'Take, Make, Waste'-Plastiksystem ist so konzipiert, dass es die schwächsten und am meisten benachteiligten Länder der Welt am stärksten belastet.“
Alice Ruhweza, Senior Director of Policy, Influence and Engagement bei WWF International
Das Problem wird sich verschärfen
Bereits 2021 hatte ein Bericht des WWF und der Beratungsfirma Dalberg die Lebenszeitkosten von Plastik, das allein im Jahr 2019 produziert wurde, auf 3,7 Billionen US-Dollar geschätzt, das ist mehr als das Bruttoinlandsprodukt von ganz Indien. Im selben Jahr gelangten zwei Millionen Müllwagenladungen Plastikmüll in die Weltmeere.
Doch hochriskante und vermeidbare Einwegplastikprodukte werden weiterhin in Rekordmengen produziert und in Umlauf gebracht – trotz der immensen Risiken für Umwelt und Gesellschaft.
Was uns Plastik in Zukunft kosten könnte

Die globale Kunststoff-Wertschöpfungskette ist unreguliert und die Produktion und der Verbrauch von Plastik steigen immer weiter an, ebenso die Plastikverschmutzung.
Die gesellschaftlichen Lebensdauerkosten des für 2040 prognostizierten Neuplastiks könnten sich auf mehr als 7,1 Billionen US-Dollar belaufen, was etwa 85 Prozent der weltweiten Gesundheitsausgaben im Jahr 2018 entspricht und größer ist als das Bruttoinlandsprodukt von Deutschland, Kanada und Australien im Jahr 2019 zusammen.
Die Menge an unsachgemäß entsorgtem Plastikmüll wird bis 2040 voraussichtlich um fast 90 Prozent steigen. Allen voran die ärmeren Länder, aber auch uns alle wird der Preis für unseren Plastikkonsum noch teuer zu stehen kommen, wenn es uns nicht endlich gelingt, die wahren Kosten von Kunststoffen zu erkennen und zu beseitigen.
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