Die Versorgung mit Fernwärme ist in Deutschland regional sehr unterschiedlich. Nordrhein-Westfalen als bevölkerungsreichstes und industriestarkes Bundesland hat insgesamt knapp 5.000 Kilometer Wärmenetze und ist damit Spitzenreiter. Hier gibt es viele Ballungsräume, in denen Fernwärme tendenziell stärker genutzt wird. Es folgen Bayern mit über 2.400 Kilometern und Berlin mit über 2.000 Kilometern.
Rund 15 Prozent der Haushalte in Deutschland heizen mit Fernwärme – damit ist sie nach Gas und Öl die derzeit drittwichtigste Heizmethode. Höchste Zeit, einen Blick auf den Zustand der Fernwärmenetze in Deutschland zu werfen. Das WWF-Fernwärme-Ranking analysiert und ordnet ein: Wie steht es um den Aus- und Umbau der Wärmenetze hierzulande?
Wie funktioniert Fernwärme?
Fernwärme funktioniert in der Regel über ein Netzwerk von Rohren, über das ein sehr warmes bis heißes Transportmedium wie Warmwasser oder Dampf aus einer oder mehreren Erzeugungsquellen zu den einzelnen angeschlossenen Gebäuden transportiert wird.
Dieser Erzeugungspunkt kann beispielsweise ein Heizkraftwerk, eine Müllverbrennungsanlage, eine Geothermieanlage, ein Biomasseheizwerk oder die industrielle Abwärmenutzung sein. Über das Netzwerk wird die Wärme an die Verbraucher:innen geleitet, die sie dann für Heizzwecke und zur Bereitstellung von Warmwasser nutzen können.
Wärmequelle mit Potential
Fernwärme hat das Potenzial, eine effiziente und umweltfreundliche Alternative zu Gas- und Ölheizungen zu werden, da sie die Nutzung von Abwärme oder erneuerbaren Energiequellen ermöglicht und die Wärme auf viele Gebäude verteilt, was weniger Emissionen verursacht. Doch davon sind wir noch weit entfernt: Die Wärmeversorgung über Wärmenetze basiert zu rund 80 Prozent auf der Verbrennung fossiler Energieträger in Kraft- und Heizwerken.
Damit wir in Zukunft klimafreundlich heizen, muss die Fernwärmeversorgung bis spätestens 2045 klimaneutral sein. Nur so kann sie dazu beitragen, die Klimaziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen. Eine große Herausforderung, vor der viele Kommunen stehen. Höchste Zeit also, den Fernwärmemarkt in den Fokus zu rücken. Welches Bundesland ist bereits auf dem Weg, seine Fernwärmenetze klimafreundlich umzubauen? Welches Bundesland ist das Schlusslicht? Diese und weitere Fragen versuchen die WWF-Expert:innen im Fernwärme-Ranking zu beantworten.
Wer hat das längste Fernwärme-Netz?
Wer hat die meisten angeschlossenen Haushalte?
Eine andere Verteilung ergibt sich jedoch, wenn man den Anteil der Haushalte mit Fernwärmeanschluss pro Bundesland vergleicht: So sind nach einer Auswertung des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) in den neuen Bundesländern insgesamt anteilig mehr Wohnungen an ein Fernwärmenetz angeschlossen als in den alten Bundesländern. Spitzenreiter ist hier Mecklenburg-Vorpommern, wo insgesamt rund 38 Prozent der Wohnungen an ein Fernwärmenetz angeschlossen sind. Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen Berlin (37,6 Prozent), Hamburg (32,1 Prozent), Sachsen (29 Prozent) und Brandenburg (28,8 Prozent).
Wer emittiert die meisten Treibhausgase für die Erzeugung von Fernwärme?
In der Gesamtbetrachtung der absoluten Emissionen nimmt Nordrhein-Westfalen mit einem Treibhausgasausstoß von über acht Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten den Spitzenplatz ein – angesichts der Netzgröße wenig überraschend. Baden-Württemberg, Bayern und Berlin folgen bereits mit deutlichem Abstand auf den Plätzen zwei bis vier mit jeweils drei bis vier Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten.
Wie sieht der Pro-Kopf-Verbrauch der Fernwärme aus?
Eine gute Vergleichbarkeit zwischen den Bundesländern lässt sich herstellen, wenn die Emissionsfaktoren der Fernwärmeerzeugung in Relation zum Pro-Kopf-Energieverbrauch für Raumwärme und Warmwasser gesetzt werden. Nicht mehr Nordrhein-Westfalen steht an der Spitze der CO2-intensivsten Fernwärmeerzeugung. Negativer Spitzenreiter ist Bremen mit 3,2 Tonnen CO2-Äquivalenten pro Person. Auf den Plätzen zwei und drei liegen Brandenburg und Hamburg mit etwa 2,5 Tonnen pro Verbraucher:in.
Welche Energieträger nutzen die Bundesländer für Fernwärme?
Insgesamt ist Erdgas derzeit mit einem Anteil von über 42 Prozent die größte Emissionsquelle in der Fernwärmeerzeugung. An zweiter Stelle liegen Braun- und Steinkohle mit über 27 Prozent, gefolgt von Biomasse an dritter Stelle mit einem Anteil von 21 Prozent.
Spitzenreiter beim Einsatz von Erdgas zur Fernwärmeerzeugung ist Nordrhein-Westfalen mit mehr als sechs Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen, gefolgt von Bayern und Berlin.
Kohle als EnergieträgerAuch bei der Kohlenutzung ist Nordrhein-Westfalen negativer Spitzenreiter: Die Nutzung von Kohle zur Fernwärmeerzeugung verursacht hier fast zwei Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen. Nordrhein-Westfalen wird gefolgt von Baden-Württemberg und Berlin.
Heizöl als EnergieträgerBei der Nutzung von Heizöl in der Fernwärme ist Nordrhein-Westfalen als deutlicher Ausreißer negativer Spitzenreiter. Die anderen Bundesländer fallen demgegenüber weit zurück und befinden sich auf ähnlichem Niveau.
Biomasse als EnergieträgerBei den Emissionen aus dem Einsatz von Biomasse in der Fernwärme liegt nicht mehr Nordrhein-Westfalen an der Spitze, sondern Baden-Württemberg mit fast zwei Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten pro Jahr, gefolgt von Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.
Abfall als EnergieträgerAuch beim Abfall stoßen wir mit Nordrhein-Westfalen auf einen bereits bekannten Negativ-Spitzenreiter: Knapp über eine Million Tonnen CO2-Äquivalente entstehen im bevölkerungsreichsten Bundesland bei der Verbrennung von Müll zur Fernwärmeerzeugung. Es folgen Hessen und Bayern.
Fazit: Es gibt keinen Gewinner, aber noch viel zu tun
Der Blick auf die absoluten Emissionszahlen macht bereits deutlich, dass die Fernwärmenetze in Deutschland aktuell noch weit davon entfernt sind, ihr Potenzial als tatsächlich klimafreundlicher Wärmeversorger auszunutzen. Aktuell belaufen sich die aufaddierten Fernwärmeemissionen auf mehr als 39 Millionen Tonnen – von insgesamt 674 Millionen Tonnen freigesetzten CO2-Äquivalenten Deutschlands in 2023. Zu viele Mengen fossiler Energie werden bisher für die Fernwärmeerzeugung genutzt, statt auf klimafreundliche Alternativen wie Großwärmepumpen, Solarthermie oder Geothermie zu setzen.
Beim Ausbau der erneuerbaren Fernwärme müssen wir daher derzeit leider noch auf ein Ranking verzichten. Denn wirklich nachhaltige und umweltschonende Quellen haben derzeit keinen nennenswerten Anteil an der Fernwärmeerzeugung in Deutschland.
Der WWF fordert die Bundesregierung daher auf, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu forcieren, damit elektrische Lösungen auf Basis von Wind- und Sonnenenergie unter anderem in den Sektoren Energie, Verkehr und eben auch im Gebäudesektor klimafreundlich werden und breite Anwendung finden können.
Zum Fernwärme-Ranking
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