Zur Einhaltung der Pariser Klimaziele wird die Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre und die dauerhafte Speicherung erforderlich sein, dies wird auch als Negativemissionen bezeichnet. Es ist essenziell, dass dies zusätzlich zu und gleichzeitig mit schnellen und tiefgreifenden Emissionsreduktionen einhergeht. Die CO2-Entnahme kann und darf Emissionsreduktion und -vermeidung nicht ersetzten.

Was ist CO2-Entnahme bzw. Negativemissionen?

Schornstein Emissionen © Pavle Marjanovic / Getty Images / Hemera / Thinkstock / WWF
Schornstein Emissionen © Pavle Marjanovic / Getty Images / Hemera / Thinkstock / WWF

Der Weltklimarat (IPCC) definiert Kohlendioxid-Entnahme als „Menschliche Aktivitäten, die Kohlendioxid (CO2) aus der Atmosphäre entnehmen und dauerhaft in geologischen, terrestrischen, ozeanischen Speicherbecken oder in Produkten speichern.“ Allerdings ist „dauerhaft“ in diesem Kontext noch nicht genauer definiert. Ein gewisses Maß an CO2-Entnahme ist erforderlich, um den globalen Temperaturanstieg auf 1,5 °C zu begrenzen, um nicht-vermeidbare Restemissionen auszugleichen und um den Temperaturanstieg umzukehren.

Nicht-vermeidbare Emissionen sind Emissionen, die aus sozialen oder technischen Gründen nicht vermieden werden können. Eine schnelle und tiefgreifende Reduzierung der Treibhausgasemissionen hat bei der Eindämmung des Klimawandels oberste Priorität. Es ist besser, das Ausstoßen von Emissionen in die Atmosphäre von vornherein zu verhindern, als sie später zu entfernen. Der Grund hierfür ist, dass der Schaden, der durch ausgestoßene Emissionen verursacht wird, größer ist als der Vorteil, der durch die Entnahme von CO2 geschaffen wird.

CO2-Entnahme: wesentlich und vielfältig

Sich im großen Umfang auf die Entnahme von CO2 zu verlassen, ist risikoreich; und jede Methode ist begrenzt durch verfügbare Land-, Wasser- und Energieressourcen. Zudem müssen soziale Aspekte sowie der gleichzeitige Erhalt der biologischen Vielfalt berücksichtigt werden. Die Kosten und Nutzen jedes möglichen Ansatzes zur Entnahme von CO2 sowie die Auswirkungen in unterschiedlichen Regionen müssen sorgfältig abgewogen werden. Kein einzelner Ansatz ist die alleinige Lösung, stattdessen wird ein vielfältiges Portfolio von Methoden benötigt.

Soweit Methoden zur CO2-Entnahme umgesetzt werden, sollten diese strenge ökologische und soziale Schutzmaßnahmen einhalten, um negative Folgen zu minimieren. Diese Folgen können Konflikte zwischen Land- und Wasserressourcen, der Nahrungsmittelproduktion oder Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen der lokalen Bevölkerung sein.

CO2-Entnahme ist keine Alternative zur Emissionsminderung

Kohlefabrik hinter Wohngebiet © Andrew Kerr / WWF
Kohlefabrik hinter Wohngebiet © Andrew Kerr / WWF

Daher darf die Entnahme von CO2 die Reduzierung der Treibhausgasemissionen nicht verzögern oder ersetzen. Es muss bei der CO2-Entnahme darum gehen, die Risiken zu senken, die mit höheren globalen Temperaturen verbunden sind, und nicht darum, weiterhin die Nutzung von fossilen Brennstoffen zu ermöglichen.

Kurzfristige, schnellere und tiefere Reduktion der Emissionen verringern langfristig die Notwendigkeit riskanter CO2-Entnahme. Daher müssen Maßnahmen zur Vermeidung und Reduktion von Emissionen priorisiert werden, um den Bedarf an CO2-Entnahme zu minimieren.

Natürliche Ökosysteme erhalten und Fördern

Die Ozeane, Pflanzen, Tiere und Böden haben weltweit in den letzten 10 Jahren 54 Prozent der menschengemachten Emissionen aufgenommen. Um die nicht-vermeidbaren Restemissionen auszugleichen, werden zusätzliche Entnahmen benötigt, und bereits vorhandene Senken müssen ausgebaut und geschützt werden.

Natürliche Ökosysteme speichern nicht nur Kohlenstoff und helfen hierdurch den globalen Temperaturanstieg zu verlangsamen, sondern leisten ebenfalls grundlegende Dienste für die menschliche Gesundheit und Lebensgrundlagen wie saubere Luft, trinkbares Wasser, produktive Ozeane und fruchtbare Böden für den Lebensmittelanbau.

Ökosysteme wie Feuchtgebiete, Mangroven und Korallenriffe schützen vor schlimmer werdenden Gefahren durch Extremwetter und steigenden Meeresspiegel. Die Biodiversität ist hierfür ein essenzieller Eckpfeiler, doch auch diese wird durch die Folgen der Klimakrise bedroht. Daher braucht es Maßnahmen zum Erhalt und Wiederaufbau von natürlichen Ökosystemen. Denn diese sind nicht nur kosteneffiziente Maßnahmen, um die Treibhausgasemissionen zu senken, sondern fördern auch die Biodiversität und Lebensqualität.

Die Natur verlangsamt die Erderhitzung © WWF
Die Natur verlangsamt die Erderhitzung © WWF

Politische Prozesse

Europäisches Parlament © iStock / Getty Images
Europäisches Parlament © iStock / Getty Images

In Deutschland erarbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz die Langfriststrategie Negativemissionen, für die es seit Februar 2024 ein Eckpunktepapier gibt. In dieser wird der Zeitraum bis 2060 betrachtet und soll einen Gesamtüberblick der Potenziale von Negativemissionen im Kontext der deutschen Klimapolitik geben.

Die Kernforderungen des WWF zur Langfriststrategie sind, dass die Emissionsvermeidung und -reduktion weiterhin Vorrang vor der Entnahme haben müssen. Daher braucht es getrennte Zielgrößen für die Emissionsreduktion, technische und natürliche Senken. Technische Senken bezieht sich auf CO2-Entnahmemethoden, die CO2 für mindestens mehrere Jahrhunderte speichern. Des Weiteren werden robuste und transparente Kriterien für die Bewertung, Berichterstattung und Verifizierung von CO2-Entnahme benötigt, um sicherzustellen, dass diese einen wirklichen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

Siehe: WWF-Hintergrundpapier-zur-Langfriststrategie-Negativemission.pdf

Auf europäischer Ebene haben sich die Kommission, das Parlament und der Rat im April 2024 auf ein Rahmenwerk für die Zertifizierung von CO2-Entnahme, Carbon Farming (Aktivitäten zur Anreicherung von Kohlenstoff im Boden) und zur Speicherung in Produkten geeinigt. Dieser wird als CRCF (Carbon Removal Certification Framework, englisch für Kohlenstoff Entnahme Zertifizierungsrahmen) bezeichnet. Die Verordnung soll einen rechtlichen Rahmen schaffen, um durch Kohlenstoffbindung zusätzlich Emissionen zu kompensieren, die nicht vermieden werden können.