Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2045 klimaneutral zu sein. Essentiell, um dieses Ziel zu erreichen: die Wärmewende. Denn der größte Teil der Energie, der für die Wärmeerzeugung aufgewendet wird, stammt immer noch aus fossilen Brennstoffen. Das muss sich schnell ändern. Die Umsetzung der Wärmewende sollte absolute Priorität haben. Doch wie gehen wir das an?

Im Jahr 2023 hat der Gebäudesektor bereits zum vierten Mal in Folge seine Klimaziele verfehlt – trotz Einsparungen beim Energieverbrauch im Zuge des Kriegs in der Ukraine. So hat der Sektor rund 102 Millionen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Das sind etwa 15 Prozent der gesamten Emissionen hierzulande. Die Wärmewende hinkt somit weit hinter den Zielen hinterher.

Der Grund: Mehr als 80 Prozent der Wärmenachfrage in Deutschland werden momentan durch fossile Energieträger abgedeckt. Die Nutzung von Erdgas als Energiequelle liegt mit einem Anteil von circa 50 Prozent klar vorne. Weitere Quellen sind Ölheizungen sowie auf fossiler Energie basierende Fernwärme.

Insgesamt ist es beachtlich: Mehr als 40 Prozent des Erdgases, das wir in Deutschland nutzen, wird nur zum Heizen oder für Warmwasser genutzt. Nur 17 Prozent dafür stammen bisher aus Erneuerbaren Quellen – also eine große Baustelle und ein großer Hebel für den Klimaschutz.

„Anstatt uns von fossilen Vergangenheitsträumen vereinnahmen zu lassen, müssen wir die immens notwendige Energiewende vorantreiben."

An die Minster:innen

Ziele der Politik

Die Bundesregierung hat sich im Koalitionsvertrag auf verschiedene Maßnahmen geeinigt, die diese Defizite ausbessern sollen. So hat die Ampel-Regierung das Ziel festgelegt, dass jede neue Heizung zum 1. Januar 2024 auf der Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden soll.

In diesem Zuge hat die Bundesregierung das Gebäudeenergie-Gesetz (GEG) aktualisiert – allerdings nicht im ausreichenden Maße. So bleibt das Installieren fossiler Heizungen zunächst erlaubt, wodurch die Klimakrise weiter angeheizt wird. Zahlreiche Ausnahmeregelungen wurden getroffen und das ursprüngliche Ziel der 65-Prozent-Vorgabe ist in weite Ferne gerückt. 

Alternativen zu fossilen Wärmequellen

Sanierung von Gebäuden © IMAGO / Michael Gstettenbauer
Sanierung von Gebäuden © IMAGO / Michael Gstettenbauer

Die Energiewende ist eben auch zu großen Teilen eine Wärmewende. Denn das Heizen ist für rund 70 Prozent des Endenergieverbrauchs in den Haushalten verantwortlich. Die meisten Gebäude in Deutschland ließen sich bereits klimafreundlich und ohne den Einsatz von Gas beheizen. Der oft verbreitete Mythos, dass es gerade im Gebäudebestand keine „erneuerbaren“ Alternativen gebe, ist schlichtweg falsch.

Die Wärmewende umfasst also Maßnahmen, die Wärmeenergie einsparen – zum Beispiel durch die energetische Sanierung von Gebäuden – und den Wärmeverbrauch dekarbonisieren – zum Beispiel durch den Einbau von Heizungen, die ohne fossile Energiequellen auskommen. Möglich ist das durch den Einsatz Erneuerbarer Energien.

Insbesondere Wärmepumpen und grüne Wärmenetze in Kombination mit der Reduktion des Wärmebedarfs durch energetische Sanierung sind die klaren Mittel zur Dekarbonisierung des Gebäudesektors

WWF Deutschland

Wärmewende ist sozialverträglich!

Haus mit Solaranlage aus Emmendingen © Kristina D.
Haus mit Solaranlage aus Emmendingen © Kristina D.

Die Wärmewende ist nicht nur gut fürs Klima, sondern auch für die Menschen. Letztlich leisten wir mit dem Klimaschutz einen Beitrag zu unser aller Gesundheit. Der Einsatz erneuerbarer Energien entlastet nicht nur die Umwelt und bekämpft den Klimawandel, es ergeben sich auch Chancen für die Gesellschaft: Es entstehen Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien und Heiztechnologien, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen und damit von geopolitischen Risiken verringern sich und die nationale und regionale Wirtschaft wird gestärkt.

Die Nutzung erneuerbarer Wärmequellen entlastet auch Menschen mit geringem Einkommen: denn Prognosen zeigen, dass die Nutzung von Öl und Gas in Zukunft noch teurer werden wird. Eine Wärmepumpe ist in vielen Fällen schon heute wettbewerbsfähiger als eine neue Gasheizung. Neben geopolitischen Unwägbarkeiten, steigenden Förderkosten und schwindenden Reserven von fossilen Energieträgern sorgen steigende Nachfrage und ein verknapptes Angebot für höhere Öl- und Gaspreise. Schon 2021 haben diese Unwägbarkeiten zu einem starken Anstieg der Energiepreise geführt. Und diese Unsicherheiten bleiben. Die Politik ist gefragt, gerade Menschen im unteren und mittleren Einkommensbereich gezielt zu entlasten und bei der Wärmewende unter die Arme zu greifen.

Das Heizen mit erneuerbaren Energien bringt außerdem Planungssicherheit. Wer dazu ausschließlich selbst produzierten erneuerbare Energien nutzt – zum Beispiel mit Wärmepumpen, deren Strom aus Photovoltaik vom eigenen Dach angetrieben werden –, kann die Ausgaben für die Wärmeversorgung auf Jahre kalkulieren. Die Höhe der Heizkosten lässt sich aus der Investitionssumme für die Installation einer Wärmepumpe, der Photovoltaik-Anlage und gegebenenfalls einer erforderlichen energetische Sanierung des Gebäudes, zuzüglich der Wartungskosten für die Wärmepumpe, berechnen.

Kommunale Wärmeplanung: Fossilfrei vor Ort in die Zukunft starten

Kommunen spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Wärmewende © Freepik
Kommunen spielen eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Wärmewende © Freepik

Die kommunale Wärmeplanung ist eine entscheidende Säule der Wärmewende. Durch eine gezielte kommunale Wärmeplanung können Städte und Gemeinden ihre lokale Wärmeversorgung nachhaltig gestalten und die Weichen für eine fossilfreie Zukunft stellen. Jede Region verfügt über individuelle Ressourcen, sei es erneuerbare Energien wie Solar- und Geothermie oder Abwärmequellen aus Industrie und Gewerbe.

Die identifizierten Potenziale können gezielt genutzt werden, um klimafreundliche und effiziente Wärmenetze aufzubauen. Gut geplant, trägt dies nicht nur zum Klimaschutz bei, sondern stärkt auch die regionale Wertschöpfung und schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze in der grünen Energiebranche. Unser Leitfaden für eine kommunale Wärmeplanung zeigt wie Kommunen und kommunale Unternehmen die Wärmewende schaffen können.

In diesem Zuge wird Wasserstoff als Ersatz von fossilem Erdgas oft als „Allheilmittel der Wärmewende“ gesehen. Allerdings gibt es große Probleme und Unsicherheiten, die mit Wasserstoff zum Heizen einhergehen. Denn Wasserstoff wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch in den kommenden Jahren nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird er sehr teuer sein und ineffizient in der Herstellung. Hier gibt es bessere, klimafreundlichere und auch günstigere Alternativen. Kommunen müssen im Zuge daher zunächst davon ausgehen, dass Wasserstoff mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht wirtschaftlich sein werden. Ein Rechtsgutachten der Umweltrechtskanzlei Günther bestätigt, dass in diesem Fall die Kommune nicht mit Wasserstoffgebieten planen darf. Alle zentralen Erkenntnisse dieses Rechtsgutachtens sind in einem Infoschreiben zusammenfasst und verständlich aufgearbeitet.

Wir brauchen die Wärmewende. Jetzt.

Der WWF will die Wärmewende beschleunigen und setzt sich für die Dekarbonisierung des Gebäudesektors ein. Eine effektive Reduktion der Emissionen im Gebäudesektor erfordert eine ganzheitliche Strategie, die sowohl technologische als auch soziale und politische Maßnahmen umfasst. Hier setzt der WWF Deutschland mit seiner Arbeit an.

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