Die Austrocknung der Landschaft wird in Deutschland zunehmend zum Problem. Feuchtgebiete und grundwasserabhängige Ökosysteme zeigen vielerorts bereits gravierende Schäden: Selbst in Flussauen sinkt der Grundwasserspiegel bedrohlich, zahllose Kleingewässer in der Landschaft trocknen aus, Amphibien und andere dort lebenden Arten schwinden. Trockenjahre, Dürresommer und Hitzephasen verschärfen die Situation, insgesamt nehmen Wetterextreme durch den Klimawandel zu. Daneben gibt es aber hausgemachte Ursachen für die Austrocknung der Landschaft, die jahrzehntealt sind. Sie liegen in der übermäßigen Entwässerung von landwirtschaftlichen Flächen, Mooren und Wäldern durch Grabensysteme und begradigter und ausgeräumte Fließgewässer sowie in der Beschleunigung des Abflusses.
Wasser zurückhalten, Landschaft kühlen
Um Trockenheit und Dürre zu begegnen und ihre Folgen abzumildern gilt es, den gestörten Wasserhaushalt der Landschaft wieder naturnäher zu gestalten und so zu bewirtschaften, dass er sich stabilisiert. Im Kern heißt das: Mehr Wasser zurückhalten und die Landschaft feuchter halten und kühlen.
In einer gewässerverträglichen und wassersensiblen Landnutzung liegen die wichtigsten Lösungsansätze: Der Rückhalt von Wasser in der Landschaft muss zu einem übergeordneten und vorrangigen Ziel werden.
Auch das Bundesumweltministerium hat diese wichtige Herausforderung erkannt und in ihren Eckpunkten zum Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz vom Frühjahr 2022 die Bundesregierung richtigerweise die zentrale Rolle des Landschaftswasserhaushalts hervorgehoben. Auch der Entwurf für eine Nationalen Wasserstrategie benennt den naturnahen Wasserhaushalt als zentrales Handlungsfeld.
Nachfolgend ein Ausschnitt aus dem WWF-Aktionsplan für ein zukunftsfähiges Dürremanagement in Deutschland.
Der komplette Aktionsplan gegen Dürre
1. Den natürlichen Wasserrückhalt in die Managementpläne für die Flussgebiete integrieren und Szenarien zum Wasserhaushalt erarbeiten
Die großflächigen Trockenschäden in der Landschaft deuten darauf hin, dass vielerorts auch das Grundwasser mengenmäßig in keinem guten Zustand ist. Ein nachhaltiges und weniger dürreanfälliges Wassermanagement muss deutschlandweit auf nachvollziehbaren Bestandsaufnahmen der Feuchtgebiete und grundwasserabhängigen Ökosysteme beruhen. Ihr Zustand ist zugleich Indikator für den Grundwasserzustand und zeigt Problemsituationen an.
Maßnahmen müssen zudem auf Szenarien zur künftigen Entwicklung des Wasserhaushalts fußen. Im Einklang mit dem Flussgebietsmanagement auf Basis der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) gilt es, dabei im Kontext von Einzugsgebieten zu handeln. Unumgänglich ist es aber auch, die Rolle der Entwässerung bzw. den Begriff des „ordnungsgemäßen Abflusses“ bzw. des „schadlosen Abflusses“ im Wasserrecht neu zu definieren.
2. Bestehende Grabensysteme anpassen
Feuchtgebiete und Auen gehören zu den Lebensräumen mit der höchsten Artenvielfalt in Deutschland. Sie können zudem maßgeblich zur Verbesserung des natürlichen Wasserrückhalts beitragen. Die oft übermäßige Entwässerung dieser Gebiete durch flächenhaft vorhandene Grabensysteme muss verringert werden.
Es gilt, in Perioden mit hohem Wasserdargebot das Wasser zurückzuhalten und damit das oberflächennahe Grundwasser anzuheben (natürlicher Wasserrückhalt im Sinne von natural water retention measures). Gräben müssen dafür, wo möglich, zurückgebaut werden. Ebenso muss die Polderbewirtschaftung in Niederungen und Flussauen angepasst werden.
3. Gewässer in einen guten Zustand bringen und in die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) investieren
Das Flussgebietsmanagement im Zeichen der WRRL ist das zentrale Instrument für einen nachhaltigen Umgang mit unseren Seen, Fließgewässern und dem Wasser in der Landschaft. Der „gute Zustand“ der Gewässer ist ihr zentrales Ziel – ökologisch, chemisch und mengenmäßig. Eine stringente Umsetzung der WRRL muss auch die Anpassung unserer Gewässer an zunehmende Trockenheit in den Blick nehmen.
4. Das Verschlechterungsverbot der WRRL einhalten
Wenn das Wasser knapper wird, nimmt die Konkurrenz um seine Nutzung zwischen Ökosystemen, Landwirtschaft, Trinkwasserversorgung, Industrie, Energieversorgern und Schifffahrt zu. Grundlage für das künftige Wassermanagement und der Genehmigungspraxis muss die Einhaltung des Verschlechterungsverbots in Artikel 4 der WRRL sein, wonach der Zustand Gewässer nicht weiter verschlechtert und eine Verbesserung nicht erschwert bzw. verhindert werden darf.
5. Das Verursacherprinzip konsequent auf alle Wassernutzer anwenden
Die Nutzung von Wasser verursacht soziale Kosten, also Kosten für Umwelt und Gesellschaft. Hier gilt es, eine Maxime der deutschen und der EU-Umweltpolitik endlich konsequenter anzuwenden: das Verursacherprinzip (Polluter- bzw. User-Pays Principle). Auch die WRRL verweist in Art. 9 auf das Verursacherprinzip und fordert, die Kosten von sogenannten Wasserdienstleistungen den jeweiligen Verursachern zuzuordnen.
Dies schafft Anreize für einen sorgsameren Umgang mit den Wasserressourcen und dient der Finanzierung von Gewässerschutz und Renaturierung.
6. Öffentliche Fördermittel zum Waldumbau und zur Unterstützung der Forstwirtschaft an ökologische Kriterien koppeln
Nadelforste verringern durch hohe Verdunstungsraten die Grundwasserneubildung und tragen somit zur Trockenheit bei. Einheimische Laubbaumarten, große Totholzmengen und eine schonende Bewirtschaftungsart der Wälder hingegen haben einen positiven Einfluss auf den Wasserhaushalt und somit die Grund- und Oberflächengewässer. Arten- und Strukturvielfalt, mehrschichtige Wälder, arten- und strukturreiche Waldsäume mit einem fließenden Übergang in die Offenlandschaft erhöhen nicht nur die Stabilität der Wälder, sondern verbessern zudem das Waldinnenklima.
Damit öffentliche Mittel Wirkung entfalten, muss die Vergabe an ambitionierte, klare, mess- und erfüllbare Kriterien geknüpft sein. Wenn Waldbewirtschaftung über das gesetzliche Mindestmaß hinaus einen positiven Beitrag auch zur Verbesserung der wasserbezogenen Ökosystemleistungen leisten, könnte diese honoriert werden.
7. Die Schaffung neuer Wälder und von Agroforstwirtschaft fördern und ausbauen
Die Schaffung neuer Wälder sowie die Etablierung von Agroforstwirtschaftssystemen kann zur Verbesserung der Wasser- und Nähstoffversorgung während längerer Trockenperioden beitragen. Die Waldmehrung muss auch der starken Fragmentierung von Waldflächen entgegenwirken und größere zusammenhängende Waldflächen schaffen.
8. Bodenfruchtbarkeit und Wasserhaltefähigkeit landwirtschaftlicher Böden verbessern
In der Fläche muss die Landbewirtschaftung so gestaltet werden, dass das natürliche Versickerungspotenzial der Böden wiederhergestellt wird. Ihre Fähigkeit, Wasser zu halten, muss gestärkt und die Verdunstung reduziert werden. Hierzu gehört die Förderung des Bodenlebens, insbesondere der Regenwürmer, sowie eine Erhöhung des Humusgehalts.
Ein landwirtschaftliches Management dieser Art bedeutet nicht nur eine Verbesserung der Bodenfruchtbarkeit und -gesundheit (sowie eine Verbesserung der Ertragssicherheit und Klimaresilienz), sondern hilft auch bei der Neubildung von Grundwasser.
9. Bewässerung strenger reglementieren und Wasserentnahmen wirksam bepreisen
Wasser ist ein knappes Gut. Sein Einsatz als Produktionsmittel muss daher einen Preis erhalten. Das gilt besonders für Bewässerungswasser in der Landwirtschaft, das vor allem dann genutzt wird, wenn Trockenheit herrscht. Der Wasserhaushalt ist ein Kreislauf: Was aus dem Grundwasser entnommen wird, fehlt anschließend in Bächen und Flüssen. Bewässerungswasser darf nicht kostenlos sein und Genehmigungen für die Wasserentnahme müssen strenger reglementiert werden.
10. Der Bodenversiegelung entgegenwirken und Regenwasser sinnvoll nutzen
Neben der Umsetzung der deutlichen Verringerung der Bodenversiegelung durch Überbauung muss auch in bereits besiedelten Gebieten die Versickerung durch aktive Entsiegelung oder versickerungsfähige Oberflächenmaterialien erhöht werden.
Der gesetzliche Vorrang der Versickerung (§55 Wasserhaushaltsgesetz) muss endlich ernstgenommen werden. Die intelligente Nutzung von Regenwasser und insgesamt eine wassersensible Stadtentwicklung wie unter dem Schlagwort „Schwammstadt“, sind das Gebot der Stunde.
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