Acht Wisente aus Belgien und Frankreich und weitere vier aus dem Berliner Tierpark wurden mit dem Transportflugzeug von Frankfurt/Hahn nach Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans, geflogen. Während des Fluges wurden die Tiere in eigens dafür konstruierten Boxen unter gebracht. Sie lassen den Tieren genügend Platz, sich zu bewegen, sie können sich darin aber nicht drehen. So wird das Verletzungsrisiko minimiert. Während des gesamten Transports wurden die Tiere von einem Tierarzt und einem Wildbiologen überwacht und mit Wasser und Nahrung versorgt. Um unnötigen Stress bei den Tieren zu vermeiden und ihnen einen guten Start in ihrer neuen Heimat zu ermöglichen, wurde der Transport so organisiert, dass die Tiere möglichst schnell in ihrer neuen Umgebung ankommen.
Ende Mai wurde es spannend auf dem Flughafen Frankfurt/Hahn: Zwölf Wisente, jedes bis zu 800 Kilogramm schwer, machten sich von dort aus auf in ihre neue Heimat. Ein Transport, der für alle Beteiligten mit großer Aufregung und Anspannung verbunden ist, der aber auch besonders wichtig ist. Am Ende ihrer Reise werden die Tiere ein neues Leben in der Wildnis beginnen und so zum Erhalt ihrer Art beitragen. Denn Wisente waren in der Wildnis lange ausgestorben. Der WWF arbeitet zusammen mit internationalen Partnern daran, die Wisente in ihre alte Heimat zurück zu bringen, den Kaukasus.
Alles muss stimmen
Das Ziel der Wisente ist der Shahdag-Nationalpark im nordöstlichen Aserbaidschan. Zunächst aber gewöhnen sich die Tiere in einem dreihundert Hektar großen Auswilderungsgehege an ihre neue Umgebung. Noch in diesem Jahr werden sie von dort aus in die Wildnis entlassen.
"Im Auswilderungsgebiet muss alles stimmen!" betont WWF-Experte Aurel Heidelberg. "Das Nahrungsangebot und die Flächengröße des Auswilderungsgebiets müssen ausreichen, damit die Tiere über das ganze Jahr ausreichend Nahrung finden, sich vermehren und ausbreiten können." Doch nicht nur die Umgebung muss passen, auch die Ranger im Nationalpark müssen auf den Umgang mit den Tieren vorbereitet werden. Mit ihrer Ausrüstung und ihrem Wissen helfen sie dabei, die Tiere in der ersten Zeit der Gewöhnung an den neuen Lebensraum zu gewöhnen.
Die neuen, alten Nachbarn
Nutztierherden zum Beispiel dürfen den Wisenten nicht zu nahe kommen – sie könnten lebensbedrohliche Krankheiten auf die Tiere übertragen. Deshalb werden die Bewohner der Region rechtzeitig auf ihre neuen, alten Nachbarn vorbereitet. Für den Menschen sind die Wildrinder in der Regel ungefährlich. Doch es kann zu Konflikten kommen, wenn die Wildrinder Schäden auf Feldern außerhalb des Nationalparks anrichten. Um Probleme zu lösen und gar nicht erst entstehen zu lassen, ist ein ständiges Monitoring der ausgewilderten Wisente durch geschultes Personal wichtig. Eine Wisent-Eingreiftruppe ergreift beim Auftreten von Konflikten entsprechende Maßnahmen, die Tiere von den Feldern der Menschen zu vertreiben. Außerdem soll durch den Einsatz von Elektrozäunen das Abwandern der Wisente aus dem Nationalpark verhindert werden.
Die Tiere leben sich ein
In der Wildnis angekommen müssen die Tiere bestimmte Verhaltensweisen erst wieder erlernen, zum Beispiel ihren natürlichen Schutzmechanismus gegenüber großen Raubtieren. Für ein ausgewachsenes Wisent sind weder Wölfe noch Bären ein Risiko, frisch geborene Kälber sind jedoch auf den Schutz der Herde angewiesen. Für die Ranger wird es spannend zu beobachten, inwieweit dieses Verhalten bei den Zootieren noch vorhanden ist oder neu erlernt werden muss.
Damit sichergestellt wird, dass es den Tieren gut geht und sie ausreichend Nahrung finden, werden die Tiere ständig von den Rangern überwacht. Einige Tiere wurden dafür mit GPS-Halsbändern ausgestattet. Die Wildhüter dokumentieren den Gesundheits- und Ernährungszustand der Wisente und können im Falle einer Notzeit Wildfütterungen anbieten. In der Regel zeigen die Tiere in den ersten Tagen im Auswilderungsgehege aber schnell natürliche Verhaltensweisen und greifen zum Beispiel auch auf Rinde und Blätter von Laubbäumen zurück.
Wichtiges Projekt für den Erhalt der Art
Vor mehr als 90 Jahren galt Europas größtes Landsäugetier in der Natur als ausgestorben. Nur mit Hilfe der Zusammenarbeit großer Zoos mit dem WWF und anderen Partnern ist es möglich, die Tiere im Kaukasus wiederanzusiedeln. „Die Wiederansiedlung bringt die Wisente zurück in ihren angestammten Lebensraum. Die großen Pflanzenfresser spielen eine wichtige Rolle bei ökologischen Prozessen und sorgen zum Beispiel dafür, dass in Wäldern Flächen offengehalten werden, die von anderen Tier- und Pflanzenarten besiedelt werden können“, erklärt Kaukasus-Referent des WWF Deutschland Aurel Heidelberg. "Die Kooperation zwischen dem Tierpark Berlin und dem WWF leistet damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Artenvielfalt im Kaukasus.“
Unterstützt durch die KfW-Entwicklungsbank und durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) stemmt der WWF gemeinsam mit der EAZA (Europäischer Verband der Zoos und Aquarien) und weiteren Partnern dieses Mammutprojekt, um die europäischen Wildrinder zu retten.
Helfen Sie uns mit Ihrer Spende, die Wisente im Kaukasus wiederanzusiedeln.
- Wisente für den Kaukasus
Video von unseren Kollegen aus Aserbaidschan