Spätestens seit der Rückkehr der Wölfe und Luchse nach Deutschland ist auch die Wildtierkriminalität zurück. Wilderei gehört zu den häufigsten nicht natürlichen Todesursachen von bedrohten Tierarten wie Wolf, Luchs oder Fischotter. Auch Greifvögel sind in großem Umfang betroffen. Von den seit 2000 in Deutschland 369 tot aufgefunden Wölfen wurden mindestens 41 illegal getötet. Weitere Wölfe wurden zudem während ihrer Lebzeit nachweislich beschossen. Auch Luchse fallen Kriminellen zum Opfer. 2016 wurde im Harz ein trächtiges Luchsweibchen erschossen. Im Bayerischen Wald verschwanden jahrelang regelmäßig Luchse in einem „Bermudadreieck“ jenseits der Nationalparkgrenzen. Im Jahr 2015 wurden hier drei absichtlich getötete Luchse gefunden. Zwischen 2010 und 2019 wurden mindestens fünf Tiere getötet.
Das Amtsgericht Cham hat einen Landwirt, Waldbauern und Jäger der Wilderei auf Luchse für schuldig befunden. Der Angeklagte wurde wegen Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz und wegen des illegalen Waffenbesitzes zu einer Geldstrafe verurteilt.
Urteil in Cham grundsätzlich begrüßenswert
Der WWF geht bei der Wilderei in Deutschland von einer hohen Dunkelziffer aus. Bei der Verfolgung von Wilderei gibt es großen Nachholbedarf, da die Täter in den meisten Fällen nicht gefasst werden. Umso mehr ist es zu begrüßen, dass das Gericht in Cham im Fall der Luchswilderei deutlich gemacht hat, dass Wilderei kein Kavaliersdelikt ist – auch wenn man beim Strafmaß im unteren Bereich des Möglichen geblieben ist – eine Haftstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe von bis zu 50.000 Euro wären möglich gewesen. „Von dem Schuldspruch des Amtsgerichts Cham geht hoffentlich trotzdem eine Signalwirkung aus“, erklärt Dr. Diana Pretzell, Leiterin Biodiversität in Deutschland und Europa beim WWF Deutschland. „Es darf nicht sein, dass diese Tiere in Deutschland vergiftet, erschossen oder erschlagen werden und die Täter nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Wilderer müssen spüren, dass ihre Taten weder von der Justiz noch von der Gesellschaft und ihrem sozialen Umfeld akzeptiert werden.“
„Regensburger Erklärung“ gegen die Wilderei
Wilderei in Deutschland muss als ernstzunehmendes, kriminelles Problem erkannt und angegangen werden. Hier kommt auch der Justiz eine Schlüsselrolle zu. Der Straftatbestand der Wilderei muss konsequent verfolgt und Täter müssen verurteilt werden. Der Bayerische Jagdverband (BJV) und der Landesbund für Vogelschutz (LBV) veröffentlichten daher einen Tag vor Prozessauftakt gegen den Luchswilderer zusammen mit dem WWF Deutschland eine „Regensburger Erklärung gegen Wilderei und Artenschutzkriminalität“. Sie fordern darin eine Anti-Wilderei-Offensive der bayerischen Behörden. Dazu gehören die zentrale Dokumentation und Veröffentlichung aller Artenschutzdelikte sowie ihrer Hintergründe und deren Strafverfolgung. „Die illegale Tötung streng geschützter Wildtiere ist kein Kavaliersdelikt. Diese Straftaten müssen konsequent verfolgt werden“, heißt es in dem Papier. „Ein eindeutiges Signal durch das Innen- und Justizministerium ist dringend erforderlich, damit Wilderei immer als gravierendes Problem mit entsprechendem Handlungsdruck wahrgenommen wird.“
Für eine konsequente Strafverfolgung müssten die bayerischen Behörden Geld, Mitarbeiter und klare Strukturen bereitstellen. Dazu gehört auch, eine Datei zu Jagdwilderei beim Landeskriminalamt anzulegen. Kriminologen und Forensiker müssen ein Standardverfahren zur Datenaufnahme vor Ort entwickeln und konsequent anwenden. Außerdem solle Artenschutzkriminalität einen größeren Anteil bei Aus- und Weiterbildung von Polizei- und Justizbeamten einnehmen. Auch die Bevölkerung muss in den Kampf gegen die Wilderei eingebunden werden. Ein gesellschaftliches Klima des Schweigens gegenüber Wilderei und Artenschutzkriminalität darf es nicht geben.
- Luchse im Pfälzerwald
- Luchse im Bayerischen Wald