Aktueller Schwerpunkt der Arbeit des WWF-Schneeleoparden-Programms ist der Shey Phoksundo National Park (SPNP) in Nepal. Es ist der größte Nationalpark des Landes. Der WWF Nepal unterstützt die Regierung und die Schutzgebietsverwaltung dabei, die Lebensräume und Korridore wissenschaftlich zu erfassen und mit einem regelmäßigen Monitoring überwachen. Ziel ist es außerdem, Konflikte zwischen Menschen und Schneeleoparden einzudämmen und die Wilderei auf Schneeleoparden zu bekämpfen.
Schneeleoparden sind scheue Tiere – und außerordentlich gut getarnt. Kaum ein Mensch bekommt sie je zu Gesicht, deshalb werden sie auch „Geist der Berge“ genannt. Ihr Zuhause sind die zerklüfteten Berglandschaften Zentralasiens. Doch die Verschlechterung und der Verlust ihres Lebensraums, Wilderei und die Klimakrise bedrohen ihr Überleben. Das Schneeleoparden-Programm des WWF Deutschland will die eleganten Raubkatzen, ihre Beutetiere und ihren Lebensraum langfristig sichern.
Klimakrise, Konflikte und Wilderei
Einst war der Schneeleopard durch die Unzugänglichkeit seines Lebensraums und sein schwer fassbares Verhalten weitgehend geschützt, doch heute sieht er sich zunehmenden Bedrohungen ausgesetzt, die den Status der Art laut Roter Liste der IUCN zu „gefährdet“ verschoben haben. Die wachsende menschliche Bevölkerung und ihre Infrastruktur – Bergwerke, Straßen und Staudämme – dringen immer weiter in den Lebensraum der Schneeleoparden vor.
Auch die Auswirkungen der Klimakrise setzen den Schneeleoparden zu. Sie zeigen sich im Himalaja besonders schnell und dramatisch: Acker- und Weideflächen trocknen aus, Wasserquellen versiegen, ganze Ökosysteme verschieben sich in andere Lagen – die Lebensbedingungen der Schneeleoparden und ihrer Beutetiere verschlechtern sich. Und so kommt es immer wieder zu gefährlichen Begegnungen zwischen Schneeleoparden und Menschen.
Dieser Konflikt ist eine der größten Bedrohungen für das Überleben der Schneeleoparden: Die Raubkatzen reißen häufig das Nutzvieh der Menschen, wie zum Beispiel Schafe und Ziegen, und werden aus Rache getötet, denn der Verlust des Viehs ist existenzbedrohend für viele Menschen dieser Region. Hinzu kommt die Wilderei auf Schneeleoparden. Sie werden nach wie vor für den Handel mit ihrem Fell, ihren Knochen und anderer Körperteile gejagt.
Der Schutz des Viehs schützt Schneeleoparden
Um Mensch-Wildtier-Konflikte zu reduzieren, unterstützt der WWF die lokale Bevölkerung dabei, ihre Nutztiere vor Schneeleoparden zu schützen – zum Beispiel durch den Bau von sicheren Gehegen. Damit die Menschen vor Ort solche Gehege selbst errichten können, wurden 28 Jugendliche in deren Bau ausgebildet. Zusätzlich wurde im Rahmen des WWF-Programms die lokale Bevölkerung in der Herstellung von Maschendraht geschult. Somit wird das Material für den Bau sicherer Gehege direkt vor Ort produziert und bietet eine weitere Einkommensquelle für das angelernte Personal.
Wichtig ist außerdem, dass es im Schadensfall unmittelbare und rasche Hilfe für die betroffene Bevölkerung gibt. Dazu wurde in Pilotgemeinden ein Versicherungssystem entwickelt, die betroffene Viehhirt:innen finanziell entschädigen. Diese Maßnahmen unterstützen langfristig eine friedliche Koexistenz zwischen Menschen und Schneeleoparden.
Nur gemeinsam mit der Bevölkerung ist Naturschutz erfolgreich
Bei der gemeinsamen Arbeit legen die Parkverwaltung und der WWF großen Wert drauf, die Bevölkerung für die Naturschutzarbeit zu sensibilisieren und sie einzubeziehen. Die Menschen sollen in der Lage sein, selbst Verantwortung zu übernehmen und sich für Natur und Umwelt stark zu machen. Mit Erfolg: Viele Mitglieder des Snow Leopard Conservation Committees (SLCC) im Shey Phoksundo National Park führen nun selbst Naturschutzaktivitäten durch. Dazu stellte der WWF den Nationalpark-Mitarbeiter:innen und den Dorfbewohner:innen Ausrüstungsgegenstände wie Zelte, Schlafsäcke, Regenjacken, Laptops und Stromgeneratoren zur Verfügung.
Der WWF unterstützt außerdem die Ausbildung von drei Student:innen in einem Studium der Natur- und Veterinärwissenschaften. Damit soll das Engagement junger Menschen für den Naturschutz gefördert und ein gutes Fundament für den zukünftigen Schutz des Schneeleoparden errichtet werden.
Im Rahmen von Umweltbildungsprogrammen wurde außerdem in 37 Schulen Wissen zu Schneeleoparden, Naturschutzgesetzen, nachhaltiger Nutzung natürlicher Ressourcen und Abfallmanagement vermittelt. Die Vorträge wurden mit Hilfe von Bürgerwissenschaftler:innen organisiert und von 1.130 Schüler:innen, 150 Lehrer:innen und 88 Erziehungsberechtigten besucht. In all diesen Schulen wurden zusätzlich „Öko-Clubs“ gegründet und Bücher, Aufklärungsmaterial, Gartengeräte und Materialien zur Abfallentsorgung zur Verfügung gestellt.
Was sind Bürgerwissenschaftler:innen?
Die Mitglieder lokaler Gemeinschaften sind die wichtigsten Akteur:innen im Naturschutz. Ihr Engagement ist unentbehrlich für den Erhalt der Schneeleoparden. Daher ist es sehr wichtig, sie mit Grundlagen der wissenschaftlichen Arbeitsweise vertraut zu machen und ihre Fähigkeiten als „Bürgerwissenschaftler:innen“ auf ein gutes methodisches Fundament zu stellen. Mit diesem Wissen helfen sie dabei, die besenderten Schneeleoparden und ihre Beutetiere zu erforschen und zu überwachen. Eine gar nicht so leichte Aufgabe, denn das Gelände ist anspruchsvoll und die Logistik und Ressourcen sind eingeschränkt. Umso wichtiger und erfreulicher sind die Ergebnisse: Mit der Unterstützung von Bürgerwissenschaftlern hat es Nepal an die Spitze der weltweiten Schneeleopardenforschung geschafft – ein wichtiger Meilenstein für die Wissenschaft und den Schneeleoparden.
Wissen schützt Schneeleoparden
Im Rahmen des Schneeleoparden-Programms erhielten rund 38 Mitarbeiter:innen des Shey Phoksundo National Parks sowie Bürgerwissenschaftler:innen Auffrischungsschulungen zum Thema Beutetier-Überwachung. In solchen Schulungen lernen die Menschen alles über praktische Arbeit im Feld, etwa wie Kamerafallen aufgestellt und kontrolliert werden sowie Theorien der Überwachung der Beutetierbestände. Hier wurde zudem auch über die Erfahrungen der bisherigen Überwachungen reflektiert. Praxis-Übungen im Feld wurden ebenfalls durchgeführt, um das Gelernte zu festigen.
Ein Teil der praktischen Feldarbeit war das Besendern von Schneeleoparden: Von Mitte 2019 bis Mitte 2021 wurden vier Schneeleoparden mit Halsband-Sendern ausgerüstet. Ziel ist es, die Bewegungsdaten der Tiere zu analysieren. Die Bewegungsprofile ermöglichen es dem Team zum einen, mehr über die Reviere der Schneeleoparden herauszufinden, zum anderen können auch Nutzvieh-Risse rekonstruiert und einzelnen Schneeleoparden zugeordnet werden.
Die Regierung hat im April 2023 die Bestandszählung der Schneeleoparden für den Shey Phoksundo Nationalpark enthüllt. Mithilfe der Wildtierkameras konnte erstmals ein robustes Assessment im Park durchgeführt werden. Die Zählung ergibt 90 Schneeleoparden. Dies ist eine erfreuliche Zahl und motiviert den WWF weiter intensiv zum Zusammenleben von Menschen und Schneeleoparden in der Region zu arbeiten – gerade weil die Klimakrise uns im bereits heute massiv betroffenen Himalaja vor massive Herausforderungen stellt.
Retten wir die Schneeleoparden
Mit diesen und weiteren Maßnahmen, wie der Unterstützung beim effektiven Management von Schutzgebieten, der Stärkung der Rechte von Frauen und Jugendlichen, dem Ausbau nachhaltiger naturbasierter Einkommensquellen und der Zusammenarbeit mit Institutionen und religiösen Führern, arbeitet der WWF daran, die Schneeleoparden zu schützen. Eine Spezies, die in einer vom Klimawandel am stärksten betroffenen Landschaften der Erde lebt und eine zentrale Rolle in diesem Ökosystem spielt. Helfen Sie uns dabei, die Zukunft der Schneeleoparden zu sichern.
- Leoparden und Schneeleoparden