In diesem Beitrag sind wir dem Duft des Waldes auf der Spur. Welche Rolle spielt bei dem einzigartigen Geruch der Regen? Wir tauchen ein in die Welt des Waldgeruchs und klären, warum schon ein ausgiebiger Waldspaziergang die Gesundheit positiv beeinflusst.
Es regnet, es regnet, die Erde wird nass – und es duftet. Schon seit Kindertagen kennt jeder diesen einzigartigen Regengeruch, mit dem viele Emotionen verbunden sind. Besonders intensiv riecht es im Wald nach einem Regenguss. Doch warum ist das so und welche Rolle spielen dabei die Bäume? Wissenschaftler haben das Geheimnis des Waldgeruchs und dessen positive Wirkung entzaubert.
„Es liegt Regen in der Luft.” Schon bevor sich die ersten Wolken am Himmel ergießen, können sensible Nasen erspüren, dass sich die Wetterlage ändert und bald Regenschauer den Wald erreichen werden. So charakteristisch und unverwechselbar ist das, was sich bald vollzieht – ein Geruch, den jeder kennt auf der Welt. Der Geruch nach Regen und Feuchtigkeit im Wald. Doch wieso riecht feuchter Wald so intensiv, wo Wasser doch geruchlos ist?
Dem Regengeruch auf der Spur
Wenn sich der Regen nach langer Trockenzeit endlich sintflutartig und lautstark prasselnd im Wald ergießt, ist er wahrzunehmen – der typische Duft des Regens auf trockener Erde. Er wird „Petrichor“ genannt. „Petros” steht für Stein und „Ichor“ war laut griechischer Mythologie eine Flüssigkeit, die durch die Adern der Götter floss. Also übersetzt: „Götterblut der Steine“ oder „Blut der Götter auf Stein“. Doch so wohlklingend der Name, so banal ist das, was sich dahinter verbirgt.
Zurückzuführen ist dieser einmalige Waldgeruch auf einen biochemischen, physikalischen Prozess, dem erstmals 1964 zwei australische Forscher nachspürten. Ihre Studie belegt, dass zahlreiche Silikatmineralien und diverse weitere Gesteine ein charakteristisches Aroma auslösen, wenn sie sich über längere Zeit aufgeheizt haben und vom Wasser ausgeschwemmt werden. Zudem ist daran eine ölige Substanz beteiligt, die von bestimmten Pflanzenarten und besonders von Bäumen gebildet wird.
Der Bubble-Effekt
Lange Zeit war aber nicht bekannt, wie der Prozess wirklich abläuft. Erst 2015 gelang ein Durchbruch mit einem Zeitlupenfilm. Cullen Buie und Young Soo Joung vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) hatten die Idee, mithilfe von Hochleistungskameras den Regen aufzunehmen und so zu analysieren, was beim Fallen von Wassertropfen passiert.
Das Ergebnis: Winzige kleine Luftblasen werden von den Wassertropfen beim Aufprall eingeschlossen. Diese Luftblasen tragen das typische Regenaroma in sich. Platzen dann die Blasen beim Austritt an der Oberfläche, perlt der Geruch aus dem Wasser und er lässt sich wahrnehmen. Der Bubble-Effekt.
Der Regengeruch selbst ist dabei eine Kombination aus verschiedenen chemischen Verbindungen. Ein wahres Petrichor-Potpourri, das besonders im Wald extrem aromatisch duftet.
Die drei Hauptquellen von Petrichor:
- Geosmin: Dabei handelt es sich um den charakteristischen Bodengeruch, erdig, leicht muffig. Dieser wird von sogenannten Actinobacteria während der Sporenproduktion im Erdboden gebildet.
- Pflanzliche Öle: eine gelbliche Ölsubstanz, die Pflanzen und besonders Bäume freisetzen und die sich an Gesteinen anlagern kann
- Ozon: Das Gas entsteht durch die elektrische Spannung bei Gewitterblitzen, die typischerweise mit einem Starkregen einhergehen.
Terpene: der Duft des Waldes
Wald ist nicht gleich Wald. Und Waldregen riecht damit je nach Baum- und Pflanzenarten sowie Bodenbeschaffenheit anders. Doch selbst wenn Bäume, Pflanzen und Boden nicht feucht sind, ist ein ganz besonderer Geruch im Wald wahrzunehmen. Mitverantwortlich für diesen sind die Terpene, die ätherischen Öle der Pflanzen. Über diese Botenstoffe kommunizieren die Bäume sozusagen über die Luft miteinander. In der Natur gibt es weit über 8.000 verschiedene Terpene, im Wald selbst sind es allein hunderte.
Einen als oft typisch weihnachtlich wahrgenommenen Geruch verströmen besonders Nadelbäume wie Fichte, Tanne oder Lärche. Verantwortlich dafür sind sogenannte Monoterpene, die die Bäume in ihren Nadeln, Ästen und Stämmen speichern. Alleine rund ein Quadratmeter mit Nadelstreu bedeckter Waldboden kann bis zu einen Liter an Monoterpenen freisetzen. Besonders hoch ist die Produktionsmenge im Sommer. Wenn die Temperaturen steigen, werden zum einen mehr Duftstoffe gebildet, zum anderen entweichen diese leichter in die Atmosphäre. Es riecht besonders intensiv, harzig und würzig.
Im Gegensatz zur Tanne ist der Fichtengeruch mitunter deutlicher wahrnehmbar. Denn er ist komplexer und weniger flüchtig. Da Menschen den Geruch als so wohltuend empfinden, sind Terpene Bestandteil in Parfümen und kosmetischen Produkten. Ebenso das Harz der Nadelbäume, das für seine herb-holzigen Duftstoffe bekannt ist, findet in der kosmetischen Industrie mannigfaltig Verwendung.
Aber auch Mischwälder duften. Besonders, wenn die Bäume blühen. So riechen die Blüten der Edelkastanie stark nach Trimethylamin – fischig und herb. Beliebt dagegen ist die himmlisch leichte, süßlich vanillige Note der Lindenblüten. Einen herben Kontrast dazu bildet wiederum der Erdboden – besonders, wenn er nass ist. Schuld daran ist nicht nur der Regen, sondern auch ein kleiner Winzling namens Streptomyces coelicolor. Ein Bodenbakterium. Waldbodengeruch beschreiben Waldspaziergänger als erdig, leicht muffig und mitunter schimmlig.
Waldgeruch beeinflusst das Wohlbefinden
Schon nach wenigen Minuten im Wald nimmt der Mensch den „Geruch des Waldes“ sowohl über die Atmung als auch über die Haut auf. Auf unser Immunsystem und unser mentales Wohlbefinden hat der Geruch eine positive Wirkung. Kurz: Wer sich im Wald aufhält, der nutzt die wohltuenden Kräfte der Terpene für Körper und Geist, fühlt sich erfrischt sowie gestärkt und bekommt den Kopf wieder frei.
Eine starke Wirkung geht dabei von Nadelbäumen aus. So haben Forscher herausgefunden, dass die Botenstoffe der Nadelbäume bewirken, dass unsere Körper mehr Killerzellen produzieren. Killerzellen sind die stärksten Abwehreinheiten des Immunsystems, die beispielsweise Krankheitserreger und potenzielle Tumorzellen bekämpfen. Wer bereits einen Tag lang im Wald ist, hat bis zu 40 Prozent mehr Killerzellen im Blut. Erst nach rund einer Woche ebbt dieser Effekt ab.
Positive Wirkungen des „Waldgeruchs“:
- Reduziert Stress
- Kurbelt die Darmtätigkeit an
- Steigert die Serotoninproduktion
- Erhöht die Dopaminausschüttung
- Erhöht die Killerzellenproduktion
Waldbaden liegt im Trend
Die gesundheitsfördernde Wirkung des Waldgeruchs hat in Japan sogar zu einem Trend geführt. Dieser nennt sich „Shinrin-Yoku“ – „Eintauchen in den Wald” oder eben “Waldbaden”. Die „Waldmedizin” gilt dort als eine anerkannte Therapie und wird sozusagen auf Rezept verschrieben. Beim Waldbaden geht es aber nicht nur darum, ziellos hin und her zu spazieren. Es geht vielmehr darum, sich intensiv auf die Natur um sich herum einzulassen, die Bäume zu fühlen, die Erde zu berühren, das Rauschen der Blätter wahrzunehmen, mit den Fingern das feuchte Moos zu spüren. Der Wald steckt voller Eindrücke und eben auch voller Gerüche wie Petrichor.
Übrigens ist der Geruch von Petrichor im Wald für viele Menschen so anziehend, dass Geosmin seit den 1960er Jahren in Parfüms Verwendung findet. Wie wäre es also demnächst mit dem folgenden Kompliment: „Du riechst so schön nach Wald”?
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