Deutschland gehört zu den waldreichen Ländern Europas: Mit rund 11 Millionen Hektar ist knapp ein Drittel der gesamten Bundesrepublik von Wäldern bedeckt. Auf über 50% dominieren Nadelbäume die Waldflächen. Doch das war einmal vollkommen anders: Denn ursprünglich ist Deutschland ein laubbaumdominiertes Land. Ohne menschlichen Einfluss wäre es zu fast 90 Prozent von Laubwäldern bedeckt – zwei Drittel davon wären sogar vielfältige und artenreiche Buchenwälder.
Akkurate Nadelbaumforste statt wilder Buchenwälder, Fichten und Kiefern statt heimischer Laubbäume. Über Jahrhunderte hinweg hat Deutschland seinen Wald grundlegend verändert – weg vom natürlichen Laubwald, hin zu einem effizienten Rohstofflieferanten: den Nadelwald. Seit einigen Jahren herrscht jedoch ein Umdenken und es gibt wieder mehr Laubbäume in Deutschland. Heimische Arten, allen voran die Rot-Buche, sorgen für eine wachsende Zahl naturnaher Mischwälder und auch das Laubholzangebot ist deutlich größer geworden – heute macht es rund ein Viertel des geschlagenen Holzes aus.
Eine Rechnung, die Kreativität fordert
Die positive Entwicklung sorgt hierzulande aber nicht überall für Freude: Denn die traditionelle Holzwirtschaft mag sich mit dem veränderten Holzangebot nicht recht anpassen. Sägewerke, die auf Nadelholz ausgerichtet sind, zögern immer noch in Laubholzsägen zu investieren. Verwendungsmöglichkeiten für das Laubholz hingegen gäbe es viele – wenn da nicht diese Gewohnheit wäre, prioritär Nadelholz zu nutzen. Unterm Strich werden mehr als 90 Prozent der stofflichen Produkte, wie etwa Möbel oder Papier, aus Nadelholz produziert.
Bei der energetischen Nutzung sieht es anders aus. Anstatt das Laubholz also nachhaltig und gewinnbringend einzusetzen, landen fast zwei Drittel des kostbaren Guts direkt in unseren Heizöfen – das sind ganze 13 Millionen Kubikmeter frisch geschlagenes Laubholz jedes Jahr. Durch das Verbrennen wird der im Holz über Jahrzehnte nach und nach gebundene Kohlenstoff schlagartig wieder freigesetzt. Das traurige Ergebnis: Der potenziell positive Effekt für den Klimaschutz verpufft – und zwar in nur wenigen Minuten.
Deutschlands Wald: Heimat von 90 Milliarden Bäumen
Klimaschützer Nummer Eins ist der Mensch, der wenig Kohlenstoff emittiert
Der deutsche Wald tut jeden Tag weit mehr für uns, als wir denken. So speichert er rund 1.168 Millionen Tonnen Kohlenstoff in Bäumen und Boden und ist damit der größte CO2-Speicher Mitteleuropas. Weil mehr Holz nachwächst als genutzt wird, fungiert unser Wald als Kohlenstoffsenke. Er entlastet das Klima jährlich um etwa 50 Millionen Tonnen CO2.
Doch hierbei gilt: Je natürlicher der Wald, desto größer seine klimaschonende Wirkung. Urwälder aus Laubbäumen, in denen der Natur freien Lauf gelassen wird, können weit mehr als nur Kohlenstoff speichern. Sie bilden jede Menge Grundwasser, regulieren das Mikroklima und sind zugleich Lebensraum für eine Vielzahl heimischer Tier- und Pflanzenarten.
Derzeit werden 50 Prozent (18 Mio. Kubikmeter) des gesamten jährlich eingeschlagenen Buchenholzes in Deutschland sofort verbrannt, weil es zu wenige wettbewerbsfähige Verwendungsmöglichkeiten gibt. Kostbares Laubholz wird also derzeit als kurzlebiges Produkt auf der ersten Stufe energetisch genutzt und bleibt somit weit hinter seinem Potenzial zum Wald- und Klimaschutz zurück. Da 95 Prozent Wald unter anderem für die Holzproduktion genutzt werden würde der verstärkte Einsatz von einheimischem, nachhaltig gewonnenem Laubholz als Baustoff daher eine sowohl ökologisch wie auch ökonomisch sinnvolle Entwicklung unterstützen.
Wie man Holz über die Klimakrise hinaus nutzen kann
Frisch eingeschlagenes Laubholz darf nicht direkt als Feuerholz oder Papier enden, wenn Holznutzung klimafreundlich sein soll. Im Gegenteil – Mehrweg und Recycling ist auch für unser Holz nötig. Je mehr Etappen es bis dahin macht, je öfter es also genutzt wird, desto besser. Wird Laubholz beispielsweise mehrfach für langlebige Bauprodukte eingesetzt, kann man es viel später – beispielsweise nach 100 Jahren – eventuell immer noch verbrennen.
Das ist die Idee von Recycling und wird bei Holz kaskadische Nutzung genannt. Letztlich profitiert nicht nur das Klima und der Wald von dieser nachhaltigen Mehrfachverwendung, sogar der Volkswirtschaft kommt sie zugute.
Eines ist klar, wenn das Holz eines Baumes gleich verbrannt oder zu Papier verarbeitet wird, schadet dies dem Klima! Nur der Baum, der im Wald verbleibt oder langlebige Holzprodukte bildet, ist er ein Klimaschützer! In Deutschland sind derzeit unsere Laubbäume zu fast zwei Drittel Klimasünder!
Chancen nutzen – Ökobilanz verbessern
Das gesteigerte Laubholzangebot liefert eine solide Grundlage für Mehrweg und Recycling in der Holznutzung – nun ist es an der Zeit, den Wandel von der traditionellen Nadelholznutzung zum innovativen Laubholzprodukt zu vollziehen. Denn mit der stärkeren kaskadischen Verwendung von heimischen Laubhölzern kann Deutschland nicht nur seine CO2-Emissionen senken, sondern auch zahlreiche ökonomische Vorteile nutzen. Hierfür sollten wir jedoch weitere zukunftsweisende sowie markttaugliche Laubholzprodukte entwickeln, neue Anwendungsbereiche erschließen und die nachhaltige stoffliche Laubholznutzung durch staatliche Förderung unterstützen.
Fazit: Werden jetzt die richtigen Maßnahmen getroffen, kann Deutschland die klimaschützenden Potenziale von Holz in der Bioökonomie besser nutzen, zugleich die Vielfalt unserer heimischen Wälder fördern und somit unseren Beitrag zum Weltnaturerbe stärken.
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- Heimisches Laubholz: Der Baustoff der Zukunft