Zerklüftete, karge Felsen über dem blauen Mittelmeer: So kennen wir die Küsten von Portugal bis Griechenland, doch so sind sie nicht immer gewesen. Was wir als malerische Felslandschaft wahrnehmen, ist in Wirklichkeit Ausdruck größter landschaftlicher Zerstörung. Denn die Küstenregionen waren einst bewaldet. Auch der Natur im Inland beispielsweise von Spanien droht die Versteppung, unter anderem durch Waldbrände und den Klimawandel. Hier wie überall auf der Welt werden deshalb möglichst großflächig Waldlandschaften wieder hergestellt.

Waldschutz allein reicht nicht mehr

Gestapeltes Holz im Wald © catalby / iStock / Getty Images Plus
Gestapeltes Holz im Wald © catalby / iStock / Getty Images Plus

Jährlich verlieren wir über 11 Millionen Hektar Wald auf der Welt. Doch Wälder sind nicht nur Lebensgrundlage für etwa 80 Prozent aller landlebenden Arten. Mit jedem schwindenden Stück Wald verlieren auch wir Menschen all seine Güter und Dienstleistungen - einschließlich der Regulierung des Mikroklimas, der Wasserfilterung, der Stabilisierung des Bodens, der Bereitstellung von Nahrungsmitteln, Heilpflanzen, Holz und der Abmilderung des Klimawandels. Dabei wächst der Bedarf nach landwirtschaftlicher Fläche, Holz und anderen Rohstoffen weiter, der zur Vernichtung unserer globalen Waldbestände führt. Und schon heute ist es um die Wälder unserer Erde so schlecht bestellt, dass es nicht mehr ausreicht, ihre Restbestände zu schützen. Erforderlich ist eine Umkehr der Zerstörung: Die großflächige Wiederherstellung von Waldlandschaften. 

Von Spanien bis Ostafrika: Mehr als Bäume pflanzen

In Ostspanien sollen nach der Aufzucht tausender Setzlinge wieder die typischen, aber selten gewordenen mediterranen Waldlandschaften entstehen. An den Pflanzungen beteiligen sich Bevölkerung und insbesondere Schulen, um das Umweltbewusstsein zu schärfen. Zum Wiederaufbau des Atlantischen Regenwaldes in Brasilien gehört auch die Restaurierung der Flussquellen unter Einbezug der Kleinbauern vor Ort. Und in Ostafrika wirkt unter anderem die Verbesserung der Weidelandwirtschaft einer Ausbeutung bestehender und neuer Wälder entgegen. 

Die Wiederherstellung von Waldlandschaften ist mehr als reine Aufforstung oder Wiederaufforstung. Beide Maßnahmen können dazu gehören, genau wie die natürliche Regeneration von Wäldern mit und ohne eingreifende Hilfe, gut gemanagte Waldschutzgebiete, die Gewässerpflege und die Bekämpfung der Ursachen von Waldzerstörung.
 

Komplexer geht es kaum: Wiederherstellung von Waldlandschaften

Der Atlantische Küstenregenwald bedeckte einst eine Fläche von mehr als 1,3 Millionen Quadratkilometer © Instituto Ekos Brasil
Atlantischer Küstenregenwald © Instituto Ekos Brasil

Immer sind es ganze Regionen, auf welche die Wiederherstellung von Waldlandschaften abzielt. Und immer gehört zur Förderung von Artenvielfalt und gesunden Ökosystemen ebenfalls die Befriedigung der sozioökonomischen Bedürfnisse der Menschen vor Ort. So werden vielerorts auch Nutzwälder geschaffen, um die Lebensgrundlage und beispielsweise Brennholzversorgung der lokalen Bevölkerung zu sichern.

“Die Wiederherstellung von Waldlandschaften ist ein geplanter Prozess, der darauf abzielt, eine gesunde Natur wiederherzustellen und das menschliche Wohlergehen in entwaldeten oder zerstörten Landschaften zu verbessern"

WWF und IUCN, 2000

Im Jahr 2000 hat der WWF gemeinsam mit der Weltnaturschutzunion IUCN den Ansatz der Wiederherstellung von Waldlandschaften – englisch Forest Landscape Restauration (FLR) – entwickelt. Seither wird er über alle Kontinente hinweg verwirklicht und ist heute einer der wichtigsten Ansätze zur Umkehr von Waldverlust und -zerstörung, der von Regierungen und internationalen Organisationen weltweit unterstützt und umgesetzt wird. Doch nirgendwo ist dies ein leichtes Unterfangen.

Nicht jeder Baum überlebt

An der Südküste Kenias in Ostafrika liegt Kwale County, ein Landstrich geprägt von sandigen, trockenen Küstenwäldern und Mangroven, den knorrigen kleinen Bäumen und Sträuchern, die auf ihren langen Wurzeln im Salz- und Brackwasser tropischer Küsten gedeihen. Kenias Küstenwälder sind extrem artenreich, doch durch jahrelange Übernutzung, Abholzung für Brennholz und Brandrodung für Ackerland zerstört und zerstückelt. Fast 60.000 einheimische Bäume haben Gemeindemitglieder in Kwale in den letzten Jahren mit Hilfe des WWF gepflanzt, sich damit ein Einkommen gesichert und auch Waldabschnitte geplant, die in bestimmten Intervallen genutzt werden können. Die Überlebensrate der Bäume liegt bei durchschnittlich rund 60 Prozent. 

„Nicht jeder Baum schafft es, groß zu werden“, so Dr. Susanne Winter, Leiterin des Programmbereichs Wald beim WWF Deutschland. „Dort wo der Boden gestört ist, haben es die Wurzeln schwer und in der Trockenzeit verdursten die Bäume leicht. Trotzdem sind die Pflanzungen zukunftsweisend, um lebenswerte Landschaften neu zu schaffen!“
 

Wie neue Waldlandschaften gelingen

Mate-Ernte im Regenwald von Paraguay © Sonja Ritter / WWF
Mate-Ernte im Regenwald von Paraguay © Sonja Ritter / WWF

Die Beteiligung der lokalen Bevölkerung ist entscheidend für das Gelingen von Wald-Aufbauprojekten. Auch andere Interessensgruppen wie ortsansässige Unternehmen müssen einbezogen werden und lokale wie nationale Regierungen das Vorhaben unterstützen. Neben unzähligen konkreten Projekten ist der WWF deshalb auf allen Kontinenten politisch aktiv. 
Weitere Erfolgsfaktoren sind ein umfassendes Monitoring und die Motivation der Bevölkerung - möglich durch wirtschaftliche Anreize aber auch durch die positiven Effekte von Wäldern wie die Sicherung der Wasserversorgung, Schutz vor Bodenerosion und die Minderung von Überschwemmungen. Wichtig ist außerdem eine langfristige Finanzierung. „Für einen dauerhaften Erfolg braucht es Gelder im großen Stil“, betont Susanne Winter.  
 

Auf ökologischer Ebene sind vor allem Kenntnisse der Standortbedingungen wichtig. So sollten soweit wie möglich heimische Baumarten gepflanzt werden. Und sollen sich Wälder durch Naturverjüngung selbst wieder entwickeln, geht dies am besten, wo noch ausreichend Samenmaterial bestehender Wälder vorhanden ist. Das heißt, die kleinen Reste natürlicher Wälder müssen unbedingt erhalten werden.

„Für einen dauerhaften Erfolg braucht es Gelder im großen Stil“

Dr. Susanne Winter, Leiterin des Programmbereichs Wald beim WWF Deutschland

Das Feuer löschen, bevor es zu spät ist

Mit jedem schwindenden Stück Wald steigt die Gefahr, noch mehr Wald zu verlieren. Denn intakte Wälder regulieren ihren Feuchtigkeitshaushalt selbst. Zerstörte und ausgetrocknete Wälder erhöhen die Gefahr schwerer Waldbrände – die wiederum Wälder vernichten und auch durch das dabei freigesetzte CO2 zum Klimawandel beitragen. Häufig als Folge des Klimawandels selbst. Diesen Kreislauf gilt es, zu durchbrechen. 

Wir müssen jetzt handeln!

Auenwald © Juan Pratginestos / WWF
Auenwald © Juan Pratginestos / WWF

Im gemeinsamen Kampf gegen den Klimawandel und um Beschlüsse wie das Pariser Klimaabkommen zu erfüllen, haben sich inzwischen die meisten Länder dieser Erde einer Wiederherstellung von Waldlandschaften in verschiedenen Größenordnungen und Ausführungen verpflichtet. Doch nötig ist nach der politischen Verlautbarung auch ein tatkräftiges und erfolgreiches Umsetzen

In diesem Jahr beginnt die UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen 2021-2030. Dass das Thema derartige Präsenz erhält, ist auch der politischen Arbeit des WWF zu verdanken. Denn es ist höchste Zeit, die Wiederherstellung von Waldlandschaften zu beschleunigen und auszuweiten, um die Zerstörung der Wälder und den Verlust der biologischen Vielfalt umzukehren und gemeinsam zu erreichen, dass die globale Erwärmung 1,5 Grad nicht übersteigt.
 

Helfen Sie uns die Wälder zu schützen

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