Fit for 55 – was erstmal klingt wie ein Fitnessprogramm für Menschen im besten Alter, ist tatsächlich wegweisende Politik für Europas Zukunft. Denn statt einem Sportprogramm für Menschen ist das „Fit for 55“-Paket vielmehr ein Fitnessprogramm für die europäische Klima- und Energiepolitik.

Im Zuge des Pariser Klimaabkommens von 2015 hat die EU ein neues Klimaziel für das Jahr 2030 beschlossen: Demnach will die Union ihre Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 statt um 40 Prozent um 55 Prozent im Vergleich zum Basisjahr 1990 reduzieren. Mit dem Paket will die EU ihre Klima- und Energiegesetze fit für die neuen 2030-Klimaziele machen.

Deshalb werden der Europäische Klimaschutz-Rechtsrahmen und bereits existierende Instrumente an das neue Ziel angepasst und weitere Instrumente hinzugefügt werden. Insgesamt veröffentlichte die Kommission Anpassungen zu folgenden bereits existierenden und neuen Dossiers:

  • EU-Emissionshandel (EU-ETS)
  • Verordnung über Landnutzung, Landnutzungsänderung und Forstwirtschaft (LULUCF)
  • Effort-Sharing-Regulation (ESR)
  • Erneuerbare-Energien-Richtlinie (RED)
  • Richtlinie über den Aufbau der Infrastruktur für alternative Kraftstoffe (AFID)
  • Verordnung zur Festlegung von CO2-Emissionsstandards für PKW und Transporter
  • Richtlinie zur Energiebesteuerung (ETD)
  • Überarbeitung der Energieeffizienzrichtlinie (EED)

Des Weiteren legte die Kommission neue Gesetzesvorschläge zu folgenden Themen vor:

  • Eine neue EU-Waldstrategie
  • Ein separaten Emissionshandel für die Sektoren Gebäude und Verkehr (ETS 2)
  • Ein CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM)
  • Eine Climate Social Fund
  • ReFuelEU Aviation – zur Gestaltung von nachhaltigen Flugtreibstoffen
  • FuelEU Maritime – zur Gestaltung von nachhaltigen Treibstoffen für die Seeschifffahrt
Noch nicht ganz so fit: Das "Fit for 55" Paket © iStock / GettyImages
Noch nicht ganz so fit: Das "Fit for 55" Paket © iStock / GettyImages

Die Vorschläge der Kommission sind ein notwendiger und wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die EU legt ein alle relevanten Sektoren umfassendes Paket vor und schlägt einen Policy Mix vor, der ordnungsrechtliche Maßnahmen und Marktinstrumente beinhaltet ebenso wie Instrumente auf EU-Ebene und Ziele für die Mitgliedsstaaten.

Dennoch ist das Paket bei weitem nicht „fit for 1,5°C“. Einige Aspekte der vorgeschlagenen Gesetzesänderungen sind noch sehr undetailliert und in der Tiefe nicht ausreichend, um das Ziel der Klimaneutralität der EU bis 2050 zu erreichen und die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Hier gilt es, in den Verhandlungen zusammen mit dem Rat und Parlament nachzubessern, damit die Klimabemühungen der Kommission nicht aufgeweicht werden.

Die Bundesregierung ist vor und nach der Bundestagswahl dazu aufgerufen, dafür Sorge zu tragen, dass das Paket klimapolitisch integer und der Dringlichkeit gemäß ausgestaltet wird. Darüber hinaus ist es dringend erforderlich, dass die neue Bundesregierung nach Amtsantritt ein Sofortprogramm sowie die lange überfälligen Maßnahmen zur Umsetzung der neuen deutschen Klimaziele vorlegt, um frühzeitig in der Legislaturperiode das Jahrzehnt der klimapolitischen Umsetzung anzugehen.

Übersicht einiger markanter EU-Klima- & Energieinstrumente:

  • Windrad © GettyImages Unfit for 1,5° - Gute Vorschläge, wenig Ambition

    Das Gesetzespaket der EU-Kommission für mehr Klimaschutz in Europa ist ein umfassender Aufschlag für die Umsetzung des 55-Prozent-Ziels bis 2030. Weiterlesen ...