„Nur magere neun Prozent der Oberflächengewässer in Deutschland erreichen bisher das Ziel eines guten ökologischen Zustands “, sagt Theresa Schiller. „Beim Schutz von Flüssen, Seen und Feuchtgebieten muss die Bundesregierung deshalb mehr Tempo machen! Vor allem braucht es in Deutschland Renaturierungen. Was wir hingegen nicht brauchen, ist ein weiterer Ausbau von Flüssen, wie er etwa an Oder, Ems oder Weser droht“, so Theresa Schiller weiter.
Süßwasserökosysteme zählen zu den am stärksten geschädigten Ökosysteme der Welt. Die Klimakrise verschärft den Druck auf diese zentralen Komponenten des globalen Wasserkreislaufs. Dabei sind intakte Süßwasserökosysteme unsere stärksten Verbündeten in der Anpassung an die Klimakrise. Die Freshwater Challenge setzt ambitionierte Ziele, degradierte Flüsse und Feuchtgebiete zu revitalisieren und Süßwasserökosysteme langfristig zu schützen.
Was ist die Freshwater Challenge?
Die Freshwater Challenge ist die bisher größte globale Initiative zum Schutz und zur Wiederherstellung von Süßwasserökosystemen. Ihr Ziel ist es, bis 2030 300.000 Kilometer degradierter Flüsse und 350 Millionen Hektar degradierter Feuchtgebiete zu revitalisieren und intakte Süßwasserökosysteme zu schützen.
Die Freshwater Challenge konzentriert sich dabei auf drei Schwerpunkte:
- Bereitstellung des notwendigen Wissens auf nationaler Ebene, um Revitalisierungsmaßnahmen effektiv zu gestalten und umzusetzen sowie Vorranggebiete für entsprechende Maßnahmen zu identifizieren.
- Sicherstellen, dass starke Ziele für Süßwasserökosysteme in relevanten nationalen Strategien und Plänen verankert werden
- Ressourcen mobilisieren und Finanzierungsmechanismen einrichten, die zur Erreichung der Ziele erforderlich sind.
Die Initiative setzt dabei auf einen inklusiven und kooperativen Ansatz, bei dem Regierungen mit anderen Interessengruppen – von indigenen Völkern und lokalen Gemeinschaften bis hin zum Privatsektor – zusammenarbeiten, um Lösungen für gemeinsame Herausforderungen zu entwickeln.
Die Freshwater Challenge ist eine ländergeführte Initiative, die auf der UN-Wasserkonferenz im März 2023 von sechs Ländern (Demokratische Republik Kongo, Ecuador, Gabun, Kolumbien, Mexiko und Sambia) ins Leben gerufen wurde.
Der WWF unterstützt die Initiative zusammen mit anderen internationalen Partnerorganisationen Conservation International, IUCN, dem Sekretariat des Übereinkommens über Feuchtgebiete (Ramsar-Konvention), The Nature Conservancy, Wetlands International, der OECD und der UNEP (unter der Schirmherrschaft der UN-Dekade zur Wiederherstellung von Ökosystemen).
Globales Momentum für Flüsse und Feuchtgebiete auf der Klima COP28
Auf der 28. Vertragsstaatenkonferenz in Dubai (COP28) haben sich 38 weitere Länder der Freshwater Challenge angeschlossen – darunter auch Deutschland. Dies ist ein entscheidender Impuls für die weltweiten Anstrengungen zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel und stärkt die wichtige Rolle, die intakte Flüsse und Feuchtgebiete dabei spielen.
„Der Schritt der Bundesregierung, sich der Freshwater Challenge anzuschließen, ist ein wichtiges politisches Signal für den Gewässerschutz in Deutschland. Nun gilt es, die zahlreichen Synergieeffekte im Hinblick auf die Umsetzung der Nationalen Wasserstrategie und des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz zu nutzen”, sagt Theresa Schiller, Referentin für Internationale Wasserressourcen beim WWF Deutschland. „Umso dringender ist es, dass auch die Europäische Wasserrahmenrichtlinie in Deutschland endlich konsequent und zügig umgesetzt wird.”
Welche Länder sind Mitglieder der Freshwater Challenge?
Botswana, Brasilien, Burkina Faso, Chile, Demokratische Republik Kongo, Deutschland, Dominikanische Republik, Ecuador, El Salvador, Fidschi, Finnland, Frankreich, Gabun, Gambia, Irak, Kambodscha, Kanada, Kenia, Kolumbien, Liberia, Malawi, Mali, Mauretanien, Mexiko, Mosambik, Nepal, Niederlande, Niger, Norwegen, Pakistan, Peru, Republik Kongo, Sambia, Senegal, Simbabwe, Slowenien, Spanien, Tadschikistan, Tansania, Tschad, Uganda, USA, Vereinigte Arabische Emirate, Vereinigtes Königreich
Es braucht klare Ziele und Strategien für den Gewässerschutz
Feuchtgebiete sind der Schlüssel im Kampf gegen die Klimakrise
Gesunde Süßwasserökosysteme sind entscheidend für den Klimaschutz und die Anpassung an die Klimakrise. Sie bilden die Grundlage für eine wassersichere Zukunft. Vernetzte Flussauen und intakte Feuchtgebiete mildern die Auswirkungen extremer Hochwasserereignisse und erhöhen die Widerstandsfähigkeit gegenüber immer häufiger auftretenden Dürren. Moore sind die weltweit größten terrestrischen Kohlenstoffspeicher. Flusssedimente, die sich auf dem Meeresboden ablagern, binden große Mengen Kohlenstoff.
Gedeihende Mangrovenwälder, von denen die meisten auf die Sedimentfracht der Flüsse angewiesen sind, schützen Küstengemeinden vor Sturmfluten. Auch dicht besiedelte und landwirtschaftlich genutzte Flussdeltas sind auf die Zufuhr von Süßwasser, Nährstoffen und Sedimenten angewiesen, um fruchtbar zu bleiben und sich über dem steigenden Meeresspiegel zu halten.
Und dennoch ist in den letzten 50 Jahren ein Drittel der weltweiten Feuchtgebiete verloren gegangen – und wir verlieren sie immer noch schneller als Wälder. Flüsse und Seen sind die am stärksten geschädigten Ökosysteme der Welt und die Klimakrise verschärft diese bereits beispiellose Bedrohung noch.
„Gesunde Flüsse, Seen und Feuchtgebiete sind unser bester Puffer und unsere beste Versicherung gegen die sich verschärfenden Auswirkungen der Klimakrise. Investitionen in ihren Schutz und ihre Wiederherstellung zahlen sich aus: Sie verringern das Katastrophenrisiko, sie erhöhen die Wasser- und Ernährungssicherheit und sie kehren den katastrophalen Rückgang der Artenvielfalt im Süßwasser um. Kurz: Sie machen Mensch und Natur widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen der Klimakrise. Doch wir müssen dringend neue Wege finden, um diese Herausforderung anzugehen.“
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