Die Zukunft der Wälder unserer Erde spielt sich größtenteils in elf Regionen ab, in welchen der Hauptteil der globalen Entwaldung stattfindet, so das Ergebnis des neuen WWF „Living Forests Report“. Das heißt im Klartext: Wenn wir nichts dagegen unternehmen, werden wir bis 2030 in diesen elf Entwaldungsfronten bis zu 170 Millionen Hektar Wald verlieren – das ist eine Fläche so groß wie Deutschland, Frankreich, Spanien und Portugal zusammen.
Wie eine neue Studie des WWF zeigt, droht der Erde in den nächsten Jahren ein massiver Waldverlust. Dabei werden sich rund achtzig Prozent der Abholzung von Wäldern in nur elf Regionen abspielen – den so genannten Entwaldungsfronten. Die liegen zwar nicht in Europa, wir sind aber dennoch ein großer Teil des Problems.
Sorgenkind Amazonas
Zu den elf umkämpften Fronten gehören unter anderem die Mekong-Region, Borneo und Sumatra, Ostafrika, das Kongobecken – und natürlich der Amazonas, das Gebiet mit der größten prognostizierten Waldvernichtung. Allein hier sollen in den nächsten 15 Jahren bis zu 48 Millionen Hektar Wald vernichtet werden. Das ist fast ein Drittel der Fläche der Amazonas-Region. Gründe dafür sind vor allem ein Ausbau der Viehwirtschaft , der industriellen Landwirtschaft, der Wasserkraft sowie der Infrastruktur. „Wälder weichen Rinderweiden, Sojaplantagen, Kraftwerken und Straßen, und die Politik ist nicht bereit, sich mit dem Problem ernsthaft auseinanderzusetzen“, sagt Roberto Maldonado, Südamerika-Experte beim WWF Deutschland.
Geplante Verfassungsänderung: Schutzgebiete vor dem Aus
Im Gegenteil: In Brasilien sieht eine geplante Verfassungsänderung vor, eine Regelung zur einfachen Auflösung von staatlichen und indigenen Schutzgebieten einzuführen. Wenn die Verfassungsänderung durchgeht, dann können bislang unter Schutz stehende Waldregionen abgeholzt werden, wenn es kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen dient. Neue staatliche und indigene Schutzgebiete wären dann nur noch schwer auszuweisen. „Das wäre nicht nur für die dort lebenden Menschen und Tiere eine Katastrophe, sondern würde sich auch extrem auf das Weltklima auswirken, denn der Regenwald ist ein wichtiger CO2-Speicher“, sagt Maldonado.
Produkte aus Wald-Raubbau landen in Europa
Wie die neue WWF-Studie zeigt, haben die verschiedenen Entwaldungsfronten mit unterschiedlichen Problemen zu kämpfen. Während beispielsweise im Kongobecken viele Bäume für Feuerholz ihr Leben lassen müssen, fallen sie in Sumatra vor allem dem Straßenbau zum Opfer. „Weltweit ist vor allem die Vernichtung der Wälder für landwirtschaftliche Nutzung ein großes Problem“, meint Roberto Maldonado. Aber auch die nicht-nachhaltige Abholzung für die Holz- und Papierproduktion oder der Abbau von Bodenschätzen verschlingen riesige Flächen üppiger Wälder. Und genau hier kommen wir Europäer ins Spiel, denn wir profitieren vom Raubbau an den Waldgebieten.
Verantwortungsvoller Konsum
„Ob nun Holz, Papier, Palmöl oder Soja – die aus der Entwaldung gewonnenen Produkte landen zu einem großen Teil in Deutschland und Europa. Auch Bodenschätze werden im großen Stil importiert. Mehr als 50 Prozent der Mineralien, die Deutschland importiert, kommen beispielsweise aus Brasilien“, sagt Jörg-Andreas Krüger, Leiter des Fachbereichs Biodiversität beim WWF Deutschland. Deshalb bedarf es der Initiative jedes einzelnen Konsumenten in den Importländern. Der WWF empfiehlt beispielsweise, beim Kauf von Papier- und Holzprodukten auf das FSC-Siegel zu achten. Vor allem aber können wir die weltweite Entwaldung durch eine fleischärmere Ernährung bremsen. Denn allein in Südamerika wird auf 2,2 Millionen Hektar Fläche Soja für deutsches Nutztierfutter angebaut. Je mehr Fleisch wir also essen, desto mehr Regenwald wird Sojaplantagen weichen müssen.
Ein Kampf an allen Fronten
Der WWF kämpft international an allen elf Entwaldungsfronten gegen den Kahlschlag. Forderungen und Maßnahmen sind beispielsweise höhere Subventionen für nachhaltige Forstwirtschaft und die Errichtung von Schutzgebieten. Dabei versucht der WWF zum einen, Druck auf Regierungen und große Unternehmen auszuüben, zum anderen aber auch mit den lokalen Gemeinden zusammenzuarbeiten, um ihnen Möglichkeiten zu nachhaltiger Ressourcennutzung aufzuzeigen. Das Ziel ist es, die Entwaldung zu stoppen und damit Kohlenstoffemissionen zu verringern sowie die Artenvielfalt zu bewahren.
(Von Gesa Koch-Weser)
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