Wir verbrauchen weltweit immer mehr Wasser - vor allem durch die Herstellung unserer Konsumgüter. Das hat schwerwiegende Folgen, die durch die Lieferketten von Unternehmen auch uns in Deutschland betreffen. Die Unternehmen müssen mehr Verantwortung für ihr Handeln übernehmen und nachhaltige Lösungen für lokale Wasserprobleme finden: Das WWF-Programm Water Stewardship hilft dabei.
Viele Flussgebiete auf der Welt stehen bereits heute unter enormem Druck – Tendenz steigend. Die Privatwirtschaft ist dabei mit 70 bis 80 Prozent der größte Wassernutzer, abhängig von der Ressource Wasser und somit gleichzeitig Verursacher wie Betroffener. Schon heute berichten 90 Prozent der umsatzstärksten deutschen Unternehmen, von Wasserrisiken betroffen zu sein.
„Süßwasser liegt im Herzen der wirtschaftlichen Wertschöpfung. Um ihre Zukunftsfähigkeit sicherzustellen, müssen Unternehmen nachhaltig mit Wasser umgehen“, betont Johannes Schmiester, WWF-Süßwasserexperte. „Der Schlüssel für nachhaltige Wassernutzung liegt dabei in der Zusammenarbeit - auf Ebene des Flussgebiets, entlang von Lieferketten und innerhalb ganzer Sektoren.“
Effizienz reicht nicht aus
Auf die bereits vorhandenen Probleme reagieren Landwirtschaft und Lebensmittelbranche bislang meist mit technologischem Fortschritt und Effizienzsteigerung. Anbauregionen wie Almería im südlichen Spanien zeigen jedoch, dass selbst eine auf die Spitze getriebene Bewässerungseffizienz das Problem des Wassermangels nicht mehr löst. Schlimmer noch: Unter Umständen kann das Effizienzbestreben in den Betrieben das Problem sogar noch verstärken. Denn das eingesparte Wasser wird in der Regel für eine Ausweitung der Produktion genutzt. So wird zwar ein Verlust von Wasser vermieden, letztlich aber insgesamt mehr verbraucht. Dieses bekannte Phänomen nennt man Rebound-Effekt oder Jevons-Paradoxon.
Water Stewardship: WWF Ansatz für Unternehmensverantwortung im Wasserbereich
Im Sinne der Allgemeinheit, der Umwelt und vor allem im ganz eigenen wirtschaftlichen Interesse müssen Unternehmen ihr Wasserrisiko verringern. Doch die Maßnahmen dafür sind von Fall zu Fall unterschiedlich und sehr komplex. Denn Risiken werden oft nicht durch den Einzelnen, sondern durch das Zusammenspiel vieler Wassernutzer in einem Flussgebiet hervorgerufen. Sie sind außerdem abhängig von den ökologischen Gegebenheiten vor Ort und beispielsweise auch von einer guten oder schlechten Gesetzgebung in Bezug auf Wasser. Eine nachhaltige Bewirtschaftung der Flussgebiete bedeutet, die Interaktionen zwischen Wirtschaft, Mensch und Natur vor Ort zu verstehen und daraufhin angepasste Lösungen zu entwickeln. Das Flussgebiet mit seinen Wasserressourcen muss in ein Gleichgewicht rücken.
Das WWF Programm Water Stewardship zeigt Unternehmen, welche Schritte getan werden müssen, um verantwortungsvoll mit der Ressource Wasser umzugehen - also gute Water Stewards zu werden. Water Stewardship vereint Wirtschaftlichkeit mit ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit. Entscheidend dabei ist der ökologische Rahmen des Flussgebietes, nicht die Belange des einzelnen Betriebs. Außerdem sind die Interessen, Bedürfnisse und Risiken aller Wassernutzer innerhalb dieses Flussgebiets zu betrachten.
Water Stewardship: Hilfe auf verschiedenen Ebenen
Gute Water Stewards kennen ihren eigenen Wasserverbrauch, ihr Einzugsgebiet und die gemeinsamen Risiken, die die Wasserbewirtschaftung, den Wasserhaushalt und die Wasserqualität betreffen. Auf dieser Grundlage ergreifen sie alleine oder kollektiv wirksame Maßnahmen zum Nutzen von Mensch und Natur.
Vom WWF bekommen die Unternehmen für den Prozess wichtige Leitfäden an die Hand, werden durch Experten beraten und erhalten bei Bedarf Unterstützung vor Ort in Form von Feldprojekten zu Anbau oder Produktion. Mit dem Water Risk Filter (Wasserrisikofilter), einem kostenlosen Online-Tool, können sie ihre spezielle Situation analysieren, finanzielle Auswirkungen berechnen und sich Gegenmaßnahmen aufzeigen lassen. Der Water Risk Filter ist ein führendes Instrument und bei Unternehmen inzwischen sehr gefragt.
Vielfältige Maßnahmen gegen das Wasserrisiko
Zunächst muss im Unternehmen ein Bewusstsein herrschen für die globale Wasserproblematik, den firmeneigenen Anteil daran und die Folgenschwere für die Produktion. Um intern Verbesserungen zu erreichen, kann Wasser eingespart, gereinigt oder besser gemanagt werden. Das reicht jedoch in der Regel nicht aus. Insbesondere dann nicht, wenn Wasserressourcen im Flussgebiet schlecht gemanagt sind. Um das Wasserrisiko wirklich zu reduzieren, muss das Problem im Flussgebiet verstanden und mit anderen Nutzern zusammengearbeitet werden: „In unserem Projekt zum nachhaltigen Bananenanbau in Kolumbien sind die Landwirte mit Problemen wie Wasserknappheit, Überschwemmungen, degradierten Ökosystemen, ungerechter Wasserverteilung und mangelnder Regulierung konfrontiert“, erklärt Johannes Schmiester. „Dies sind Probleme, die wir nicht innerhalb der Betriebsgrenzen der Landwirte lösen können. Dafür haben wir eine Plattform mit anderen Anbauverbänden, Behörden, lokalen NGOs und den Gemeinden geschaffen. Nur gemeinsam kann hier etwas bewirkt werden.“ Der WWF kann durch langjährige Erfahrungen in Flussgebieten vor Ort ein Partner in diesen Prozessen sein.
Eine wesentliche Ursache von Wasserrisiken ist die mangelhafte Verwaltung der Wasserressourcen durch Entscheider vor Ort. Water Stewardship ist eine Möglichkeit für Unternehmen, diesen vielschichtigen Problemen zu begegnen, vor Ort Verantwortung zu demonstrieren und die eigenen Risiken zu senken.
AWS: Standard und Gütesiegel
Gemeinsam mit anderen Organisationen aus Wirtschaft, Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft ist der WWF Mitglied im Bündnis Alliance for Water Stewardship (AWS). Um Unternehmen ein Rahmenwerk und einen einheitlichen, kontextbasierten und anerkannten Standard zu bieten, hat das AWS den internationalen Water Stewardship-Standard entwickelt. Halten sich Unternehmen an diesen Standard, bekommen sie ein Zertifikat. Der AWS-Standard ist grundsätzlich für jede Art von Unternehmen in jeder Branche anwendbar.
Mit gutem Beispiel voran
Mitte 2018 erhielt eine Pilot-Finca aus dem Zitrusprojekt von EDEKA und WWF als erster Landwirtschaftsbetrieb in Europa das AWS-Siegel. Dies sogar mit Gold-Auszeichnung, die weltweit bis dahin erst dreimal vergeben wurde. Die Finca Iberresparragal beliefert EDEKA und Netto mit Zitrusfrüchten. Sie liegt in einer Region Andalusiens, in der die Grundwasserspiegel seit Jahren bedrohlich sinken. Schuld sind neben der Trockenheit, die sich durch den Klimawandel weiter verschärfen wird, auch eine Übernutzung durch die Landwirtschaft und über 1.000 illegale Brunnen. Ein Fall, in dem die mangelnde Regulierung und Kontrolle die Situation für alle Betriebe verschärft. Und ein Fall, der nur im Austausch mit anderen Nutzern, Behörden und Akteuren zu lösen ist - wie es das Water Stewardship Programm vorsieht.
Immer mehr Unternehmen sorgen sich im eigenen Interesse um die stark unter Druck stehende Ressource Wasser – und immer mehr Unternehmen weltweit handeln nach Water Stewardship. Dazu zählt auch Tchibo. Eine umfassende Wasserrisiko-Analyse in Zusammenarbeit mit dem WWF bildet die Grundlage für Tchibos Engagement im Bereich Water Stewardship.
Weitere Unternehmen müssen folgen. Denn es ist Zeit, zu handeln: Für unsere Ökosysteme, für uns Menschen – und auch zugunsten der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.
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