Noch sind die in dem Projektgebiet erzielten Erfolge fragil. Im nächsten Schritt sollen sie gefestigt werden. Außerdem wird das nachhaltige Management der Mangroven auf zwei zusätzliche Mangrovengebiete und weitere 18 Dörfer ausgedehnt.
Das Indus-Delta in Pakistan beherbergt das siebtgrößte Mangrovengebiet der Welt. Die buschigen Pflanzen, die mit ihren typischen Wurzeln wie auf Stelzen im Wasser stehen, sind essenziell für das Ökosystem. Doch die Mangroven des Indus sind durch Raubbau und die Klimakrise bedroht. Der WWF Deutschland unterstützt in einem Projekt im Südosten Pakistans den WWF Pakistan bei der Wiederaufforstung und nachhaltigen Bewirtschaftung der Mangroven.
Das Projektgebiet liegt im westlichen Teil des Indus-Deltas in den Distrikten Thatta und Sujawal. Die Region gilt als die ärmste und am wenigsten entwickelte Region im Indus-Delta. 80 Prozent der Einwohner:innen leben unterhalb der Armutsgrenze und haben weniger als zwei Euro pro Tag zur Verfügung.
Traditionell lebte die Bevölkerung hier zu etwa gleichen Teilen von Landwirtschaft, Fischerei und Forstwirtschaft. Die Umweltbedingungen haben sich in den letzten Jahren aufgrund der Klimakrise allerdings dramatisch verändert, sodass viele Bewohner:innen die Landwirtschaft aufgeben mussten.
Heute leben die meisten Menschen im Projektgebiet fast ausschließlich vom Fischfang in den Mangroven- und in den Küstengewässern sowie von der Nutzung der Mangroven. Hier finden sie Brennholz, Bauholz und Viehfutter, hier weidet das Vieh und die Menschen sammeln Krabben und Mollusken. Die jahrzehntelange kontinuierliche Übernutzung hat die Mangroven stark degradiert. Ein Problem nicht nur für die Bevölkerung, sondern für das gesamte Ökosystem.
Warum sind Mangroven so besonders?
Mangroven sind bekannt für ihr komplexes Wurzelsystem, das Lebensraum und Kinderstube für viele Fische, Krebse und Garnelen ist. Die Wurzeln halten aber auch Schwebstoffe im Wasser fest und bauen Sedimentablagerungen auf, die die Kraft und Höhe von Wellen dämpfen. iDas schützt die in den Küstenregionen lebenden Menschen effektiv vor Stürmen und Überschwemmungen. Darüber hinaus speichern Mangroven sehr viel CO2 – das macht sie unentbehrlich für den Klimaschutz.
Klimakrise befeuert Naturkatastrophen
Die Region im Südosten Pakistans ist besonders anfällig für die Auswirkungen der Klimakrise: der Meeresspiegel steigt, Wirbelstürme nehmen zu und werden heftiger. Im Juni 2019 hat der Zyklon Vayu schwere Zerstörungen im Projektgebiet angerichtet. Im Sommer 2022 kam es erneut zu katastrophalen Überschwemmungen durch heftige Monsun- Regenfälle, von denen mehr als 30 Millionen Menschen im Indus- Einzugsgebiet betroffen waren.
Klimakrise, Überschwemmungen und die Degradierung von Mangroven hängen zusammen, denn dort wo Mangroven die Küstenlinie nicht mehr schützen und Sediment festhalten, kommt es zu erheblicher Erosion. Das Delta kann nicht mit dem steigenden Meeresspiegel mitwachsen, die Wellen werden höher und Wassermassen dringen bei Überschwemmungen immer weiter ins Landesinnere vor.
Für die Bevölkerung wird das zur unmittelbaren Gefahr, denn es gibt kein Frühwarnsystem. Stürme und Fluten kommen für die Menschen oft überraschend – ihnen bleibt keine Zeit, ihr Hab und Gut, ihr Vieh und sich selbst in Sicherheit zu bringen. Das sichere Festland ist zudem weit entfernt, viele Dörfer haben keine Straßenanbindung und sind nur mit dem Boot zu erreichen.
Mangroven schützen
Um die nachhaltige Bewirtschaftung von Mangroven im Indus-Delta zu fördern, begann der WWF Deutschland gemeinsam mit dem WWF Pakistan 2019 in 36 Gemeinden mit einem Projekt zur Wiederaufforstung der Mangroven und zur Gemeindeentwicklung. Finanziell gefördert durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).
Bisher wurden bereits 3.000 Hektar Mangroven wieder aufgeforstet und weitere 4.000 Hektar degradierter Fläche verbessert. Dennoch bleibt der Druck auf die Mangroven hoch: Der Boden an vielen ehemaligen Mangroven-Standorten ist schlammig und durch starke Regenfälle und Überschwemmungen erodiert – solche Böden neigen dazu, sich während Trockenphasen zu verdichten – für Mangroven ungeeignet.
Im Rahmen des WWF-Projekts wurden geeignete Standorte für die Wiederaufforstung identifiziert und an verschiedenen Standorten Baumschulen eingerichtet, denn die aufgeforsteten Flächen brauchen regelmäßige Pflege, da immer wieder Setzlinge absterben und nachgepflanzt werden müssen. In den Mangroven-Plantagen engagieren sich viele Frauen aus den Gemeinden, sodass für sie alternative Einkommensmöglichkeiten geschaffen werden konnten.
Weitere Maßnahmen des WWF
Die nicht nachhaltige Bewirtschaftung der Mangroven und ihre Nutzung als Viehweide und Quelle für Viehfutter ist eine der Hauptbedrohungen. Knapp 4.500 Kamele und Büffel weiden derzeit im Projektgebiet. Die Tiere laufen überwiegend frei und zerstören dabei Mangroven. Der WWF hat in der ersten Projektphase in den beteiligten Gemeinden ein rollierendes Weidesystem etabliert. Das bedeutet, dass das Vieh regelmäßig in andere Bereiche innerhalb der Mangroven geführt wird, um Überweidung und die Zerstörung der empfindlichen Mangroven-Sprösslinge zu verhindern. Dieses System soll weiter ausgebaut werden.
Feuerholz und StromEbenfalls in der ersten Projektphase wurden in 250 Haushalten in den Projektdörfern energiesparende Öfen eingeführt, um den Verbrauch von Feuerholz zu reduzieren. Darüber hinaus wurden 395 Haushalte in 17 Dörfern mit Solarenergie ausgestattet, was den Holz- und Energieverbrauch weiter reduzieren konnte und die Luftqualität in den Hütten zu verbessert hat. Auch hieran wird in der nächsten Phase weitergearbeitet.
Lebensbedingungen verbessernDie derzeit 36 Projektdörfer sind stark unterentwickelt, es gibt weder sauberes Wasser noch Strom, auch eine Abfall- und Abwasserentsorgung gibt es nicht. Infektionskrankheiten wie Cholera, Hepatitis und Durchfall sind weit verbreitet. Eine regelmäßige medizinische Versorgung ist nicht vorhanden. Der WWF will in der nächsten Projektphase die medizinische Grundversorgung sicherstellen sowie Wasseraufbereitungsanlagen und Wasserreservoirs für sauberes Trinkwasser bereitstellen.
Alternative Einnahmequellen etablierenAlternative Existenzmöglichkeiten, verbesserte Wertschöpfungsketten und Dorfentwicklungsmaßnahmen reduzierten die Armut und erhöhten die Resilienz der lokalen Bevölkerung. Deshalb will das Projekt alternative Einnahmequellen für die Menschen schaffen und vorhandene verbessern. Die Frauen in den Dörfern werden dabei unterstützt ihre traditionellen Handarbeiten herzustellen und zu vermarkten. Dies geschieht in kleinen Kooperativen und ermöglicht den Frauen eigenständige Einkommen zu erwirtschaften. Es werden auch Gemüsegärten zur Selbstversorgung, aber auch zur lokalen Vermarktung angelegt. Außerdem wurden Fischer mit Kühlboxen ausgestattet, denn bisher verdarb ein Großteil des Fangs aufgrund mangelnder Kühlmöglichkeiten. Den nun haltbaren Fang können die Fischer auf Märkten verkaufen und dadurch Einnahmen generieren.
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