Der WWF-Bericht zeigt, dass Hotelgäste Mehrwegoptionen positiv gegenüberstehen. Das gibt Hoteliers Rückenwind, die von Einweglösungen auf Mehrwegalternativen umstellen wollen, denn natürlich ist die Frage nach Gästeakzeptanz entscheidend dafür, ob Investitionen getätigt werden.
Hoteliers und Hotelgäste sagen grundsätzlich „Ja“, aber an der Umsetzung hapert es. Ein neuer WWF-Bericht liefert Ansätze, wie Mehrwegsysteme auch im Hotelsektor zum Standard werden können.
Schon beim Frühstücksbuffet im Gästehaus braucht es keine einzige Einwegverpackung mehr. Butter, Marmelade oder Frischkäse gibt es im portionierten Glasschälchen. Zucker und Milch stehen in Dose und Kännchen bereit. Wasser ist in Mehrwegflaschen abgefüllt und Saft gibt es an der Saftbar. Im Hotelzimmer sind die Einweg-Schlappen nicht mehr in Plastik verpackt. Seife, Shampoo und Bodylotion stehen im Bad in wiederauffüllbaren Spendern. Wegwerf-Zahnbürste, Einmal-Rasierer oder Duschhaube sind höchstens noch auf Anfrage an der Rezeption erhältlich. So viel zur Theorie. Der Praxisbetrieb eines Hotels sieht derzeit anders aus. Bis zu anderthalb Kilogramm Müll produziert ein Hotelgast pro Übernachtung in Deutschland. Die Hälfte davon ist Plastik, Pappe oder Papier. Und das, obwohl seit Januar 2023 die Mehrwegangebotspflicht besteht und zumindest im To-Go-Bereich den Handlungsdruck erhöht.
Im Hotel ist die Botschaft noch nicht angekommen
Restaurants, Bistros und Cafés sind angehalten, statt Einwegbecher oder Einwegboxen zum Mitnehmen von Essen oder Getränken Mehrwegverpackungen anzubieten. Gastronomiebetriebe bemühen sich inzwischen zumindest um die Alternativen. Im Hotelsektor wird jedoch nach wie vor aus Gewohnheit auf die bequemen Einweglösungen zurückgegriffen. Nur dort, wo bereits lang erprobte Lösungen zur Verfügung stehen (z. B. Vorratsbehälter in der Küche), kein Widerstand vonseiten der Gäste zu erwarten ist und die Umstellungskosten gering sind, werden Mehrwegmodelle genutzt.
Da die Datenlage zum Thema Mehrwegverpackungen im Hotelsektor sehr eingeschränkt ist, hat der WWF deshalb die Branche und seine Potentiale selbst genauer unter die Lupe genommen und kürzlich einen Bericht veröffentlicht. Per Fragebogen und Interviews wurden bundesweit Hoteliers, Hotelgäste und Expert:innen zu ihren Meinungen und Einschätzungen befragt, Studien ausgewertet und exemplarisch das gegenwärtige Abfallaufkommen in 3- bis 5-Sterne-Hotels in Deutschland berechnet.
Die Haupterkenntnisse des Berichts „Mehrweg in der Hotellerie“
Das Gros aller befragten Hotelgäste und auch das Personal stehen den Themen Umweltschutz und nachhaltiger Konsum positiv gegenüber und begrüßen ein Mehrwegsystem. Während viele Gäste Mehrweg längst im eigenen Haushalt nutzen, nehmen sie im Hotel Einweg hin – aus Bequemlichkeit. Und ohne Nachfrage durch die Gäste, entsteht auch bei den Betrieben kein Handlungsbedarf. Hoteliers argumentieren, dass Mehrweg dem Gast zu viel abverlange, die Hygiene gefährde und der Service leide oder die Angestellten mit dem System überfordert sein könnten. Dementsprechend hat sich die Mehrwegnutzung in den vergangenen Jahrzehnten in der Hotellerie in Deutschland nicht merklich erhöht.
Branchenweite Standards für Mehrweglösungen und ein flächendeckendes, einheitliches Mehrwegsystem müssen her – etwa bei Rückgabe und Reinigung benutzter Mehrwegbehälter im To-Go-Bereich. Daran hapert es. Machbar wäre es schon: Mehrwegverpackungen sollten einfach zu verwenden und für den Gast kein Zusatzaufwand sein. Benutztes Mehrweg-Geschirr könnte von den Kund:innen in jedem x-beliebigen Hotel Deutschlands und auch in regulären Restaurants abgegeben oder umgetauscht werden. Standardisierte Mehrwegbehälter könnten auch zwischen großen Hotelketten schnell und unkompliziert ausgetauscht werden. Inzwischen gibt es diverse Anbieter für Mehrwegverpackungen, wie RECUP, Vytal oder Relevo, die auch den Hotelsektor beliefern könnten.
Ist die Umstellung auf Mehrweg zunächst eine Investition, kann sie sich schnell rentieren, wenn die Prozesse etabliert sind und die Umlaufzahlen stimmen.
Wie kann es nun weitergehen?
„Für funktionierende Mehrweglösungen gibt es ökologische und ökonomische Gründe. Trotz des Potenzials wird zu sehr im Status Quo verharrt – es braucht mehr Daten, mehr Wissen und Mut, Mehrwegsysteme zu pilotieren.“
Damit Mehrweg auch im Hotelsektor funktioniert, kommt es künftig auf alle Akteur:innen an: den umweltbewussten Gast, der darin eine echte Alternative sieht und das Prinzip einfordert. Ein Hotelmanagement, das sein Personal schult und sich konsequent am Mehrweg beteiligt. Hotelverbände, die Lösungen für ein flächendeckendes Mehrwegsystem erarbeiten, Lobbyarbeit leisten und die Branche unterstützen. Und es bedarf des Gesetzgebers, der Mehrwegsysteme aktiv und kohärent fördert und Standardisierung unterstützt.
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