Am 15. November 2023 fiel in Karlsruhe das Urteil: Die Bundesregierung darf fest eingeplante Kreditermächtigungen von 60 Milliarden Euro nicht für den Klimaschutz verwenden. Seitdem: Aufregung. Verunsicherung. Handlungsbedarf.

Klimaschutz und Transformation jetzt auf sichere Beine stellen

Das Bundesverfassungsgericht hat die Umwidmung der Gelder aus der Corona-Krise in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) gekippt. Hinzu kommt noch, dass nach dem Gerichtsurteil auch der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) fragwürdig wird. Der Versuch der Bundesregierung, trotz Schuldenbremse dringend notwendige Investitionen in Klimaschutz und Zukunft zu finanzieren, ist gescheitert.

Es ist ein Urteil mit gravierenden Konsequenzen für den Klimaschutz und die Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft. Vom Karlsruher Urteil sind viele wichtige Vorhaben bedroht, unter anderem fehlt Geld für die Förderung für E-Autos, die Energiepreisbremsen für Strom und Gas, die Sanierung der Deutschen Bahn oder Förderungen im Rahmen des Heizungsgesetzes. 

Das Urteil führt uns vor Augen, wie mangelhaft die Bundesregierung Transformation und Klimaschutz bisher im Haushalt verankert hat. Klimaschutz benötigt in der Dekade von 2020 bis 2030 pro Jahr allein etwa 51 Milliarden Euro an öffentlicher Finanzierung, hinzu kommen notwendige Ausgaben auf kommunaler und Länderebene. Diese Ausgaben müssen nun ordentlich und verfassungskonform geplant werden. 

Es ist also an der Zeit, dass die Bundesregierung eine umfassende Klimaschutz-Finanzstrategie entwickelt und die Finanzierung der Transformation und des Klimaschutzes auf sichere Beine stellt. In der aktuellen Haushaltskrise steckt nämlich auch eine Chance für eine nachhaltige und zukunftsorientierte Entwicklung Deutschlands. Wir haben viele Möglichkeiten, den Klimaschutz in Deutschland zu stärken und unsere Zukunft sicher zu gestalten.

„Die Modernisierung und Transformation unserer Gesellschaft und Wirtschaft gehört strukturell in den Bundeshaushalt verankert, zusammen mit einer ausformulierten mittel- und langfristigen Finanzstrategie. Die Rettung von Klima und Artenvielfalt darf nicht an der Schuldenbremse scheitern.“

Matthias Kopp, Head Sustainable Finance WWF Deutschland

Aus Sicht des WWF Deutschland ist klar: Die Regierung muss jetzt handeln und das 60 Milliarden-Loch stopfen. Es bieten sich gleich mehrere Maßnahmen an, um die dringend benötigten Mittel zu sichern und die deutsche Wirtschaft zukunftsfähig zu machen. Sozialleistungen oder beim internationalen Klimaschutz zu kürzen, wie von einigen Politiker:innen gefordert, gehört nicht dazu.

Um die sozial-ökologische Transformation auf sichere finanzielle Beine zu stellen, müssen wir zwischen kurz- und mittelfristigen Maßnahmen unterscheiden.

Kurzfristige Maßnahmen

  • Aussetzen der Schuldenbremse für ein weiteres Jahr durch die Feststellung einer Notlage nach Artikel 115 Grundgesetz, Angesicht der multiplen Krisen Corona, Krieg und Klima.
  • Ein Sondervermögen „Klimaschutz und Transformation“ in Höhe von mindestens 100 Mrd. Euro jährlich analog dem Sondervermögen Bundeswehr im Grundgesetz verankern, so dass die notwendigen mittel- und langfristigen Investitionen abgesichert sind.
  • Reform klima- und umweltschädlicher Subventionen, wie dem Dienstwagenprivileg oder der Steuerbefreiung von Kerosin. Damit ließen sich jedes Jahr ca. 65 Mrd. Euro sparen. 
  • eine ökologische und soziale Ausrichtung von Förderprogrammen für Klimaschutz. Nicht mehr gefördert werden dürfen umwelt- und klimaschädliche Maßnahmen, wie z.B. ein Heizungstausch zu Anlagen, die mit Biomasse befeuert werden.

Mittelfristige Maßnahmen

  • Reform der Schuldenbremse, so dass Investitionen in Klimaschutz und grüne Technologien möglich bleiben
  • Verteilung auf starke Schultern. Verantwortung für die Zukunftsfinanzierung sollte dort übernommen werden, wo die Leistungsfähigkeit am höchsten ist. Eine Reform der Erbschafts-, Einkommens-, und Vermögenssteuer sollte dazu führen, dass zusätzliche Einnahmen für die Finanzierung der Klima-Transformation eingesetzt werden können.
  • Privates Kapital für die Transformation mobilisieren, u.a. durch die konsequente Um- und Ausgestaltung von Förderprogrammen, Steuern und Abgaben.
  • CO2-Preis anheben und Klimageld einführen, um Klimaschutzwirkung zu entwickeln und gleichzeitig Bürger:innen finanziell zu entlasten. Sobald der Auszahlungsmechanismus für das Klimageld vom Finanzministerium einsatzbereit ist, sollten die CO2-Preise im Gebäude- und Verkehrsbereich so angehoben werden, dass sie Konsum klimarelevant besteuern und durch ein Klimageld in signifikanter Höhe so abgefedert werden, dass keine zusätzliche finanzielle Belastung bei den Menschen entsteht.
  • Klima-Mainstreaming des Bundeshaushalts mit einem Klima- und Naturcheck öffentlicher Ausgaben. Umwelt- und Klimaziele sollten im Bundeshaushalt und für Sondervermögen strukturell und steuerungsrelevant verankert werden, sodass Ausgaben auf ihre Umwelt- und Klimaauswirkungen und auf ihre Kompatibilität mit den planetaren Grenzen hin geprüft werden, bevor sie getätigt werden.

Jetzt ist die Zeit für mutige Schritte. Die Bundesregierung muss handeln und die notwendigen finanziellen Rahmenbedingungen schaffen, um Deutschland und die deutsche Wirtschaft auf den Weg zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Zukunft zu führen! 
 

  • Klimageld © Filippo Letizi Entlastung schaffen – Klimageld jetzt

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  • Aufbau einer Solaranlage © Appfind / iStock / Getty Images Die Finanzierung von Klimaschutz und Transformation

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