Und der Bericht ist aufrüttelnd. Unter anderem macht er deutlich, dass die Oberflächentemperatur der Erde so schnell steigt wie nie zuvor in den vergangenen 2000 Jahren. Auch der Meeressspiegel und die Treibhausgaskonzentration steigen ungebremst. Außerdem nehmen durch die Erderhitzung Extremwetterereignisse wie Starkregen oder extreme Hitze zu. Die Ursache dafür ist – daran lässt der Bericht keinen Zweifel – der Mensch.
Die Lage ist ernst. Das hat der neue Report der Arbeitsgruppe I des Weltklimarats (IPCC) deutlich gemacht. Im August 2021 hat der Weltklimarat den ersten Teil seines Syntheseberichts zum Klimawandel veröffentlicht, in dem es um die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Klimawandels geht: also um Zahlen und Fakten zur Atmosphäre und der Erde, um Temperaturen, CO2-Konzentration und Physik.
„In nur wenigen Jahrzehnten wird zum Beispiel aus einer extremen Küstenüberschwemmung, die in der Vergangenheit nur einmal in 100 Jahren auftrat, an den meisten Orten ein jährliches Ereignis.“
Extremwetterereignisse auf der ganzen Welt
Solche Extremwetterereignisse treffen die Regionen, in denen sie auftreten, und die dort lebenden Menschen hart. Beispiele sind die Hitzewellen diesen Sommer in Kanada, Nordamerika und Russland oder die Dürre in Madagaskar. Auch Deutschland bleibt nicht von Extremwetter verschont. In der Hochwasserkatastrophe im Juli 2021 sind allein in Deutschland über 180 Menschen verstorben, Existenzen wurden zerstört und Dörfer verwüstet. Zuvor waren in einigen Teilen Westdeutschlands mehr als 90 Liter Regen pro Quadratmeter gefallen. Die Folge waren Überschwemmungen, Zerstörung und Tote.
Neue Studie der WWA: Klimawandel machte Flutkatastrophe in Deutschland wahrscheinlicher
Die „World Weather Attribution“-Initiative (WWA) hat die Flutkatastrophe und ihre Ursachen jetzt in einer neuen Studie untersucht. Die WWA ist ein Zusammenschluss internationaler Wissenschaftler:innen, die untersuchen wie sich der Klimawandel auf extreme Wetterereignisse auswirkt. In sogenannten Attributionsstudien konnten sie bereits zeigen, dass zum Beispiel die australischen Buschbrände 2019/20 und die Hitzewellen in Sibirien 2020 durch den Klimawandel mitverursacht wurden. Und jetzt eben die deutsche Hochwasserkatastrophe. Die neue Studie unterstützt die Erkenntnisse des IPCC-Berichts: Extremwetterereignisse sind eine Folge des menschengemachten Klimawandels. Denn auch die Starkregenfälle in Westeuropa sind durch den Klimawandel um das 1,2 bis 9-fache wahrscheinlicher geworden.
Um das festzustellen, haben die Forscher:innen das heutige Klima mit dem Klima vor dem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 1,2 Grad Celsius verglichen und Wetteraufzeichnungen und Computersimulationen analysiert. Das Ergebnis: Lokale Regenfallmuster unterscheiden sich in verschiedenen Zeiten stark. Die maximale Niederschlagsmenge hat sich durch den Klimawandel um 3 bis 19 Prozent erhöht. Insgesamt werden Extremwetter wie Starkregen und Überflutungen also häufiger werden – und mit voranschreitender Erderhitzung wird sich diese Entwicklung über die Zeit verschärfen.
Wie gehen wir mit den Erkenntnissen um?
Die Erkenntnisse der Klimawissenschaftler:innen sind beunruhigend, aber sie helfen uns auch, die Ereignisse aus dem Juli zu verstehen und uns für die Zukunft vorzubereiten. Denn zum einen ist die Studie ein erneuter Weckruf, jetzt sofort Maßnahmen gegen die Klimakrise zu ergreifen. Wir müssen die Erderhitzung auf maximal 1,5 Grad Celsius begrenzen und Treibhausgasemissionen schneller reduzieren. Dafür sollte die neue Bundesregierung den Klima- und Umweltschutz zu ihrer zentralen Aufgabe machen und unter anderem den Ausbau erneuerbarer Energien stärken, schneller aus fossilen Energien aussteigen, klima- und umweltschädliche Subventionen abbauen und die Dekarbonisierung aller Sektoren forcieren.
Zum anderen zeigen die wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass Deutschland sich – neben der Verhinderung des Klimakrise – verstärkt auch der Anpassung an die Klimaveränderungen widmen muss. Denn die zunehmende Bodenversiegelung, Auenverluste und Flussbegradigungen tragen dazu bei, dass Regenwasser nicht versickern kann und Überschwemmungen extreme Folgen haben. Ökologische Lösungen können zum Hochwasserschutz beitragen und so Katastrophen wie die im Juli abschwächen. Dafür sollten beispielsweise natürliche Überflutungsflächen wie Auen zurückgewonnen, Gewässer renaturiert und die Versickerungsfähigkeit der Böden verbessert werden.
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