Die konsequente Bekämpfung der Erderhitzung ist die Aufgabe unserer Zeit. Deutschland wird seine Rolle als führende Wirtschaftsnation und Hochtechnologiestandort nur dann halten können, wenn die Energiewende und die damit einhergehende Transformation zu einer klimaneutralen und nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft zum Erfolg geführt werden.

Neben dem Ausstieg aus fossilen Energieträgern ist und bleibt der Ausbau der erneuerbaren Energien das Schlüsselelement einer erfolgreichen Transformationsstrategie zur Modernisierung, Dekarbonisierung und Umstellung auf eine vollständig regenerative Energieversorgung der Volkswirtschaft.

Gemeinsam mit dem Öko-Institut und Prognos haben wir erstmals den Flächenbedarf für eine auf Erneuerbaren basierende Stromversorgung in 2050 berechnet und haben zeitgleich analysiert, wo Wind- und Solaranlagen möglichst naturverträglich zugebaut werden können. Was bedeutet das für den Netzausbaubedarf und wie lassen sich die Menschen an der Transformation beteiligen?

In der Begleitstudie „Regionale Auswirkungen des Windenergieausbaus auf die Vogelwelt“ validieren Bosch & Partner die Untersuchung von Öko-Institut und Prognos zur Bestimmung der Flächeninanspruchnahme durch Onshore-Windenergie mittels eines Bottom-Up-Ansatzes hinsichtlich der komplexen Fragestellung der Betroffenheit ausgesuchter Vogelarten außerhalb von Schutzgebieten durch den Ausbau der Windenergie an Land.

Trotz des gewaltigen Handlungsdrucks gibt es durchaus vielfältige Handlungsoptionen beim Ausbau der erneuerbaren Energien, sei es im Wechselspiel mit den Aspekten Regionalisierung und Technologiemix der Erneuerbaren hinsichtlich Flächenverfügbarkeit oder der Ausgestaltung von Flexibilitätsoptionen und dem Ausbau der Stromnetzinfrastruktur.

Die wichtigsten Studienergebnisse

  • Eine massive Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus ist nötig, um den Kohleausstieg zu flankieren und die Klimaziele zu erreichen. Die Windenergie an Land bleibt das Zugpferd der Energiewende und wird um den Faktor 3 bis 4 gegenüber heute ausgebaut werden müssen. Die weitgehende Nutzung von gebäudeintegrierter (Aufdach-)PV-Stromerzeugung ist aus Sicht der effektiven Flächennutzung eine sinnvolle übergeordnete Strategie. Sie ist jedoch einerseits kapazitätsseitig begrenzt und wird bei maximalem Ausbau nur einen Beitrag von rund 23 Prozent der insgesamt notwendigen Regenerativstromerzeugung erbringen können.
  • Es sind ausreichend Flächen für die naturverträgliche Realisierung der erneuerbaren Energien vorhanden. Abhängig vom Technologiemix und der Regionalisierung nimmt der Ausbau der Windenergie an Land und der Photovoltaik im Durchschnitt bis zu 2,5 Prozent der Landesfläche in Anspruch.
  • In den untersuchten Landkreisen, in denen mit einem überdurchschnittlich hohen Ausbau der Windenergienutzung gerechnet wird, können entsprechende Flächen für diesen Ausbau vorgesehen werden, ohne sehr hohe Konfliktrisiken mit den Belangen des Naturschutzes hervorzurufen.
  • Insgesamt ist für den Netzausbaubedarf ein nur sehr nuancierter Unterschied der Ausbau- und Investitionsvolumina abhängig vom Technologiemix und Regionalisierung festzustellen. Hingegen sind ab Mitte der 2030er Jahre Pfadabhängigkeiten und unterschiedlich ausgeprägte Ausbaunotwendigkeiten für die Netzinfrastruktur abhängig von Technologiemix und Regionalisierung zu erwarten, die es frühzeitig zu berücksichtigen gilt.

Wir fordern:

  • den Ausbau der Erneuerbaren massiv zu beschleunigen und Sonderausschreibungen umsetzen
    Die jährlichen Mindestausbaumengen für Windenergie an Land und Photovoltaik müssen auf jeweils 2.500 MW (netto) erhöht und die im Koalitionsvertrag angekündigten Sonderausschreibungen unverzüglich umgesetzt werden.
     
  • Die Stärkung und gleichmäßige Verteilung der Windenergie an Land
    Bis 2050 muss die Windenergie an Land um den Faktor 3-4 gegenüber heute ausgebaut werden. Um eine möglichst gleichmäßige Regionalisierung des Erneuerbaren-Zubaus, insbesondere jedoch der Windenergie an Land zu ermöglichen, sollte der Zubau der Windenergie daher auch in Süddeutschland gefördert werden, beispielsweise über die Einführung einer Regionalquote (Südquote) im Ausschreibungsverfahren.
     
  • Die Stärkung der Photovoltaik und Batteriespeicher und Beseitigung regulatorischer Hemmnisse
    Damit die Energiewende in die Städte einziehen kann, fordert der WWF die Bundesregierung auf, Mieterstrommodelle zu stärken und die bestehende Ungleichbehandlung von erneuerbarem Eigenstromverbrauch und Mieterstromverbrauch aufzuheben. Ebenso gilt es, regulatorische Hemmnisse für den wirtschaftlichen Betrieb von Batteriespeichern zu beseitigen.
     
  • Weiterentwicklung räumlicher Planungsinstrumente
    Entwicklung und Stärkung koordinierender räumlicher Steuerungselemente und übergeordneter Abschätzungen von Flächenverfügbarkeiten auf Bundes- und Landesebene. Bestehende Instrumente und Praktiken für die naturverträgliche räumliche Steuerung des Ausbaus der Windenergie an Land müssen daher ergänzt werden, um Konflikte von vornherein zu reduzieren. Es sollte eine bundesweit einheitliche Praxis in der Ausweisung von Windeignungsgebieten Anwendung finden.
     
  • Bestehende räumliche Belastungen in die Genehmigungsplanung verbindlich einbeziehen
    Bestehende Belastungen der ökologischen Grundfunktionen von Landschaftsräumen müssen im Hinblick auf ihre kumulativen Wirkungen verbindlich in die Regionalplanung und Ausweisung von Windeignungsgebieten und die Genehmigungsverfahren der einzelnen Anlagen einbezogen werden. Es müssen daher rechtliche und planerische Instrumente entwickelt werden, um das kumulative Belastungslevel der Landschaftsräume und Möglichkeiten zur Reduzierung von Belastungen durch andere Flächennutzer in die Genehmigungsentscheidung für Windenergie- und PV-Anlagen einzubeziehen.
     
  • Belastbare Datengrundlagen zu flächenseitigen Restriktionen
    Der WWF fordert, dass der Bund eine robuste Datengrundlage für die Strategieentwicklung und die zugehörige Stromsystem- und Infrastrukturmodellierung schafft, die eine realistische und umfassende Berücksichtigung und Einordnung von Flächenrestriktionen erlaubt.
     
  • Bessere Einbindung der Bürger in Projektplanung und deren finanzielle Teilhabe
    Um ein hohes Maß an gesellschaftlicher Unterstützung für den Ausbau der erneuerbaren Energien, insbesondere der Windenergie zu erhalten, ist die frühzeitige und transparente Teilhabe der betroffenen Bürger vor Ort im Planungsprozess sowie deren angemessene finanzielle Beteiligung an der Wertschöpfung der Windenergieprojekte zu gewährleisten.
     
  • Beschleunigung des Netzausbaus und Abbildung des langfristigen Netzausbaubedarfs
    Das sogenannte „Startnetz“ und der Stromnetzausbaubedarf gemäß Netzentwicklungsplan 2030 sind unabhängig von Regionalisierung und Technologiemix der erneuerbaren Energien schnellstmöglich zu realisieren. Ab Mitte der 2030er Jahre ergeben sich für den Netzausbau Pfadabhängigkeiten gemäß der Regionalisierung der Erneuerbaren, die es frühzeitig adäquat und robust abzubilden gilt. Daher ist eine deutlich stärkere Spreizung der Szenarien zur Netzentwicklung, d.h. eine differenziertere Abbildung möglicher regionaler und technologischer Entwicklungspfade der regenerativen Erzeugung und Eigenverbrauchsanlagen vorzunehmen. Flächenrestriktionen müssen in künftige Modellierungen der Übertragungsnetzbetreiber einfließen. Der Szenariorahmen zur Netzentwicklung ist um mindestens zwei Langfristszenarien mit dem Zeithorizont 2050 zu erweitern.
  • Kohlekraftwerk in Weisweiler, Nordrhein-Westfalen © iStock / GettyImages Zukunft Stromsystem

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