Es ist, als ob ein ganzer Bergabschnitt in eine Autobahn verwandelt würde: Für den Bau einer Skipiste wird kilometerweise Wald gerodet, Bäume samt Wurzeln herausgerissen und Waldböden planiert. Manchmal müssen sogar Felsen gesprengt und Flüsse umgeleitet werden. Und bei der Piste bleibt es nicht. Auch Parkplätze, Hotelanlagen, Zubringerstraßen, Lifte und Gondeln brauchen ihren Platz. „Für Skigebiete und die dazugehörige Infrastruktur sind gigantische Flächen notwendig“, betont Martina von Münchhausen, Tourismus-Expertin beim WWF Deutschland
Planierraupen, entwurzelte Bäume und Tiere vor dem Erschöpfungstod: Skigebiete sind eine Katastrophe für die Umwelt. Die Folgen bedrohen nicht nur Tiere und Pflanzen, sondern auch uns Menschen. Welche Schäden richtet Wintersport an? Was kann man tun, wenn man trotzdem Skilaufen möchte? Gibt es nachhaltigen Skitourismus?
„Das bedeutet einen großen Einschnitt in das jeweilige Gebiet und die Zerstörung von Lebensräumen der dort beheimateten Tiere.“
Lawinen, Erdrutsche, Überschwemmungen
Durch das Planieren wird der Boden so verhärtet, dass er kein Wasser mehr aufsaugen kann. Das bedeutet nicht nur mehr Überschwemmungen. Fließt der Regen den Hang hinunter, nimmt er Erde mit sich. Erosion, Schlamm- und Gerölllawinen sind die Folge. Die Rodung der Wälder verstärkt diesen Effekt und vergrößert darüber hinaus die Lawinengefahr im Winter. Der WWF spricht sich klar gegen den Bau neuer Skipisten aus.
Schneekanonen trocknen die Alpen aus
Gerade in tiefer gelegenen Skigebieten fällt nicht immer genug Schnee, um Skitourist:innen während der gesamten Saison befahrbare Pisten zu bieten. Forscher:innen haben nun errechnet, für welche Skigebiete es wahrscheinlich besonders kritisch wird. Bei einer globalen Erwärmung von zwei Grad über dem vorindustriellen Niveau werde es bei etwa der Hälfte der Skigebiete in 28 europäischen Ländern ein sehr hohes Risiko für Schneemangel geben, prognostiziert das Expert:innen-Team im Fachjournal „Nature Climate Change“.
Daher werden die Pisten immer häufiger künstlich beschneit. „Fachleute rechnen damit, dass sich der Schneemangel durch den Klimawandel noch verstärken wird und in Zukunft mehr und mehr Skigebiete auf Schneekanonen angewiesen sind,“ sagt Martina von Münchhausen vom WWF.
Doch Schneekanonen verbrauchen viel Wasser und Energie. Für ihren Betrieb müssen in Reichweite der Pisten eigens Speicherseen angelegt werden. Pro Hektar wird bei der künstlichen Beschneiung jährlich etwa eine Million Liter Wasser verbraucht. Das entspricht dem Bedarf einer Großstadt wie Hamburg. In den Alpen führen einige Flüsse schon bis zu 70 Prozent weniger Wasser als vor Einführung der Schneekanonen.
Zudem kann auch Beschneiung nur bei ausreichend niedrigen Temperaturen erfolgen. Es gelte daher zu überdenken, ob es wirklich sinnvoll ist, die hohe Abhängigkeit vom Wintertourismus in bestimmten Regionen aufrechtzuerhalten, schreiben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um Samuel Morin vom Centre National de Recherches Météorologiques in Grenoble.
Wintersport, Wildtiere und Lebensräume
Wer abseits von Pisten und Loipen Ski fährt oder mit Schneeschuhen querfeldein wandert, dringt in die Lebensräume der Wildtiere ein. Das hat verheerende Folgen. „Die meisten Tiere verlangsamen im Winter ihren Stoffwechsel. Auch wenn sie keinen Winterschlaf halten, benötigen sie ein stressfreies Leben, um die kalte Jahreszeit mit weniger Futter ohne Schaden zu überstehen“, erklärt Martina von Münchhausen.
Die Skifahrer:innen und Schneewandernden bemerken die Tiere meist gar nicht – und versetzen sie unbewusst in Angst. Die Tiere flüchten und verlieren dabei Energiereserven. Es kommt zum Erschöpfungstod. Besonders betroffen sind Gämse, Steinböcke, Rehe, Rotwild, Schneehasen und viele Vogelarten.
Zudem ist Kunstschnee dichter als natürlicher Schnee. So gelangt weniger Sauerstoff an die Erde – ein Problem für die gesamte Vegetation unter der Schneedecke. Außerdem verursachen Schneekanonen ähnlich großen Lärm wie eine stark befahrene Straße. Da sie meist in den Abendstunden eingesetzt werden, können sie Wildtiere in ihren Ruhephasen stören.
Skifahren: Ein Desaster fürs Klima
Skifahrer:innen „leiden" an den Folgen des Klimawandels, ihnen bleibt der Schnee weg. Und doch verursachen sie ihn zu einem großen Teil mit. Ihr Sport hinterlässt einen riesigen Klima-Fußabdruck in den Bergen. Schneekanonen, Skilifte und Hotelanlagen sind wahre Energiefresser.
Das Hauptproblem aber ist die An- und Abreise der Skitourist:innen. „Die meisten kommen nur für wenige Tage, alle zu ähnlichen Zeiten und fast alle mit dem Auto“, sagt Martina von Münchhausen. Die Alpen beispielsweise werden im Winter von Autolawinen überrollt. Von 45 bis 50 Millionen Tourist:innen im Jahr kommen gerade einmal fünf Prozent mit der Bahn.
WWF-Tipps für möglichst nachhaltige Skiferien
Wirklich umweltfreundliches Skifahren gibt es nicht! Wer trotzdem nicht darauf verzichten möchte, sollte zumindest einige Regeln beachten, um die Umweltzerstörung durch den Wintersport zu verringern.
Es gibt Skigebiete, die einen umweltbewussten Urlaub möglich machen. Sie verzichten zum Beispiel auf künstlich präparierte Pisten, bieten eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel, nutzen regenerative Energien und lassen nur eine bestimmte Menge an Skifahrer:innen auf den Berg, um eine Überfüllung zu vermeiden. In den Alpen haben sich 28 Ferienorte zu den Alpine Pearls zusammengeschlossen – zu den „Perlen“ eines umweltfreundlichen Tourismus. Abseits dieser Gebiete kann man sich beispielsweise im Vorfeld bei Liftbetreibenden erkundigen, ob sie erneuerbare Energien nutzen.
Umweltfreundlich anreisenDie Anreise mit der Bahn ist umweltfreundlich und entlastet das sehr hohe Verkehrsaufkommen in den Bergregionen. Es ist außerdem ökologischer, eine ganze Woche am Stück in die Skiferien zu fahren als mehrmals für ein paar Tage.
Zertifizierte Unterkünfte wählenWie in allen anderen Reiseregionen gibt es auch in Skigebieten Hotels und Unterkünfte, die umweltschonende Maßnahmen ergreifen. Dazu gehören Energie- und Wassereinsparung, Abfallvermeidung und Ressourcenschonung. Die Unterkünfte lassen sich von unabhängigen Institutionen überprüfen und erhalten ein Siegel – zum Beispiel das Deutsche Zertifikat Viabono, das Österreichische Umweltzeichen, das Schweizer Label „ibex fairstay“(bisher bekannt als Steinbock-Label) oder die Blaue Schwalbe.
Auf den Pisten bleibenUm die Wildtiere nicht zu gefährden, sollte man keine Touren abseits von Pisten, Loipen und Wegen unternehmen.
Künstlich beschneite Gebiete meidenSchneekanonen rechts und links der Pisten machen diese Gebiete klar erkennbar.
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