Der steigende Wohnraumbedarf, insbesondere in Ballungsräumen, erhöht den Flächendruck zusätzlich. Denn Wohnungen werden immer größer: zwischen 1991 und 2022 stieg die durchschnittliche Wohnfläche pro Kopf in Deutschland von 34,9 auf mehr als 47 m², wobei diese Fläche ungleich verteilt ist. Eine bedarfsgerechtere Nutzung des vorhandenen Wohnraums könnte den energie- und ressourcenintensive Neubaubedarf reduzieren. Ein Instrument zur effizienteren Wohnflächennutzung ist der Mietwohnungstausch.
Der Gebäudesektor spielt aufgrund seines hohen Ressourcen-, Flächen- und Energieverbrauchs sowie des Abfallaufkommens eine entscheidende Rolle im Klima- und Ressourcenschutz. Der hohe Ressourcenverbrauch der Branche führt deutschland- und weltweit zu Eingriffen in die letzten natürlichen Ökosysteme, da die Ressourcen begrenzt sind und die Nachfrage stetig steigt.
Was ist Mietwohnungstausch?
Bei Mietwohnungstauschen tauschen Privatpersonen ihre Mietwohnungen, sodass beide Haushalte in einer für ihre Lebenssituation passenderen Wohnung leben können. Hierbei handelt es sich um ein freiwilliges Angebot für Menschen, die mit ihrer aktuellen Wohnsituation unzufrieden sind oder deren Wohnung sich nicht mehr für ihre Lebensumstände eignet. So kann der Mietwohnungstausch eine Lösung für Menschen bieten, die nach einer größeren, kleineren, barriereärmeren oder in einem anderen Stadtteil oder Region gelegenen Wohnung suchen.
Potenzial und Chancen des Mietwohnungstauschs
Mietwohnungstausch adressiert ein zentrales Problem im aktuellen Wohnungsmarkt: Durch den starken Anstieg der Mieten ist der Umzug in eine neue Wohnung zunehmend unattraktiver, da neue Mietverträge meist deutlich höhere Quadratmeterpreise haben als Altverträge. Dies führt zu einem Lock-In-Effekt: Mieter:innen bleiben in ihren alten, zum Teil zu großen, Wohnungen mit günstiger Miete, obwohl sie gegebenenfalls eine kleinere Wohnung als bedarfsgerechter empfinden und gerne umziehen würden. Gleichzeitig verbleiben Haushalte oft in überbelegten Wohnungen, weil Alternativen zu teuer sind oder nicht angeboten werden.
Deutschlandweit lebten im Jahr 2021 etwa 8,6 Millionen Menschen in überbelegten Wohnungen, während es rund 4 Millionen Singlehaushalte mit mehr als 80 m² gab. 4,8 Millionen Menschen haben zu zweit mehr als 100 m². Diese stillen Wohnraumreserven bergen großes Potenzial. Laut dem Ökonomen und Wohnraumexperten Dr. Daniel Fuhrhop würde es reichen, dass 10 Prozent der auf großer Fläche wohnenden Menschen sich verkleinern würden, um Platz für zwei Millionen Menschen zu schaffen.
Studien und Umfragen zeigen, dass viele Menschen bereit wären, sich wohntechnisch zu verkleinern. So gaben in einer im August 2024 vom Meinungsforschungsinstitut GfK im Auftrag des WWF Deutschland durchgeführten Umfrage 27,4 Prozent aller tauschbereiten Mieter:innen an, ihre Wohnfläche bei einem Tausch reduzieren zu wollen. Grundsätzlich zeigten sich etwa zwei Drittel der Befragten bereit, ihre Mietwohnung oder ihr Miethaus gegen ein passendes Pendant zu tauschen.
WWF-Umfrage zur Tauschbereitschaft der Mieter:innen
Ökologisch, sozial und ökonomisch lohnt sich jeder Wohnungstausch, der den Neubaubedarf reduziert. Jeder Quadratmeter Neubau verursacht 500 bis 800 Kilogramm CO2 und kostet in Großstädten rund 5.000 €. Wenn mehr Menschen ihre Wohnungen so tauschen könnten, dass diese besser ihren Bedürfnissen entsprechen, müssten weniger (große) Wohnungen neu gebaut werden. Dies würde signifikante Mengen an Ressourcen und CO₂-Ausstößen einsparen. Kann bei einem Wohnungstausch die bestehende Miete übernommen werden, trägt dies zudem zur Entlastung des Wohnungsmarkts bei und sichert bezahlbaren Wohnraum.
Tauschprogramme in Deutschland
Obwohl ein allgemeines Tauschrecht fehlt, gibt es bereits einige private und kommunale Tauschbörsen in Deutschland. Eine der größten kommunalen Tauschbörsen befindet sich in Berlin und ist exklusiv für die Mieter:innen der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften zugänglich. In Potsdam lief von 2020 bis 2023 ein Modellversuch mit einem Vor-Ort-Büro für Wohnungstausche. Auch Städte wie beispielsweise München, Freiburg und Düsseldorf bieten entsprechende Plattformen an. Die größte private Plattform ist tauschwohnung.com. Allerdings sind die Tauschzahlen bei all diesen Programmen bislang gering.
Obwohl Wohnungstauschprogramme teilweise seit Jahren existieren, stehen sie vor zahlreichen politischen und gesellschaftlichen Hürden, die die geringe Anzahl erfolgreicher Tausche erklären. Zu den Herausforderungen gehören die Unbekanntheit des Formats und der daraus resultierende geringe Angebotspool, das Mismatch zwischen großen und kleinen Wohnungen, der hohe zeitliche und personelle Aufwand bei den Beratungsstellen, die Logistik der Umzüge und die Auflösung des Hausstandes sowie die enge emotionale Bindung vieler (älterer) Menschen an ihre Wohnung. Weitere Schwierigkeiten sind die höheren Mieten nach einem Umzug aufgrund neuer Mietverträge, fehlende (finanzielle) Anreize und insbesondere Unsicherheit durch die fehlende rechtliche Verankerung.
Das entscheidende Problem: In Deutschland gibt es kein Recht auf Mietwohnungstausch. Derzeit müssen bei einem Tauschwunsch beide Vermieter:innen und gegebenenfalls die Wohnungseigentümer:innen zustimmen. Bei Ablehnung dürfen die Mietenden ihre Wohnung nicht bei einer Tauschbörse anbieten. Selbst wenn die Vermieter:innen dem Tausch zustimmen, können sie die Mietkonditionen ändern, beispielsweise die Kaltmiete erhöhen, was Tausche deutlich unattraktiver macht.
Was die Politik jetzt tun muss
Der angespannte Wohnungsmarkt kann nicht allein durch Neubau gelöst werden. Um Mietwohnungstausch attraktiver zu machen, ist eine rechtliche Absicherung für die Tauschenden notwendig.
Der WWF Deutschland fordert, bis 2026 im BGB gesetzliche Rahmenbedingungen für den Mietwohnungstausch in Deutschland einzuführen. Ein Tauschrecht schafft klare Orientierung, Planungssicherheit und geregelte Tauschvorgänge und trägt dazu bei, die Tauschzahlen von Mietwohnungen in Deutschland zu steigern. Im Folgenden legt der WWF Deutschland einen Gesetzesvorschlag zum Tauschrecht vor.
Um Tauschprogramme erfolgreich zu etablieren, sind neben einem rechtlichen Anspruch auch weitere staatliche Förderungen notwendig. So sollten Beratung, Kommunikation, Wissensaufbau, Kooperation unter Wohnungsanbietern sowie zwischen Bund, Ländern und Kommunen gestärkt werden. Um Tauschprogramme bereits in der Entstehung zu unterstützen und stetig zu verbessern, müssen Best Practices und Empfehlungen aus existierenden Tauschprojekten gesammelt und veröffentlicht werden.
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