Die Wirkung der „Shock Issue“ blieb nicht aus: Innerhalb einer Woche spendeten die Briten unglaubliche 60.000 Pfund (circa 350.000 Euro) an den WWF, der erst vier Wochen zuvor unter dem Namen „World Wildlife Fund“ als internationale „Charity“-Organisation in der Schweiz gegründet worden war.
Von der Rettung der Nashörner zur Zukunftsvorsorge für einen lebendigen Planeten: Seit der Gründung 1961 hat der WWF seine Mission konsequent erweitert. Mit seiner Hilfe entstanden bis heute rund zehn Millionen Quadratkilometer Schutzgebiete weltweit – eine Fläche größer als Kanada oder China.
Die Gründerjahre
Der Daily Mirror erschreckte am 9. Oktober 1961 mit einer „Schockausgabe“ die britische Öffentlichkeit. „Die Dummheit, Habgier und Ignoranz der Menschen“, so schrieb die Zeitung auf der Titelseite, seien dafür verantwortlich, dass Nashörner, Antilopen oder Galapagos-Schildkröten dazu verdammt seien, von der Erde zu verschwinden. Falls sich die Menschen nicht schleunigst änderten, drohe vielen Tieren das gleiche tragische Schicksal wie „Dodo“, dem legendären Riesenvogel, der im Jahr 1690 ausgerottet wurde.
Weltweit für bedrohte Tiere Geld zu sammeln und mutige Naturschützer in die „Gefahrenzonen der Erde“ zu entsenden, das war das Ziel der Gründerväter, bestehend aus 16 Wissenschaftlern, Geschäftsleuten und Politikern. Ihre Vision: Eine „Einsatzzentrale“ zu erschaffen, um der Umweltzerstörung Einhalt zu gebieten.
Aus der noblen Absicht wurde eine Erfolgsgeschichte. In den ersten drei Jahren sammelte der WWF weltweit fast 1,9 Millionen US-Dollar (rund 3,9 Millionen Euro).
Das Geld wurde unmittelbar an andere Organisationen weitergeleitet. Von dieser Finanzspritze profitierten unter anderem die Weltnaturschutzunion IUCN oder die „Charles Darwin Foundation“ auf den Galapagos-Inseln.
Vom Feuerwehreinsatz zur Politik
Bereits zwei Jahre nach der Gründung des WWF etablierten sich rund um den Globus nationale Sektionen. Der WWF Deutschland gründete sich 1963. Mit den ersten 85.000 DM leisteten die Umweltschützer der ersten Stunde vor allem Soforthilfe in Notfällen. Die WWF-Mitarbeiter:innen engagierten sich ehrenamtlich für die Rettung nordeuropäischer Greifvögel, für den Schutz des Neusiedler Sees in Österreich oder für die Serengeti in Ostafrika, die durch Bernhard Grzimek große Berühmtheit erlangt hatte. Der WWF kämpfte für die Java-Nashörner im indonesischen Schutzgebiet Udjong Kulon, für Affenadler auf den Philippinen und Vicuñas in den südamerikanischen Hochanden. Auch der Aufbau der Wildhüterschule Garoua in Kamerun wurde finanziert, um Naturschutz langfristig zu sichern.
Im Mündungsbereich des Guadalquivir in Andalusien verhinderte der WWF, dass die spanische Regierung das Feuchtgebiet trocken legte. Es entstand der Coto Doñana-Nationalpark als letzte Zuflucht des Iberischen Luchses und des Spanischen Kaiseradlers. In Deutschland wiederum half der WWF ab 1968, die letzten Seeadler vor dem Aussterben zu bewahren.
Der WWF konzentrierte sich auf „Feuerwehreinsätze“ zum Artenschutz und die Ausweisung von Schutzgebieten. Erst in den siebziger Jahren begann eine zielgerichtete Projektplanung mit Umweltbildung und politischer Lobbyarbeit. Zum Beispiel in Indien: 1973 startete der WWF zusammen mit der dortigen Regierung unter Staatschefin Indira Gandhi das erste große Tigerschutzprojekt mit einem sechs Jahre dauernden Schutzprogramm und der Einrichtung von neun Tigerschutzgebieten.
- WWF-Erfolge
- Geschichte des WWF Teil 2: "Naturschutz braucht Geld"
- Geschichte des WWF Teil 3: "Von Großwalen zum großen Ganzen"