Banken nehmen hier eine entscheidende Rolle ein. Sie sind die Befähiger für die Transformation des Gebäudesektors. Das erforderliche Kapital für Hauseigentümer:innen stellen sie zur Verfügung – über neue und transformative Finanzierungsinstrumente. Davon gibt es bereits einige, die noch viel zu unbekannt und weit davon entfernt sind Marktstandard zu sein.
Die Bundesregierung möchte bis 2045 Treibhausgasneutralität in Deutschland erreichen. Dafür müssen die Emissionen in allen Wirtschaftssektoren massiv sinken. Um diese im Gebäudebereich zu reduzieren, sind umfassende Sanierungen für die meisten Häuser notwendig.
Schlafender Riese – der Gebäudesektor
Zu den emissionsintensivsten Sektoren gehört der Gebäudebereich. Er ist in Deutschland für ein Drittel der gesamten CO2-Emissionen verantwortlich. Hierzu zählen direkte Emissionen, die bei der Wärmeversorgung der Gebäude entstehen (z. B. über Öl- und Gasheizungen) und indirekte Emissionen, die vorgelagert (z. B. bei der Produktion von Baustoffen) verursacht werden. Der Anteil Gesamtemissionen, die für den Bau der Gebäude entstehen, beträgt bis zu 40 Prozent. Zudem ist der Gebäudesektor für die Hälfte des Abfallaufkommens in Deutschland verantwortlich.
Ihre gesetzten Klimaziele für den Gebäudesektor verfehlt die Bundesregierung regelmäßig. Ursache dafür ist der schlechte Zustand der meisten Gebäude. Rund 70 Prozent der Gebäude in Deutschland wurden vor der ersten Energieeinsparungsverordnung errichtet. Damals gab es noch keine Regelungen und Mindeststandards zum energetischen Zustand. Deshalb werden heute noch rund 75 Prozent der bereitgestellten Wärme über fossile Energieträger, also Öl und Gas, produziert.
Es gibt zwei Hebel, um das nachhaltige Niveau der Gebäude zu verbessern. Zum einen muss die Dekarbonisierung der Gebäude vorangetrieben werden, also der Einsatz von emissionsfreier Gebäudetechnik wie Wärmepumpe oder Fernwärme. Zum anderen muss die Energieeffizienz der Gebäude erhöht werden, durch Sanierungsmaßnahmen wie beispielsweise die Dämmung der Gebäudehülle. Diese transformativen Verbesserungsmaßnamen werden noch viel zu selten durchgeführt. Die Sanierungsquote liegt bei nur einem Prozent. Bis 2030 soll sie auf mindestens 2,5 Prozent steigen, bis 2050 auf vier Prozent.
Unterschiedliche Gründe sorgen für die geringen Fortschritte bei der Transformation. Das Feld der Gebäudesanierung ist sehr komplex. Viele Faktoren spielen eine Rolle, wie zum Beispiel Preisentwicklung bei Baustoffen und Handwerksleistungen, Zinsniveau, Energiepreisentwicklung und ordnungspolitische Maßnahmen. Dazu kommt: Die Anzahl an Akteur:innen, die an Sanierungmaßnahmen beteiligt sind, ist groß: etwa Eigentümer:innen, Nutzer:innen, Hausverwaltungen, kommunale Akteure, Energieberater:innen, Handwerk:innen und Finanzdienstleister.
Als ein weiterer Grund für die geringen Fortschritte werden die hohen Kosten für großflächige Sanierungen gesehen, obwohl die Förderlandschaft (z. B. Förderung über die staatliche KfW-Bank) einige Anreize für Sanierungsmaßnahmen schafft. Weil die Amortisierungszeit bei großflächigen Maßnahmen aber lang sein kann, werden die wirtschaftlichen Vorteile (geringere Betriebskosten bei hohen Energiepreise und steigendendem CO2-Preis) oft nicht angemessen von den Hauseigentümer:innen bewertet.
Massive Investitionsbedarfe für die Sanierungsoffensive
Die Kosten für eine Sanierungsmaßnahme können für Eigentümer:innen sehr unterschiedlich ausfallen und müssen von Energieberater:innen geschätzt werden. Jedes Haus ist unterschiedlich, jedoch gilt die einfache Regel: Je schlechter das energetische Ausgangsniveau ist, desto höher das Energieeinsparpotenzial. Die durchschnittlichen Kosten liegen bei etwa 1.200 Euro je Quadratmeter für einen Altbau. Typische Maßnahmen sind der Einbau einer Wärmepumpe oder Energieeffizienzmaßnahmen wie die Dämmung der Gebäudehülle, der Geschossdenken, der Einbau neuer Fenster und Türen oder auch regenerative Energieversorgung durch Solarpanele.
Die KfW-Bank hat berechnet: Unterm Strich müssen Hauseigentümer:innen in Deutschland auf 636 Milliarden Euro investieren, um Klimaneutralität im Gebäudesektor zu erreichen. Finanziell können das die meisten Haushalte nicht aus eigenen Mitteln stemmen.
Banken sind Transformationslotsen
Hier kommen die Banken ins Spiel. Sie sind die Befähiger und Koordinatoren für die Transformation, um die Sanierungswelle anzuschieben. Diese Rolle ist so von der EU so gewollt. Die EU hat mit dem Green Deal die Rahmenbedingungen gesetzt. Dieser beinhaltet einen Wachstumsplan, der unter anderem Investitionen in umweltfreundliche Technologien, etwa Energieeffizienz bei Gebäuden, vorsieht. Als Hebel dafür sollen Finanzsektor und Banken ihre Kapitalflüsse hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft ausrichten, Transparenz und Nachhaltigkeit von Unternehmen fördern und Nachhaltigkeit in ihr Risikomanagement einbetten.
Dies zu tun, ist nicht nur eine Frage des guten Willens, sondern eng mit wirtschaftlichen Interessen der Banken gekoppelt. Denn die Geschäfte der Banken sind mit konkreten umweltbezogenen Risiken verbunden. Banken sind zum einen physischen Risiken auf Grund von Extremwetterereignissen (Überflutungen oder Stürmen) ausgesetzt, zum anderen transitorischen Risiken (z.B. Gesetze zur Verschärfung von Umweltauflagen). Beides erhöht das Risiko für Kreditausfälle und führt zu Werteverlusten bei Immobilien, die als Sicherheiten der Banken für ihr Kreditgeschäft dienen. Zudem kann eine Bank Image- und Reputationsschäden erleiden, wenn sie keine glaubwürdigen Umweltstrategien etabliert.
Das Interesse jeder Banken muss es sein, die Finanzierung der Sanierungswelle durch passende Finanzierungsprodukte zu ermöglichen. Folgende Produkte werden gegenwärtig diskutiert und werden von einigen Banken bereits angeboten. Dabei ist es wichtig zu betonen, dass die Zugänglichkeit zu diesen Finanzierungen nicht für alle Einkommensschichten gewährleistet ist. Hierfür müssen weitere Instrumente entwickelt werden, um auch Geringverdienern einen Zugang zu Sanierungsfinanzierungen zu ermöglichen. Diese sind am stärksten von Energiearmut in Folge von ausbleibenden Sanierungsmaßnahmen betroffen und wohnen besonders häufig in nicht-sanierten Gebäuden.
Finanzierunginstrumente für die Sanierungswelle
Investitionen in den Klimaschutz werden aktuell besonders über Förderkredite angereizt. Dies ist jedoch nicht ausreichend. Es werden zusätzliche Finanzierungsinstrumente benötigt, die eine Reduktion der CO2-Emissionen bei Gebäuden ermöglichen. Die Verbreitung und Einsatz dieser Instrumente sind bisher sehr unterschiedlich ausgeprägt:
Darunter fallen Darlehen/Kredite, deren Zweck eine positive Auswirkung auf Klima, Umwelt und Ressourcen ist. Im Gebäudebereich zum Beispiel die Verbesserung der Energieeffizienz.
Green BondsDas sind Anleihen mit einem ökologischen Verwendungszweck. Emittenten können somit Geld für Projekte, die an Nachhaltigkeitsziele geknüpft sind erhalten. Wohnungsunternehmen könnten zum Beispiel Gelder für Solarinstallationen oder großflächige Sanierungsmaßnahmen über das Instrument beschaffen.
ESG-linked Bonds/LoansNachhaltigkeitsbezogene Loans sind verknüpft mit festgelegten umweltbezogenen Kriterien. Dies können z. B. bestimmte Energiestandards sein, die durch Sanierungsmaßnahmen erreicht werden müssen. Das Erreichen dieser Maßnahmen wird durch externe Prüfer:innen validiert. Ein Anreiz in Form eines verringerten Zinssatzes ist mit der Erfüllung der Ziele verbunden. Analog dazu sind die Anleiheerlöse von ESG-linked Bonds an Nachhaltigkeitskriterien geknüpft.
Impact Loans/BondsSie sind ähnlich wie ESG-linked loans/bonds mit Belohnungen wie günstigen Kreditkonditionen (Beispiel: niedriger Zinssatz) für in der Regel kleineren und mittelständischen Unternehmen verbunden. Weiter verbreitet sind sogenannte SIBs (Social Impact Bonds). Die öffentliche Hand initiiert und leitet eine Partnerschaft unter Beteiligung unterschiedlicher Akteure. Es werden zu erreichende Ziele festgelegt, die mit messbaren Wirkungskriterien verknüpft sind. Erst wenn die Wirkung eintritt, werden öffentliche Mittel für beispielsweise großflächige Sanierungsvorhaben auf Quartiersebene oder der Ausbau von Fernwärmenetzen sein.
Grüne PfandbriefePfandbriefe sind festverzinsliche Schuldverschreibungen, die durch Hypotheken abgesichert sind. Darüber refinanzieren Banken Kredite, die zum Beispiel Sanierungsmaßnahmen finanzieren. Grüne Pfandbriefe sind an Nachhaltigkeitskriterien gekoppelt.
ContractingDarunter wird eine Kooperationsform mittels eines Contracting-Vertrages zwischen einem Contracting-Nehmenden (Auftrageber:in) und einem Contracting-Dienstleistenden verstanden. Die Dienstleistung kann die Bereitstellung unterschiedlicher Güter (Beispielsweise Wärmecontracting, Anlagencontracting, Energiecontracting u. s. w.) darstellen. Im Gebäudesektor kann die Kooperation so ausgestaltet sein, dass ein Gebäudeeigentümer einem Dienstleistenden Aufgaben zur Effizienzsteigerung übergibt. Zum Beispiel kümmert sich der Dienstleistende beim Energiesparcontracting (ESC) um die Finanzierung und Umsetzung von Energieeffienzmaßnahmen sowie die Wartung und effiziente Anlagenausführung. Ein Energieeinsparziel kann dem:der Gebäudeeigentümer:in im Rahmen der Vereinbarung garantiert werden. Der Preis für die Leistungen wird für einen bestimmten Zeitraum festgelegt.
Der Finanzsektor kann über diese Instrumente die Sanierungswelle vorantreiben. Manche Instrumente sind bereits erprobter, andere stecken noch in den Kinderschuhen. Deswegen heißt es jetzt diese Instrumente anwendungsfreundlich auszugestalten. Dafür müssen auch passende und klare politische Rahmenbedingungen gesetzt werden, um diesen entscheidenden Hebel zu nutzen und die Transformation auf Kurs zu bringen.
Weitere Informationen
- Sustainable Finance – die Schlüsselrolle des Finanzsektors