In diesem Diskussionspapier wird die Perspektive des WWF auf die Überarbeitung der Scope 3-Anforderungen durch die Science Based Targets Initiative (SBTi) dargelegt. Dabei wird die Notwendigkeit angesprochen, dass die SBTi die Zielsetzung vereinfacht und den Unternehmen mehr Möglichkeiten bietet, in die Emissionsreduzierung in ihren Wertschöpfungsketten zu investieren. Darüber hinaus erörtern wir die Notwendigkeit und Möglichkeiten, wie mehr Finanzierung in den Globalen Süden sowie in den Erhalt und die Wiederherstellung der Natur gelenkt werden können.

Die Emissionsminderung in der eigenen Wertschöpfungskette hat oberste Priorität.

Die Haltung des WWF ist eindeutig: Unternehmerischer Klimaschutz muss sich in erster Linie auf die Emissionsminderung innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette und die Transformation von Sektoren und Märkten konzentrieren. Die Mobilisierung von Unternehmensinvestitionen im eigenen Geschäftsbetrieb und innerhalb der eigenen Wertschöpfungskette ist deshalb am wirkungsvollsten, weil Unternehmen dort den größten Anreiz zum Handeln und den größten Einfluss haben, um die tiefgreifende Dekarbonisierung und systemische Markttransformation über Sektoren und Regionen hinweg voranzutreiben.

Investitionen in die Reduktion von Emissionen der eigenen Wertschöpfungskette sind nicht nur ein bewährtes und wirksames Mittel zur Minderung von Klimarisiken, sondern kanalisieren auch erhebliche Klimafinanzmittel in die Wertschöpfungsketten des globalen Südens und in breitere Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Natur. Rasche Emissionsminderungen in globalen Wertschöpfungsketten verringern die Klimarisiken für vulnerable Gemeinschaften und Länder erheblich und reduzieren folglich den Anpassungsbedarf sowie den Bedarf zum Ausgleich klimawandelbedingter Verluste und Schäden.

Viele der Investitionen, die Unternehmen in ihre Wertschöpfungsketten tätigen, um ihre Ziele zu erreichen, fließen über die Lieferketten multinationaler Unternehmen in den Globalen Süden. Der neue FLAG-Standard (Forst-, Landnutzungs- und Landwirtschaft) der SBTi stärkt genau dies: Er adressiert die direkten Ursachen für den dramatischen Naturverlust und wird über die Lieferketten der Unternehmen verstärkt Investitionen in nachhaltige Landwirtschaft, Naturschutz und Wiederherstellung beschleunigen – auch und gerade im globalen Süden.

Für die Herausforderungen mit Scope 3 gibt es verschiedene Lösungsansätze, nicht nur einen.

Während Unternehmen zweifelsfrei Fortschritte auf dem Weg zu Netto-Null-Emissionen machen, stehen sie bei der Festlegung und Umsetzung von wissenschaftlich fundierten Emissionsreduktionszielen für Scope 3 häufig vor Problemen. Viele davon sind auf die komplexe Lieferketten und begrenzte Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Lieferanten zurückzuführen.

Die Ankündigung des SBTi-Vorstands im April 2024, Unternehmen die Verwendung von Umweltzertifikaten (Environmental Attribute Certificates - EAC), einschließlich CO2-Zertifikaten aus dem freiwilligen Kohlenstoffmarkt, zur Erreichung ihrer Ziele zu gestatten, hilft Unternehmen nur bedingt bei der Lösung dieser Probleme. Vielmehr hat diese Ankündigung, entstanden in Missachtung der eigenen Standards zur Erarbeitung solcher Entscheidungen, der Glaubwürdigkeit der SBTi unnötig geschadet. Dies birgt die Gefahr, die wichtige Rolle, die die SBTi bei der Reduzierung unternehmerischer THG-Emissionen und der Finanzierung einer Netto-Null Transformation spielt, zu untergraben. Die SBTi muss wissenschaftlich fundiert arbeiten, einer guten Governance folgen und lösungsorientiert sein, um weiterhin ein glaubwürdiger Standard zur Organisation unternehmerischen Klimaschutzes in allen Sektoren und Regionen der Welt zu bleiben.

Um die Herausforderungen zu bewältigen, mit denen Unternehmen konfrontiert sind, sollte die SBTi die ganze Bandbreite von Optionen in Betracht ziehen, die die Durchführbarkeit und Wirksamkeit der Reduktion von THG-Emissionen verbessern. Hierzu zählen die Anpassung von Zielsetzungsmethoden, die Berücksichtigung einer breiteren Palette von Zielgrößen und -metriken, die Fokussierung auf die je Sektor wesentlichsten Emissionskategorien, die weitere Ausarbeitung und Anpassung sektorspezifischer Reduktionspfade, die allgemeine Verbesserung der operationalen Exzellenz der SBTi und auch die gezielte Nutzung von Marktmechanismen.

Der gezielte Einsatz von Marktmechanismen kann Teil der Lösung sein, Offsets sind es nicht.

Der WWF unterstützt den gezielten Einsatz einiger Marktmechanismen wie EACs und CO2-Zertifkate innerhalb der Wertschöpfungsketten von Unternehmen, solange die SBTi angemessene Schutzmaßnahmen zur Gewährleistung der Wirkung und transparenter Berichterstattung und Claims enthalten. Dazu zählen beispielsweise: Energie-EACs für Strom, wie Herkunftsnachweise für erneuerbare Energien; andere "Energieträger-EACs" für grünen Wasserstoff, grünes Gas oder Sustainable Aviation Fuel (SAF); "zertifizierte Rohstoffe/Güter-EACs" für Waren, die einen bestimmten Emissionsfaktor garantieren, wie für „grünen Stahl“; und Insets – also Marktmechanismen, einschließlich CO2-Zertifikaten und zertifizierten Waren, die für Aktivitäten innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens ausgestellt werden. All dies würde Unternehmen, die sich den Herausforderungen von Scope 3 stellen müssen, mehr Möglichkeiten bieten, ihre Ziele zu erreichen und gleichzeitig die Markttransformation ihrer Wertschöpfungsketten voranzutreiben.

Gleichzeitig lehnt der WWF die Nutzung von Offsets – CO2-Zertifikate, die für Aktivitäten außerhalb der Wertschöpfungskette von Unternehmen ausgestellt und zum Ausgleich von THG-Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette verwendet werden – zur Erreichung unternehmerischer Klimaziele ab. Offsets würden von genau jenen Bemühungen, Investitionen und Innovationen ablenken, die für die tiefgreifende Dekarbonisierung von Wertschöpfungsketten und den systemischen Wandel unbedingt erforderlich sind. Eine Ausnahme bleibt die Neutralisierung von Residualemissionen (d. h. von verbleibenden Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette eines Unternehmens, die mit den vorhandenen Technologien am Ende kaum zu reduzieren sind). Der WWF spricht sich auch dann gegen die Nutzung von Offsets aus, wenn sie zur kompensatorischen Rechtfertigung von Klimaneutralität oder Netto-Null-Claims verwendet werden, wenn Unternehmen vom erforderlichen Reduktionskurs abkommen oder ihre Ziele verfehlen.

Klimafinanzierung jenseits der Wertschöpfungskette sollte ergänzend geleistet werden, nicht als Ersatz für die Emissionsminderung.

Um jedoch zusätzliche Finanzmittel in den Globalen Süden und in den Schutz und die Wiederherstellung der Natur zu leiten, wäre es nach Ansicht des WWF wichtig, einen qualitativ hochwertigen und glaubwürdigen freiwilligen Kohlenstoffmarkt zu schaffen, über den Unternehmen zusätzliche Investitionen jenseits ihrer Wertschöpfungskette (Beyond Value Chain Mitigation – BVCM) tätigen und etwaige Restemissionen neutralisieren können. Der WWF unterstützt es, wenn Unternehmen bereits heute in CO2-Senken investieren, um morgen die Neutralisierung von Restemissionen zu ermöglichen, solange dies keine Maßnahmen zur Reduzierung von Emissionen innerhalb der Wertschöpfungskette ersetzt. Bei der zusätzlichen Finanzierung von Klimaschutz jenseits ihrer Wertschöpfungsketten (BVCM) ermutigt der WWF die Unternehmen darüber hinaus, verschiedene Arten von Klimaschutzprojekten zu finanzieren, einschließlich naturbasierter Lösungen, und für jedes dieser Projekte das geeignete Finanzierungsinstrument zu identifizieren; solche Finanzierung sollte sich nicht ausschließlich auf CO2-Zertifikate als Finanzierungsinstrument zu stützen.

Weil die Industrieländer dem Globalen Süden bislang nicht die benötigten öffentlichen Mittel zur Verfügung stellen, die für Klimaschutz und -anpassung nötig wären, werden Stimmen lauter, die diese Finanzierung von Unternehmen einfordern und vorschlagen, sie über Offsets bereit zu stellen. Der WWF erkennt die Verantwortung und zentrale Rolle von Unternehmen durchaus an. Aber ihre Priorität muss auf die Finanzierung der Emissionsreduktion in der eigenen Wertschöpfungskette liegen. Dies ist der effektivere Weg, um die Klimafinanzierung von Unternehmen zu mobilisieren, den Globalen Süden zu unterstützen und letztlich die Klimakrise zu bewältigen.

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