Berlin, 08.01.2025: Der standardmäßige Einbau von Solaranlagen auf Wohn- und Bürogebäuden ist verfassungsrechtlich sicher und kann zeitnah umgesetzt werden. Das zeigt ein neues Gutachten der renommierten Rechtsanwaltskanzlei Günther im Auftrag des WWF zur bundesweiten Einführung eines Solarstandards. Das Gutachten betrachtet, wie die Vorgaben aus der europäischen Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD) in Deutschland so umgesetzt werden können, dass große Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren erzielt und gleichzeitig die Rolle des Gebäudesektors für den Klimaschutz gestärkt werden. Dazu müssen laut WWF sowohl beim Neubau wie auch schrittweise bei Bestandsgebäuden die enormen Flächenpotenziale für saubere Sonnenenergie endlich genutzt werden. Das Gutachten enthält einen fertig vorformulierten Gesetzestext als Vorschlag für den nächsten Bundestag.
„Unsere Häuser bilden das Fundament für guten Klimaschutz. Sie klimafit zu machen, hat immense Vorteile: So kurbeln wir unsere Wirtschaft an, sparen langfristig Geld und verbessern unsere Wohnbedingungen und damit auch unser Wohlbefinden. Ein klimaneutraler Gebäudebestand trägt maßgeblich zur Begrenzung der Erderhitzung bei – mit all ihren verheerenden Folgen am Ende auch für unsere Häuser, wenn wir nur einmal an Überflutungsrisiken denken“, sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland. „Ein umfassender Solarstandard trägt dazu bei, unsere Klimaziele zu erreichen und unseren Gebäudebestand endlich zukunftsfähig zu machen.“
Die europäische Gebäuderichtlinie EPBD bietet eine gute Grundlage, um den Solarausbau voranzutreiben, ist jedoch teils unnötig kompliziert. Das WWF-Gutachten zeigt die Möglichkeit einer effizienten Umsetzung auf, für Neubauten genauso wie für Bestandsgebäude – insbesondere, wenn diese ohnehin einer grundlegenden Renovierung unterzogen werden. In dem Gesetzesvorschlag sind praxistaugliche Übergangsfristen vorgesehen, außerdem Ausnahmemöglichkeiten und Härtefallregelungen. Ungeeignete Dachflächen oder Gebäude wären vom Solarstandard ausgenommen. Wichtig ist in jedem Fall, dass die öffentliche Hand ambitioniert voran geht. Ziel ist hier, dass Bundes- und Landesliegenschaften mit Solaranlagen ausgestattet werden. „Für die Umsetzung ist es zentral, den Solarstandard sowie Sanierungsmaßnahmen generell mit den richtigen Förderinstrumenten zu begleiten, damit alle Menschen davon profitieren und Teil der Energiewende werden können. Deshalb sollte die Bundesregierung zusätzliche Finanzierungsinstrumente bereitstellen“, so Raddatz.
Die zentralen Punkte des Gutachtens sind:
- Nichtwohngebäude: Umsetzung des Standards bei Neubauten ab 2026 zu mind. 80 Prozent der Bruttodachfläche
- Wohngebäude: Umsetzung bei Neubauten ab 2027 zu mind. 70 Prozent der Bruttodachfläche sowie bei größeren Sanierungsarbeiten auch in Bestandsgebäuden
- Klare Definition von Ausnahme- und Härtefallregelungen etwa bei Unwirtschaftlichkeit oder technischen Hürden
- Regelungen auch für große versiegelte Parkplatzflächen
- Bundesländer können weitergehende Regelungen treffen
- Solar heißt Photovoltaik und Solarthermie
„Der Solarstandard ist ein essenzielles Instrument für den Klimaschutz und sollte in Deutschland daher breiter Anwendung finden auch über die Umsetzung der EPBD hinaus“, fordert Raddatz. „Photovoltaik zahlt sich auf gleich mehreren Ebenen aus: Hausbesitzer:innen sparen Energiekosten und in Kombination mit einem Heizungswechsel wird die Energieversorgung von fossilen auf erneuerbare Energien umgestellt, was nicht nur die Abhängigkeit von Gas oder Öl reduziert, sondern auch CO2 einspart und somit die Klimakrise eindämmt. Außerdem steigt der Immobilienwert. Auch die Natur wird durch den Solarstandard entlastet, wenn vorhandene Flächen in unseren Städten und Dörfern genutzt werden. Zeit, dass auch Städte viel aktiver an der Energiewende teilnehmen.“
Hintergrund:
Laut der europäischen Gebäuderichtlinie EPBD soll der Solarstandard für Wohngebäude im Neubau ab 2030 greifen, für den Bestand ist kein allgemeiner Standard vorgesehen. Für Nichtwohngebäude soll ein Solarstandard je nach Größe schon einige Jahre eher greifen: im Neubau ab 250 Quadratmeter ab 2027, im Bestand ab 500 Quadratmetern ab 2028, allerdings nur anlässlich größerer Renovierungen. Für öffentliche Gebäude soll der Solarstandard sowohl im Neubau als auch im Bestand greifen, je nach Voraussetzung zwischen 2027 bis 2031.