Berlin, 22.8.2022 – Es gibt wieder mehr Tiger. Die Zahl der frei lebenden Tiere stieg in den vergangenen zehn Jahren, z.B. in Indien, Nepal und Russland, wieder deutlich an. Doch ihre Heimat schrumpft weiter. „In vielen der aktuellen Schutzgebiete ist die Zahl der Tiere ausgereizt. Nahrung und Reviergröße stoßen an Grenzen,“ berichtet Markus Radday vom WWF. Die Erholung der Bestände hänge deshalb stark mit dem zur Verfügung stehenden Lebensraum zusammen. Und hier sei noch viel Luft nach oben. Der WWF legte jetzt eine aktuelle Analyse zu potenziellen Lebensräumen für die größte Katze der Welt vor. Demnach kommen 1, 7 Millionen Quadratkilometer, verteilt auf 15 Staaten, in Frage. Eine solche Fläche wäre etwa halb so groß wie Indien und käme etwa einer Verdoppelung der aktuellen Tigergebiete gleich.
„Das Verbreitungsgebiet des Tigers ist in den vergangenen 100 Jahren um 95 Prozent geschrumpft. Aber dieser Trend lässt sich umkehren“, so Markus Radday. Der WWF-Bericht „Restoring Asia's Roar: Opportunities for tiger recovery across their historic range" zeigt, dass das Potenzial geeigneter Lebensräume durchaus vorhanden ist. Wichtigste Aufgabe werde es sein, bestehende Areale miteinander zu vernetzen. In vielen Fällen könnten sich die Tiere über natürliche Wanderungen verbreiten. Ihr Comeback könne aber nur funktionieren, wenn die lokalen Gemeinschaften eingebunden werden, die Ausbreitung unterstützen und vom Schutz der Natur profitieren.
„Damit das das Zusammenleben von Menschen und Wildtieren gelingt, müssen die lokalen Gemeinschaften frühzeitig als gleichberechtigte Partner bei der Ausweisung neuer Tigerareale einbezogen werden,“ hebt Radday hervor. Der Erhalt geeigneter Lebensräume käme nicht nur den Tigern zugute. Viele Regionen wie etwa der Kardamom-Regenwald im Südwesten Kambodschas gelten Schatzkammern der biologischen Vielfalt. Sie sind zudem wichtige Kohlenstoffsenken und tragen so zum Klimaschutz bei.
Der WWF sieht mittelfristig Chancen, die Tiger auch in Ländern wieder anzusiedeln, in denen sie ausgestorben sind. In Frage kommen Kambodscha, Kasachstan, Laos, Pakistan und Vietnam.