WWF-Report: Einnahmen aus Emissionshandel fließen oft am Klimaschutz vorbei

Berlin, 28.6.2021: Die EU-Mitgliedsstaaten haben in der Handelsperiode von 2013 bis 2019 mehr als die Hälfte der potenziellen Einkünfte aus dem Emissionshandel (ETS) durch die kostenlose Zuteilung von CO2-Zertifikaten an der Industrie verschenkt. Darüber hinaus wurden die Einnahmen noch nicht einmal in Gänze für die Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft verwendet. Das geht aus einem neuen WWF Report hervor, der erstmals die Einnahmen und verbundenen Ausgaben aus dem ETS analysiert hat. Demnach generierten die EU-Mitgliedstaaten in diesem Zeitraum 49 Milliarden Euro – weitere 54 Milliarden Euro hätten es sein können, würden Millionen Zertifikate nicht kostenlos verteilt. Von den 49 Milliarden Euro flossen 13,3 nicht unmittelbar in Klimaschutzmaßnahmen.

„Der Emissionshandel ist wie ein löchriger Schwimmreifen: Potenzielle Fördermittel für den sauberen Umbau unserer Wirtschaft entweichen in großen Mengen. Neben dem Ende kostenloser Zuteilung ist ungemein wichtig, dass die Einnahmen endlich vollständig in den Wandel hin zu einem klimafreundlichen Europa fließen”, sagt Viviane Raddatz, Leiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland. “Mit den 54 Milliarden Euro hätte man rund 7-mal das deutsche Klimaschutzsofortprogramm finanzieren können.”

Eigentlich ist der Emissionshandel das Rückgrat europäischer Klimaschutzpolitik in den Sektoren Strom und Industrie. Er umfasst 45 Prozent der europäischen Treibhausgasminderungen. Ohne umfassende Reform aber wird er nicht ausreichend Wirkung entfalten – auch, um einen Beitrag zum neuen EU-Klimaziel von 55 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2030 zu leisten. Die Kommission wird Mitte Juli als Teil des „Fit for 55“-Paket auch den ETS überarbeiten.

„Die Zeit kostenloser Zuteilung und der freiwilligen Klimaausgaben aus ETS-Einnahmen ist vorbei. Die EU kann sich nicht länger leisten, Geschenke an Verschmutzer zu verteilen und den Mitgliedsstaaten lediglich schwache Empfehlungen an die Hand zu geben, möglichst viel Geld in Klimaschutzmaßnahmen zu investieren. Der Pflicht zu 100 Prozent Klimaausgaben muss verbindlich werden und die Berichterstattung der Mitgliedsstaaten muss sich erheblich verbessern”, so Raddatz. Der WWF fordert zudem, den Überschuss an Zertifikaten zu beseitigen, den internationalen Flug- und Schiffsverkehr in den ETS mit einzubeziehen – aber keinesfalls die Sektoren Straßenverkehr und Gebäude. 

Weitere Informationen

  • Steinkohlekraftwerk in Deutschland © Ralph Frank / WWF WWF-Studie: Verwendung der Einnahmen aus dem EU-Emissionshandel seit 2013

    2021 ist der Preis für den Ausstoß einer Tonne CO2 im EU-Emissionshandel (EU-ETS) erstmals über die 50-Euro-Marke gestiegen – ein Jahr zuvor lag er meist noch um die 25 Euro. Weiterlesen...

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Lea Vranicar

Pressesprecherin, Berlin