Die Internationale Rote Liste der bedrohten Arten ist ein wichtiges Instrument, um den Zustand der Artenvielfalt auf der Erde zu erfassen und den Schutz gefährdeter Arten voranzutreiben. Herausgegeben wird die Rote Liste in regelmäßigen Abständen von der Weltnaturschutzunion IUCN. Für die Erstellung Roter Listen werten Expert:innen auf wissenschaftlichen Grundlagen alle relevanten und zugänglichen Daten aus. Die Darstellung in Gefährdungskategorien stellt die komprimierteste Form der naturwissenschaftlichen Analyse dar.

Die aktuellen Zahlen vom Oktober 2024

Am 28. Oktober 2024 hat die Weltnaturschutzunion (IUCN) die neueste Aktualisierung der IUCN Roten Liste der bedrohten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten vorgestellt. Insgesamt werden derzeit mehr als 166.000 Arten erfasst. Von diesen sind gut 46.300 Arten in Bedrohungskategorien eingestuft. Erstmals hat die IUCN auch global die Bäume untersucht. 38 Prozent der rund 47.000 untersuchten Baumarten sind demnach bedroht.

Nicht nur dem Westeuropäischen Igel geht es schlechter

Braunbrustigel im Garten © Ola Jennersten / WWF Schweden
Braunbrustigel im Garten © Ola Jennersten / WWF Schweden

Die Zahl der Westeuropäischen Igel, auch Braunbrustigel genannt, geht stark zurück und wird von der IUCN ab jetzt als „potenziell gefährdet“ eingestuft. In einigen Regionen wie Bayern und Flandern brachen die Populationen in den letzten Jahren um bis zu 50 Prozent ein.

Auch dem Westeuropäischen Igel wird die Zerstörung seines Lebensraums, insbesondere durch intensive Landwirtschaft und Stadtentwicklung, immer mehr zum Verhängnis. Hinzu kommen tödliche Unfälle auf Straßen. Da Igel meistens nur einmal im Jahr Nachwuchs bekommen, können sie die Verluste nicht ausgleichen. Wie auch Sie etwas zum Schutz des Igels beitragen können, zeigen unsere fünf umweltschonenden Tipps für Ihren Garten.

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Auch die seltenen Bantengs sind zunehmend bedroht

Bantengs im Wald © Fletcher and Baylis / WWF Kambodscha
Bantengs im Wald © Fletcher and Baylis / WWF Kambodscha

Das südostasiatische Dschungel-Rind Banteng (Bos javanicus) wird laut der IUCN ab sofort als „vom Aussterben bedroht” eingestuft. Um mehr als 80 Prozent ist ihr Bestand in den vergangenen 20 Jahren zurückgegangen. Schätzungsweise 3.300 Individuen gibt es noch.

Haupttreiber für diese Entwicklung sind wie so häufig die illegale Jagd und der Lebensraumverlust. Die aktuelle Rote Liste beweist jedoch auch, dass man mit intensiven Schutzbemühungen den Verlust einer Art stoppen kann. In Thailand konnte sich die Population der Bantengs, auch dank jahrzehntelanger Arbeit des WWF, erfreulicherweise erholen. Erst kürzlich hat der WWF einen Bericht veröffentlicht, der zeigt, wie wichtig Wildtiere für unser aller Lebensgrundlage sind. Auch die Bantengs erfüllen eine essenzielle Funktion in ihrem Ökosystem. Nicht nur als großer Pflanzenfresser, sondern auch als Beutetier für den ebenso bedrohten Tiger

„Der Erfolg der Schutzmaßnahmen in Thailand hat Leuchtturm-Charakter. Ziel muss es nun sein, in den kommenden Jahren die Bestände auch in den Nachbarländern zu stabilisieren. Nur dann kann sich die Population des Banteng insgesamt erholen, und der Gefährdungsstatus wieder verbessert werden.“

Markus Radday, Asien-Referent beim WWF Deutschland

Vergangene Veröffentlichungen der IUCN

Stand der Roten Liste vom Dezember 2023

Lachs in Aquakultur in Norwegen © Erling Svensen / WWF
Lachs in Aquakultur in Norwegen © Erling Svensen / WWF

Die auf der UN-Klimakonferenz COP28 in den Vereinigten Arabischen Emiraten veröffentlichte Rote Liste verdeutlichte einmal mehr, dass die Klima- und Biodiversitätskrise eine wachsende Zahl von Arten bedroht. Die darin aufgeführten Beispiele sind der Atlantische Lachs sowie die Grüne Meeresschildkröte. Neue Erkenntnisse zeigen, dass der weltweite Bestand des Atlantischen Lachs zwischen 2006 und 2020 um 23 Prozent zurückgegangen ist. Man findet ihn heute nur noch in kleinen Flussabschnitten in Nordeuropa und Nordamerika. Die Klimakrise bedroht den Atlantischen Lachs gleich mehrfach, denn er beeinflusst nicht nur die Entwicklung der Junglachse, sondern verringert auch die Verfügbarkeit von Beutetieren und ermöglicht es invasiven Arten, ihr Verbreitungsgebiet auszuweiten und somit den Atlantischen Lachs zu verdrängen. Doch nicht nur die Erderhitzung, sondern auch weitere Einflüsse des Menschen haben massive Auswirkungen. Dämme und andere Hindernisse versperren ihnen den Zugang zu Laich- und Futterplätzen. Wasserverschmutzung und Ablagerungen, primär verursacht durch Holzeinschlag und landwirtschaftliche Nutzflächen, führen zudem zu einer höheren Sterblichkeit der jungen Lachse.

Bei den Grünen Meeresschildkröten sind insbesondere die Populationen im zentralen Südpazifik und im Ostpazifik vom Aussterben bedroht, beziehungsweise gefährdet. Auch hierbei spielt die Erderhitzung eine zentrale Rolle, da hohe Temperaturen zu einem geringeren Schlupferfolg führen und der steigende Meeresspiegel die Nester zu überfluten. So drohen die Jungtiere zu ertrinken. Seegräser, von denen sich die Grünen Schildkröten ernähren, sind sehr anfällig für die Erwärmung der Ozeane und für Veränderungen der Meeresströmungen. Eine weitere Ursache für das Aussterben der Grünen Meeresschildkröten in diesen Regionen ist der Beifang sowohl in der industriellen als auch in der handwerklichen Fischerei.

Alarmierender Zustand der weltweiten Süßwasserfischarten

Europäischer Stör. Aufnahme aus einem Zoo-Aquarium © Diergaarde Blijdorp / WWF-Netherlands
Europäischer Stör. Aufnahme aus einem Zoo-Aquarium © Diergaarde Blijdorp / WWF-Netherlands

Süßwasserfische machen mehr als die Hälfte der weltweit bekannten Fischarten aus. Damit sind sie ein wesentlicher Bestandteil des Ökosystems und entscheidend für dessen Widerstandsfähigkeit. Von den 14.898 bewerteten Süßwasserfischarten sind jedoch 3.086 Arten vom Aussterben bedroht, was nahezu einem Viertel der bewerteten Arten entspricht. Mindestens 17 Prozent der bedrohten Süßwasserfischarten sind von der Klimakrise betroffen, unter anderem durch sinkende Wasserstände, den Anstieg des Meeresspiegels, der das Meerwasser in die Flüsse treibt, und die Verschiebung der Jahreszeiten. Weitere Bedrohungen sind Umweltverschmutzung (beeinträchtigt 57 Prozent der vom Aussterben bedrohten Süßwasserfischarten), Dämme und Wasserentnahme (beeinträchtigt 45 Prozent der bedrohten Arten), Überfischung (beeinträchtigt 25 Prozent der bedrohten Arten) sowie invasive Arten und Krankheiten (beeinträchtigt 33 Prozent der bedrohten Arten). schaden. 

Auch zum Schutz der Süßwasserfische fordert der WWF deshalb einen sofortigen Stopp für die Ausbaupläne an Ems, Weser und Oder. „Beim Schutz von Flüssen, Seen und Feuchtgebieten muss die Bundesregierung mehr Tempo machen. Vor allem braucht es in Deutschland Renaturierungen etwa von Mooren, Auwäldern und Flusslandschaften. Was wir stattdessen nicht brauchen, ist einen weiteren Ausbau von Flüssen, wie er etwa Oder, Ems oder Weser droht”, so Tobias Schäfer, Referent für Gewässerschutz beim WWF Deutschland.

Erfolge im Naturschutz: Säbelantilope und Saiga-Antilope

Oryx Antilope (Oryx dammah) © Martin Harvey / WWF
Oryx Antilope (Oryx dammah) © Martin Harvey / WWF

Es gibt allerdings auch Lichtblicke, wie diese zwei Beispiele zeigen: Die Säbelantilope (Oryx dammah) galt bisher als „in freier Wildbahn ausgestorben“. Doch dank eines Wiederansiedlungsprojekts im Tschad, findet man die Art nun auch wieder in freier Wildbahn. Ihr Status wurde von der IUCN nun als „vom Aussterben bedroht“ eingestuft. Einst war diese Antilope in der afrikanischen Sahelzone weit verbreitet, verschwand aber Ende der 1990er Jahre aus der Wildnis. Wilderei sowie extreme Dürreperioden führten zu ihrem Aussterben im zwanzigsten Jahrhundert.

Die Situation der in Kasachstan, der Mongolei, Russland und Usbekistan beheimateten Saiga-Antilopen hat sich zuletzt ebenfalls verbessert. In Kasachstan, wo 98 Prozent aller Saigas leben, ist der Bestand mittlerweile wieder auf mehr als 1,3 Millionen gestiegen. Saiga-Antilopen sind sehr anfällig für Krankheiten, weshalb die Art in den Jahren 2010, 2011, 2015 und 2016 von einem Massensterben betroffen war.

Diese positiven Beispiele dürfen jedoch nicht über die Gesamtsituation hinwegtäuschen. Der WWF fordert die Bundesregierung dazu auf, ihre bereits gemachten Versprechen zur Erhöhung der internationalen Biodiversitätsfinanzierung einzuhalten.

Unzählige Arten sterben jedes Jahr aus

Der Verlust der Artenvielfalt stellt heute eine der schlimmsten Katastrophen weltweit dar. Etwa zwei Millionen Tier- und Pflanzenarten sind bislang beschrieben worden. Doch acht Millionen Arten soll es auf der Erde geben, vielleicht auch mehr. Unzählige davon verschwinden jedes Jahr.

Neuste Erhebungen gehen davon aus, dass sich die Aussterberate durch menschliche Einflüsse mittlerweile um den Faktor 100 - 1.000 gegenüber der natürlichen Rate erhöht hat. Zu den weltweit wichtigsten Bedrohungsfaktoren für die Artenvielfalt zählen vor allem Lebensraumverlust und die massive Übernutzung der natürlichen Ressourcen wie etwa durch Überfischung oder auch Wilderei. Hinzu kommen Umweltverschmutzung, Klimakrise und die Verdrängung der heimischen Flora und Fauna durch invasive Arten.

Auch der Mensch ist dadurch bedroht

Das Aussterben einer Art ist unumkehrbar und schafft unkalkulierbare Risiken. Tiere und Pflanzen haben neben ihrem Eigenwert eine Funktion im Ökosystem. Gerät dieses durch Artensterben durcheinander, so wird dies auch Folgen für den Menschen haben. Nahrung, Wasser und Medizin hängen in weiten Teilen der Erde direkt von einem funktionierenden und gesunden Ökosystem mit einer hohen Artenvielfalt ab. Wird dieses Ökosystem durch Artenverlust zerstört, so gerät auch die Existenzgrundlage eines großen Teils der Weltbevölkerung unmittelbar in Gefahr.

So können Sie die Artenschutzarbeit des WWF unterstützen

Weitere Informationen und Downloads

  • Eisbär in der russischen Arktis © Tom Arnbom / WWF-Canon IUCN: Wie die Rote Liste funktioniert

    Wie gelangt eine Art auf die Rote Liste? Woher weiß man, wie bedroht eine Art wirklich ist? Und wer hält die Rote Liste immer aktuell? Weiterlesen...

  • Bengal-Tiger in der indischen Steppe © naturepl.com / Andy Rouse / WWF Artensterben

    Bereits im letzten Artenschutzbericht des Weltbiodiversitätsrats (IPBES) der UN zeichnete sich Dramatisches ab: Rund eine Million Arten könnten innerhalb der nächsten Jahrzehnte verschwinden, wenn sich der Zustand unserer Ökosysteme weiterhin verschlechtert. Weiterlesen...

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Tierarten aktiv schützen

    Immer mehr Tierarten sind durch menschliches Handeln vom Aussterben bedroht. Der WWF arbeitet daher daran, bedrohte Arten zu schützen. Weiterlesen...

  • Przewalski-Pferde © Hartmut Jungius / WWF-Canon Ein Lichtblick: Bis zu 48 Arten vor dem Aus bewahrt

    Seit 1993 sind laut einer Studie weltweit bis zu 32 Vogel- und 16 Säugetierarten vor dem Aussterben bewahrt worden. Weiterlesen...

  • Biene © Martin Dohrn / WWF UK Biodiversität - Bedeutung und Bedrohung

    In unserem kostenlosen Onlinekurs werfen wir einen genauen Blick auf diese Entwicklung: Was ist Biodiversität? Wie funktioniert sie und warum ist sie so wichtig für uns alle? Zum Kurs

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