Papier ist geduldig – der Koalitionsvertrag nicht

Berlin, 14.3.2025: Die Emissionszahlen für 2024 sind laut WWF deutliches Zeichen für mangelnden strukturellen Klimaschutz in Deutschland. Die Emissionsziele konnten zu großen Teilen aufgrund vorteilhafter Witterung und schwächelnder Wirtschaft erreicht werden, nicht aufgrund umfassend wirksamer Maßnahmen zur CO2-Reduzierung. Vor allem der Gebäude- und Verkehrssektor sind weiterhin nicht auf Zielkurs. Zu dem Bericht des Umweltbundesamts vom Freitag sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland:

„Die nächste Regierung muss Deutschland auf Klimakurs bringen. Stillstand oder sogar Rückschritte wiegen sowohl wirtschaftlich als auch sozial und gesundheitlich schwer. Die Faktenlage zeigt uns dreierlei eindeutig: Erstens, es wird immer heißer. 2024 war das wärmste Jahr seit Temperaturaufzeichnung. Zweitens: Solch ein Temperaturanstieg wirkt sich verheerend auf unsere Lebensgrundlagen aus. Drittens: Nichtstun ist deutlich teurer, als jetzt in den nachhaltigen Wandel zu investieren.

Wir brauchen guten Klimaschutz zum Bewahren von Stabilität, Sicherheit in Europa sowie einer starken Wirtschaft. Das müssen sich insbesondere die Verhandler:innen von Union und SPD klar machen, die voraussichtlich die nächste Regierung stellen werden und hier in der Verantwortung stehen. Im Sondierungspapier fand Klima- und Umweltschutz quasi nicht statt – hier braucht es deutliche Verbesserungen, denn Klimaschutz ist nicht ‚nice to have‘, er ist gesetzlich verbindlich. Während manch‘ ein Papier geduldig ist – der Koalitionsvertrag darf es nicht sein!

Insbesondere der Verkehrs- und Gebäudesektor sind mittlerweile zu Großbaustellen beim Klimaschutz geworden. Es drohen nicht nur milliardenschwere Strafzahlungen, wenn es hier nicht endlich voran geht: Wirksame Klimaschutzmaßnahmen in diesen Sektoren bieten enorme Chancen für eine bessere Lebensqualität der Menschen. Verkehrs- wie Wärmewende liegen in unser aller Interesse – eine Rolle rückwärts etwa beim Heizungsgesetz würde weder dem Klima noch den Verbraucher:innen und Unternehmen nützen, sondern nur Verunsicherung schüren.

Auch der Landnutzungssektor bereitet Sorgen: Die Auswirkungen der Klimakrise, mangelnder Naturschutz sowie unzureichende Wiederherstellung lassen ihn zusehends zur CO2-Quelle werden, anstatt CO2-Senke zu sein.

Langfristig ist Klimaneutralität bis 2045 immer noch nicht in Sicht. Auch in der kommenden Legislatur brauchen wir weitere wirkungsvolle Maßnahmen in allen Sektoren, um die Klimaschutzlücke zu schließen.“

 

Hintergrund

Jedes Jahr zum 15. März veröffentlicht das Umweltbundesamt die Emissionsdaten des Vorjahres. 2024 sind die Emissionen im Vergleich zum Vorjahr um 3,4 Prozent auf 649 Millionen Tonnen gesunken. Vor allem der Energiesektor bleibt das Zugpferd des Klimaschutzes in Deutschland – hier zeigt sich auch, dass Atomstrom nicht benötigt wird. Mit den bisherigen Klimaschutzmaßnahmen ist das 2040-Ziel und das Ziel, bis 2045 klimaneutral zu werden, nicht in Sicht.

Erst diese Woche hat eine neue Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) und der Universität Cambridge gezeigt, dass die globale Wirtschaftsleistung um 15 bis 34 Prozent sinken könnte, sollte die Erderhitzung bis 2100 auf 3 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit steigen. Aktuell liegt die Erderhitzung bei ca. 1,6 Grad Celsius. Wird aber im Sinne des Klimaschutzes gehandelt, könnte laut der Studie das Geld, das die Weltgemeinschaft in die Abmilderung der Erderhitzung steckt, das 5- bis 14-Fache an Ertrag bringen. Dafür müsse aber jetzt investiert werden.

Kontakt

Lea Vranicar

Pressesprecherin für Klimaschutz und Energiepolitik / Berlin