Zum Start der Hauptverhandlungen der Koalitionsgespräche am Freitag, bei denen die 19 Verhandler:innen die offenen Punkte der Arbeitsgruppen lösen wollen, erklärt Matthias Meißner, Politikchef beim WWF Deutschland:
„Wenn die Verhandelnden heute ihre finale Runde starten, steht viel auf dem Spiel. Die bisher bekannten Zwischenergebnisse deuten auf unzureichende Maßnahmen zum Schutz unserer Lebensgrundlagen hin. Die Koalitionsverhandlungen sollten die Realität anerkennen: Unsere Wirtschaft kann nur dann stark sein, wenn wir unsere Lebensgrundlagen schützen. Die Politik muss die wahren Kosten des Nichtstuns ernst nehmen – für mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Klimaschutz und mehr intakte Natur.
Wir appellieren an die 19 Verhandelnden der Hauptrunde: Treffen Sie mutige Entscheidungen für den Schutz unserer Lebensgrundlagen. Deutschland braucht jetzt einen verlässlichen Rahmen für die ökologische Transformation – mit konkreten Zielen, ausreichender Finanzierung und verbindlichen Standards. Statt Umweltstandards zu schleifen, gilt es sie zu stärken. Die deutsche Wirtschaft braucht klare Leitplanken für Investitionen in nachhaltige Technologien, nicht neue fossile Abhängigkeiten.
Beim Naturschutz ist etwa der Plan besorgniserregend, bei Energiewendeprojekten den Naturschutz-Ausgleich zu streichen. Klimaschutz und eine intakte Natur sind Grundlage für unser Leben und Deutschlands Stabilität. Beide müssen Hand in Hand gehen. Dazu kommen Angriffe auf das Verbandsklagerecht und das Umweltinformationsgesetz. Mit Sorge blicken wir auf Informationen, dass das Umweltministerium aufgelöst werden soll. Dies wäre ein Angriff auf den Umweltschutz in Deutschland.
Im Klimaschutz fehlt es an Technologieklarheit und wirksamen Ansätzen zur Erreichung der Klimaziele. Wer die Ziele bekräftigt, aber nicht sagen kann, wie sie erreicht werden sollen, spielt mit unserem Wohlergehen ebenso wie mit der eigenen Glaubwürdigkeit. Die gerade erst begonnene Wärmewende steht etwa durch das Abschaffen des Gebäudeenergiegesetzes auf dem Spiel, und damit Klimaschutz im Gebäudesektor. Statt klarer Standards droht ein Stärken von fossilen Abhängigkeiten und Herauszögern von dringend notwendigen Maßnahmen – mit dem Erhalt von Gasnetzen und vagen Formulierungen zur Technologieoffenheit beim Heizen.
Bei der Windenergie auf See gibt es keinerlei Erwähnung von naturverträglichem Ausbau. Mit den klima- und energiepolitischen Plänen wie dem Kohleausstieg 2038 bleibt die Koalition weit hinter dem zurück, was für das Einhalten unserer Klimaziele nötig wäre. Stattdessen liefert sie alte Rezepte wie CCS für Gaskraftwerke, mehr statt weniger fossiles Gas und die Nutzung von zweifelhaften Emissionsreduktionen aus dem Ausland.
Unter dem Deckmantel des Bürokratieabbaus sollen Lieferkettensorgfaltspflicht oder die Entwaldungsverordnung geschwächt werden. Gleichzeitig werden klimaschädliche Subventionen wie die Agrardiesel-Rückvergütung nicht etwa abgebaut, sondern sogar wieder ausgeweitet. Und die Maut-Einnahmen, die bisher in den Klimaschutz flossen, sollen künftig der Autobahn GmbH zufließen. So lässt sich die dringend notwendige Transformation nicht finanzieren.“