Geisternetze treiben als Plastikmüll im Ozean und sind eine Gefahr für Meereslebewesen. Jedes Jahr landen schätzungsweise knapp 50.000 Tonnen verloren gegangener Fischernetze in den Ozeanen. Der WWF Deutschland weitet seine Suche nach Geisternetzen aus und hat gemeinsam mit Accenture und Microsoft eine Initiative ins Leben gerufen, um dieser Bedrohung mit neuer Effizienz zu begegnen: die KI-gestützte Plattform GhostNetZero.ai Mithilfe einer KI werden hochauflösende Sonardaten von Meeresboden automatisch ausgewertet und Stellen markiert, an denen sich vermutlich Geisternetze befinden.
Der Einsatz der von Microsoft entwickelten KI ermöglicht es, vorhandene Sonaraufnahmen, die weltweit etwa zur Sicherung des Schiffsverkehrs oder zur Erkundung von Standorten für Offshore-Windkraftanlagen erhoben werden, gezielt auf Geisternetze hin zu analysieren. Der WWF ruft daher zur Zusammenarbeit auf: Über die gerade gelaunchte Online-Plattform GhostNetZero.ai können z.B. Forschungsinstitute, Behörden oder Windkraftfirmen geeignete Aufnahmen unkompliziert spenden.
„Geisternetze gefährden Meerestiere sowie Ökosysteme und machen einen erheblichen Teil des Plastikmülls im Ozean aus, aber sie sind unter der Wasseroberfläche unsichtbar und ihre Ortung ist aufwändig. Die Kombination aus Sonarsuche und KI-gestützter Erkennung ermöglicht einen Quantensprung: Überall auf der Welt wird der Meeresboden kartiert, es existieren gewaltige Datenmengen. Wenn wir vorhandene Bilddaten aus vielbefischten Meereszonen gezielt prüfen können, ist das ein wirklicher Gamechanger für die Suche nach Geisternetzen. Wir hoffen, dass sich Forschungsinstitute, Behörden und Unternehmen an der Zusammenarbeit beteiligen“, sagt Gabriele Dederer, Forschungstaucherin und Projektleiterin Geisternetze des WWF Deutschland. Und auch die WWF-eigene Sonarsuche lässt sich KI-gestützt auf größere Meeresflächen ausdehnen.
Die Treffergenauigkeit der KI liegt bereits bei 90 Prozent. Mit geschultem Blick überprüfen die Umweltschützer:innen die markierten Bereiche zur Validierung. Je nach Beschaffenheit des Meeresbodens ist es oft schwer zu erkennen, ob eine verdächtige Struktur ein eingesandetes Netz oder doch ein Kabel ist. Derzeit wird die KI darauf trainiert, diese feinen Unterschiede in Sonaraufnahmen aus unterschiedlichen Systemen zuverlässig zu erfassen. Damit wird es möglich sein, vorhandene Datensätze gezielt auszuwerten.
Die Online-Plattform ghostnetzero.ai wurde mit Unterstützung von Accenture entwickelt, die dafür eingesetzte KI mit Microsoft AI for Good Lab.
„Die gemeinsam aufgebaute Plattform ersetzt die mühsame, händische Suche durch einen skalierten Prozess, der Daten in noch nie dagewesener Menge analysiert”, sagt Thomas Knüwer, Chief Creative Officer bei Accenture Song DACH. Web-Plattform, Brand Design und gezielte Kommunikation machen aus der technologischen Lösung eine langfristige Initiative. „Um die Partner für das Projekt gezielt anzusprechen, setzen wir auf klares Design, intuitive UX und konsistente Markenführung.“
„Wir freuen uns, mit dem WWF Deutschland und Accenture an diesem Projekt zu arbeiten, um gemeinsam die Plastikverschmutzung der Meere zu bekämpfen und die Ökosysteme zu schützen“, so Juan Lavista Ferres, Corporate Vice President and Chief Data Scientist des AI for Good Lab von Microsoft. „Das Microsoft AI for Good Lab hat ein KI-Modell entwickelt, mit dem GhostNetZero Sonardaten analysieren kann, um Geisternetze mit der Genauigkeit und Effizienz zu erkennen und zu entfernen, die nur mit KI möglich ist.“
Hintergrund Geisternetze:
Verlorenes Fischereigerät macht etwa 30 Prozent des marinen Plastikmülls aus, über Jahrhunderte zersetzt es sich in kleinere Stücke und Fasern, und verschärft die Mikroplastikbelastung der Ozeane. Die herrenlosen Netze können endlos weiterfischen, das macht sie zur tödlichen Falle für Fische, Seevögel, Schildkröten oder Meeressäuger. Jedes Jahr gehen 20 Prozent aller Fanggeräte in den Weltmeeren verloren. Bisher hat der WWF Deutschland selbst erfasste Aufnahmen eines Seitensichtsonars manuell gesichtet und insgesamt 26 Tonnen Netze aus Ostsee geborgen.