Deutschlands Zukunft braucht mehr Ambitionen

Der WWF Deutschland hat heute seine Analyse des Koalitionsvertrags zwischen CDU/CSU und SPD veröffentlicht. Die Naturschutzorganisation hat den Vertrag in 13 Kernbereichen in Bezug auf den Erhalt unserer Lebensgrundlagen geprüft - von Klimaschutz über Artenschutz bis hin zu nachhaltigen Lieferketten. Das Ergebnis ist kritisch. Es gibt positive Aspekte, aber fast alle untersuchten Bereiche bleiben hinter den nötigen Maßnahmen zurück. Bisherige Fortschritte drohen verloren zu gehen.

Dazu sagt Heike Vesper, WWF-Vorständin für Politik & Transformation:

„Dieser Koalitionsvertrag sichert weder unsere Lebensgrundlagen noch die Zukunft des Wirtschaftsstandortes Deutschlands ausreichend ab. Die Klimakrise findet jetzt statt. Dürren, Starkregen und Ernteausfälle nehmen zu und erfordern kluges und zukunftsgerichtetes Handeln der neuen Regierung. Wichtige Fortschritte der vergangenen Jahre – etwa beim Klimaschutz, der Wärmewende oder bei sozialen und ökologischen Standards in globalen Lieferketten – drohen ausgebremst oder zurückgedreht zu werden. Es fehlen die Zeichen, dass die Koalition den Ernst der Lage erkennt und entsprechend handelt. Im Koalitionsvertrag erkennen wir dies nicht.

Die neue Regierung plant das Heizungsgesetz mit dem Argument der Technologieoffenheit abzuschaffen. Sie will CO2-Abscheidung bei Gaskraftwerken einführen. Sie hat keine klaren Zeitpläne für den Ausstieg aus fossilen Energien. Statt das deutsche Lieferkettengesetz abzuschaffen und die EU-Entwaldungsverordnung in Deutschland zu umgehen, brauchen wir verbindliche Umwelt- und Sozialstandards in globalen Lieferketten. Die EU-Naturwiederherstellungsverordnung und die nationale Kreislaufwirtschaftsstrategie müssen ambitioniert umgesetzt, anstatt geschwächt zu werden.

Das nationale Klimaziel für 2040 soll auch über die Nutzung von Negativemissionen und fragwürdigem internationalen Emissionshandel erreicht werden können. Das verwässert das Minderungsziel und widerspricht dem Klimaschutzgesetz, verschiebt die Verantwortung für Emissionsminderung und untergräbt so wirksamen Klimaschutz. Unsere Demokratie zu stärken, ist das Gebot der Stunde: Aber Beteiligungs- und Klagerechte im Umweltbereich massiv einzuschränken, schwächt ein wichtiges demokratisches Kontrollinstrument, das die Einhaltung von Gesetzen sicherstellt. Gravierend wiegt das schwache Bekenntnis zu den globalen Klima- und Naturschutzabkommen sowie zu einer angemessenen Finanzierung der Entwicklungspolitik.

Es gibt aber auch Lichtblicke: Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz läuft weiter. Ein Naturflächenbedarfsgesetz soll kommen. Das Recht kommender Generationen auf eine lebenswerte Zukunft wird so jedoch nicht ausreichend abgesichert. Wir werden uns für Klimaschutz und den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen einsetzen, damit irreversible Umweltschäden und Deutschlands wirtschaftliche Zukunft nicht riskiert werden, und erwarten, dass die neue Regierung einen ernsthaften Dialog mit der Zivilgesellschaft dazu führen wird.“

Kontakt

Julian Philipp

Pressesprecher für Transformation von Wirtschaft und Finanzmarkt / Berlin

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz