WWF-Report kartiert erstmals Wanderrouten von Narwalen, Belugas und Grönlandwalen und identifiziert Überschneidungen mit zunehmendem Schiffsverkehr in der Arktis

Zweimal pro Jahr, im Frühjahr und im Herbst, vollzieht sich im Arktischen Ozean eine gewaltige Wanderung:  Zehntausende Wale ziehen in die Region hinein oder hinaus oder legen innerhalb der nahrungsreichen arktischen Gewässer lange Distanzen zurück. Für ein Viertel der Walarten auf der Erde ist der Arktische Ozean überlebenswichtig, ganz besonders die drei rein arktischen Walarten: Narwal, Beluga und Grönlandwal. Die Meeressäuger wandern entlang unsichtbarer “blauer Korridore”, die zu regelrechten Wal-Highways werden. Ein neuer Online-Report des WWF kartiert erstmals die saisonalen Wanderrouten der arktischen Walarten und gleicht diese mit Schiffsrouten ab.

„Arktische Wale und Schiffe nutzen oft dieselben Routen, das zeigen die neuen Karten deutlich. Für die Wale wird das gefährlich, der Unterwasserlärm setzt ihnen zu und das Risiko von Schiffskollisionen ist hoch. Gerade Meerengen wie die 700 Kilometer lange Hudsonstraße werden zum gefährlichen Nadelöhr. Doch das Überleben der arktischen Walarten ist abhängig davon, dass sie sicher zwischen ihren Sommer- und Winterhabitaten wandern können“, sagt Heike Zidowitz, WWF Deutschland. Der ganze Lebenszyklus der Wale spielt sich entlang der blauen Korridore ab. Sie verbinden ihre Sommer- und Winterlebensräume, wo sie Nahrung finden sowie sichere Refugien, um ihre Jungen aufzuziehen, wo sie sich paaren sich und soziale Kontakte mit Artgenossen pflegen.

Der Druck auf die arktischen Wale nimmt durch die Klimakrise noch zu. Die Arktis erwärmt sich bis zu viermal schneller als der Rest des Planeten. In der Folge zieht sich das Meereis im Frühjahr früher zurück und bildet sich im Herbst später aus. Das hat Auswirkungen auf das Wanderverhalten der Wale, denn das Meereis bietet ihnen Schutz vor Räubern wie Orcas und beeinflusst das Nahrungsangebot. Der Verlust des Meereises eröffnet neue Gebiete für industrielle Aktivitäten und führ zu einem dramatischen Anstieg des Schiffsverkehrs. Von 2013 bis 2023 ist die Zahl der Schiffe in arktischen Gewässern um 37 Prozent gestiegen, die zurückgelegte Entfernung hat sich verdoppelt.

Der WWF fordert den Schifffahrtssektor auf, die blauen Korridore der Wale bei der Kursplanung zu berücksichtigen und Schifffahrtsrouten abseits dieser Korridore zu verlegen. Wo die Routen sich untrennbar überschneiden, müsse die Fahrtgeschwindigkeit reduziert werden. An die Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO) richtet sich die Forderung, besondere Leitlinien zur Verringerung von Unterwasserlärm in der Arktis zu entwickeln und Schutzmaßnahmen für Meeressäuger gemäß dem Polarkodex vorzuschreiben.

„Narwale, Belugas und Grönlandwale haben sich an die eisigen Gewässer optimal angepasst und sind sonst nirgends auf dem Planeten heimisch. Doch Wale kennen keine Grenzen, und ihre Wanderrouten erstrecken sich über mehrere nationale und über internationale Gewässer, deshalb braucht es koordinierte Zusammenarbeit für ihren Schutz“, so WWF-Expertin Zidowitz.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin für Meeresschutz und Plastikmüll / Hamburg

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz