Hamburg/Luxemburg: Ab Montag verhandeln die Fischereiminister:innen der EU darüber, wieviel Fisch 2025 in der Ostsee gefangen werden darf. Der WWF fordert, die Festlegung der Fangmengen an dem desolaten Zustand der Fischbestände und des Ökosystems Ostsee insgesamt auszurichten und vorsorglich unter den wissenschaftlichen Fang-Empfehlungen zu bleiben.
„Das Ökosystem Ostsee ist längst am Limit. Das Zusammenspiel von jahrzehntelanger Überfischung, Nährstoffüberschuss und Klimakrise hat fatale Auswirkungen: Die Bestände der heimischen Brotfische Dorsch und Hering sind bereits kollabiert. Eine Kehrtwende ist nicht in Sicht, deshalb ist Vorsorge gefragt, die auch die Wechselwirkungen zwischen den Arten berücksichtigt“, betont Philipp Kanstinger, Fischereiexperte beim WWF Deutschland. „In der Schollenfischerei wird immer auch Dorsch mitgefangen, weil beide Arten am Meeresboden leben. Es gibt nur noch so wenig Dorsche, dass allein ihr Beifang eine Erholung des Bestands gefährdet. Daher muss die Beifangquote gekürzt werden.“ Zusätzlich müsse die Fischerei besser kontrolliert werden. Um zu verhindern, dass Dorschbeifang verbotenerweise über Bord geworfen wird, braucht es auf See eine verpflichtende Überwachung des Fangs mithilfe von Kameras.
Auch die häufigen Fehlmeldungen aus der industriellen Fischerei auf Sprotte und Hering müssen durch bessere Kontrolle auf See und vorsichtig gesetzte Fangmengen eingedämmt werden. Der Heringsbestand in der zentralen Ostsee zeigt erste, leichte Erholungstendenzen. Statt jetzt wie von der EU-Kommission geplant die Fangmenge zu verdoppeln und damit Erholung zu riskieren, sollte die erhöhte Fangmenge vorsorglich unter der wissenschaftlichen Empfehlung bleiben, fordert der WWF. „Nutznießer der erhöhten Fangmenge sind vor allem industrielle Fischtrawler, deren Fang ins Tierfutter geht. Für diese Verschwendung dürfen wir die Gesundheit des Ökosystems nicht leichtfertig aufs Spiel setzen. Hering und Sprotte sind wertvolle Speisefische und spielen im Nahrungsnetz der Ostsee eine Schlüsselrolle“, so WWF-Experte Kanstinger.
Die Klimakrise erschwert es Fischbeständen im kritischen Zustand, wieder auf gesunde Größe anzuwachsen. Auch wissenschaftliche Prognosen waren da häufig zu optimistisch. Die Fischereiminister:innen müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und die langfristige Gesundung statt kurzfristiger Erträge priorisieren. WWF-Experte Philipp Kanstinger sagt: „Man kann sich nicht ewig über die ökologischen Zusammenhänge und natürlichen Grenzen hinwegsetzen. Vorsorge statt Nachsehen – das muss jetzt die Leitschnur sein“.