Zwanzig Jahre nach der Ausweisung von fünf Meeresschutzgebieten in der Ostsee kann Deutschland erste Fischereiverbote in diesen Schutzzonen im Rahmen der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik in Kraft setzen. Ab 2025 ist die mobile grundberührende Fischerei auf rund zwei Drittel der Fläche von Fehmarnbelt, Kadetrinne, Westlicher Rönnebank, Adlergrund und Pommerscher Bucht mit Oderbank verboten.
„Es ist erfreulich und vor allem höchste Zeit, dass endlich fischereiliche Maßnahmen für diese Schutzgebiete erlassen werden. Die über den Meeresgrund geschleppten Netze zerstören genau die wertvollen Lebensräume, die ursprünglich unter Schutz gestellt wurden, etwa Kiesgründe, Riffe und Sandbänke. Doch mit dem Ausschluss von Grundschleppnetzen wird nur der gröbste Eingriff in den geschützten Gebieten untersagt“, so Karoline Schacht, Meeresschutzexpertin beim WWF Deutschland. Andere Fischereimethoden wie Stellnetze bleiben trotz des hohen Beifangrisikos für Seevögel und Schweinswale in den Schutzgebieten erlaubt.
Die neue Maßnahme in den Ostsee-Schutzgebieten bildet aber nur eine von vielen nötigen Schutzmaßnahmen, die Nord- und Ostsee derzeit brauchen.
„Resiliente Meere sind Champions im Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise, doch Nord- und Ostsee werden überstrapaziert. Sie werden zu stark befischt, befahren, zugebaut und verschmutzt. Eine nicht nachhaltige und zunehmend industrielle Nutzung der Meere gefährdet ihre Funktion als Sauerstoffproduzent und Nahrungslieferant sowie ihre Fähigkeit, große Mengen an atmosphärischem CO2 zu binden und so klimawirksam als natürliche Senke zu arbeiten“ so Schacht weiter. Der starke Ausbau von Offshore-Windanlagen und Pläne zur CO2-Speicherung im Meer konkurrieren mit traditionelleren Nutzungen wie Fischerei und Schifffahrt um Raum und Fläche. Ungenutzte Gebiete, in denen das Meer sich selbst überlassen bleibt und Rückzugsorte für seine Bewohner bietet, existieren kaum noch, kritisieren die Umweltschützer.
Der WWF fordert daher, mindestens zehn Prozent der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ ) in Nord- und Ostsee als „streng geschützt“ auszuweisen und damit von allen schädlichen Nutzungen freizuhalten. Dies müsse entsprechend der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030 umgesetzt werden, hier habe Deutschland schon von Rechts wegen nicht erneut 20 Jahre Zeit.
Hintergrund
Die fünf Ostseeschutzgebiete Fehmarnbelt, Kadetrinne, Westliche Rönnebank, Adlergrund und Pommersche Bucht mit Oderbank wurden bereits 2004 als Teil des europäischen Schutzgebietsnetzwerks Natura 2000 ausgewiesen und 2007 durch die EU-Kommission anerkannt. Im Jahr 2017 wurden sie von Deutschland als nationale Naturschutzgebiete in der ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ) unter Schutz gestellt. Doch erst nach weiteren sieben Jahren nationaler und internationaler Befassung gemäß den Regularien der Gemeinsamen EU-Fischereipolitik können die deutschen Behörden jetzt die ersten Beschränkungen für Fischerei in Kraft setzen.