Berlin, 8.11.2024: Im Vorfeld der 29. Klimakonferenz fordert der WWF, die Klimafinanzierung in Deutschland auf sichere Beine zu stellen und sich international für eine deutliche Erhöhung einzusetzen. Die Bundesrepublik hat eine historische Verantwortung und kann als Vorbild dienen, damit die weltweiten Finanzzusagen endlich an den tatsächlichen Bedarfen für Klimaschutz, Klimaanpassung und Schäden und Verluste ausgerichtet werden. Die Absage des Kanzlers zur Teilnahme an der Klimakonferenz kurz vor ihrem Start ist ein schlechtes Signal dafür, wie die Bundesregierung in der aktuellen Situation Klimaschutz und multilaterale Zusammenarbeit bewertet.
„Die Kosten des Nichts-tun überwiegen die Investitionen in Klimaschutz bei weitem. Alles, was wir heute nicht investieren, müssen wir morgen doppelt und dreifach ausgeben. Nur mit ausreichend hohen Mitteln und dem Umlenken weltweiter Finanzströme anhand von Umweltschutzkriterien können wir unser wirtschaftliches Wohlergehen in Zukunft sichern“, sagt Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland.
Auf der Klimakonferenz COP29, die vom 11. bis 22. November in Baku, Aserbaidschan, stattfindet, steht die Klimafinanzierung im Mittelpunkt. Die Staatengemeinschaft muss sich auf ein neues Klimafinanzierungsziel einigen (das sogenannte New Collective Quantified Goal, NCQG), das ab 2026 greifen soll. Bis 2025 gilt das Versprechen der Industrieländer, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Dieses hatten sie laut OECD das erste Mal 2022 mit deutlicher Verspätung erfüllt. Während das ausstehende Versprechen noch eingehalten werden muss, um verlorenes Vertrauen in den Verhandlungen wiederherzustellen, sollten in das neue Finanzziel erstmals auch einheitliche Kriterien für Qualität, Zugang und Transparenz der Finanzierung eingeführt werden, um endlich Planbarkeit für die Länder des globalen Südens zu schaffen.
Für den WWF sollte das NCQG mindestens eine Billion US-Dollar pro Jahr betragen und sich mehrheitlich aus öffentlichen Geldern speisen – mit transparentem Berichtswesen und idealerweise anhand einer einheitlichen Definition von Klimafinanzierung. Verbunden damit bräuchte es nahezu gleichwertige Unterziele zu Projekten für die Treibhausgasminderung, für die Anpassung an die Erderhitzung und die nicht vermeidbaren Schäden und Verluste.
„Vorhandene Geldflüsse in fossile Energien beispielsweise müssen dafür in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Allein in Deutschland blicken wir aktuell auf sagenhafte 67 Milliarden Euro an umwelt- und klimaschädlichen Subventionen im Jahr. Diese schmutzigen Geldflüsse genau wie die Schuldenbremse gefährden unser Wohlergehen“, so Raddatz. Die Bundesregierung muss in der neuen Konstellation die Haushaltsverhandlungen parallel zur COP nutzen, um ihre Finanzierungzusagen auch wirklich zu erfüllen.
Neben dem Klimafinanzierungsziel wird ein weiterer Fokus auf den Klimabeiträgen der Länder liegen, den sogenannten Nationally Determined Contributions (NDCs). Diese sollen in Summe das Ziel des Pariser Abkommens erreichen, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen. Aktuell aber führen alle Maßnahmen zur Minderung von Treibhausgasen noch auf einen Pfad von rund 3 Grad Erhitzung. Bis Anfang 2025 müssen alle Länder neue NDCs einreichen, die die Treibhausgasemissionen bis 2035 auf 60 Prozent reduzieren, um die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu reduzieren.
„Alle Länder müssen beim Klimaschutz eine deutliche Schippe drauflegen. Dies gelingt, wenn endlich konsequent keine fossilen Energien mehr genutzt und die Erneuerbaren deutlich ausgebaut werden. Gleichzeitig brauchen wir eine viel bessere Energieeffizienz“, fordert Raddatz. Bei der letzten COP in Dubai hatten sich die Staaten auf eine Abkehr fossiler Energieträger, die Verdreifachung Erneuerbarer-Kapazitäten und die Verdopplung der Energieeffizienz geeinigt – diesem Beschluss müssen nun Taten folgen.
Nicht zuletzt fordert der WWF eine gemeinsame Strategie für den Klima- und Biodiversitätsschutz, denn beides ist eng miteinander verzahnt: „Wir brauchen eine resiliente Natur, um das Klima zu schützen und die Folgen der Klimakrise abzufedern. Und wir brauchen mehr Klimaschutz, um bereits stark überanspruchte Ökosysteme nicht noch weiter zu gefährden“, so Raddatz.