Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat die Länder- und Verbändeanhörung für ein geändertes Bundeswaldgesetz gestartet. Doch der Entwurf bietet aus WWF-Sicht wenig Neues und bleibt enttäuschend. Die Herausforderungen, vor denen Bundesminister Özdemir steht, sind hoch und der Textvorschlag wird ihnen weitgehend nicht gerecht. „Der Wald ist unser größter Naturraum in Deutschland und das stärkste Schwert, das wir haben, um unsere heimische Biodiversität zu schützen. Dazu ist er ein entscheidender Pfeiler, auf dem die Klimaschutzziele der Bundesregierung, basieren. Doch dieses Schwert ist stumpf und wird im Kampf gegen den Klimawandel und die Biodiversitätskrise versagen“, kommentiert Dr. Susanne Winter, Programmleitung Wald beim WWF Deutschland.
Im Text schimmert das naive Wunschdenken durch, dass nicht-einheimische Baumarten die Resilienz unseres Waldes erhöhen und Deutschland so zu einem stabilen und gesunden Wald zurückkehren wird. Dass das unter realen Bedingungen nicht funktioniert, ist wissenschaftlich längst belegt. Statt nicht-heimischer Baumarten brauchen wir tragfähige und valide Handlungsoptionen bei Wetterextremen. Das neue Bundeswaldgesetz muss den Bundesländern großflächig ermöglichen, bei Hitze und Dürre den Holzeinschlag landesweit einzuschränken, damit das Waldökosystem sich unter sich verändernden klimatischen Bedingungen besser selber schützen und erhalten kann.
Um Waldbrände zu reduzieren, hilft es, mehr Bäume und insbesondere Laubbäume stehen zu lassen, da der Waldinnenraum dann länger kühler und feuchter bleibt. Auch junge Laubbäume wie Birken, Zitterpappel und Weiden erfüllen durch Beschattung diese Funktion auf geschädigten Flächen und sollten nicht zugunsten der Pflanzung von nicht-heimischen oder Nadel-Baumarten entnommen werden.
Weitere Präzisierung fordert der WWF dringend beim Thema Kahlschlag ein. Derzeit erlaubt der Text Kahlschläge bis ein Hektar genehmigungsfrei. Das allein bewertet der WWF als hochkritisch. Umso ärgerlicher ist es, dass keinerlei Maximalanteil pro Waldfläche, keine Mindestabstände zwischen den leergeräumten Flächen und keine Obergrenze für die genehmigungsfähige maximale Flächengröße definiert werden. „Es sollten maximal zwei Hektar Kahlschlag genehmigungsfähig sein. Im aktuellen Fall könnte eine Behörde genehmigen, geschädigten Wald auf 100 oder gar 1.000 Hektar zu räumen, und so das bereits gestresste lokale Ökosystem auf unverantwortliche Weise weiter zu ruinieren“, sagt Winter.
Realpolitisch scheint Minister Özdemir keinen weiteren Spielraum zu haben, aber es ist eine düstere Zukunftsaussicht, dass der Wald im Entwurf noch immer zuallererst als Wirtschaftsraum gesehen wird und nicht als Ökosystem, das wir für unser Überleben brauchen. Gesunde Wälder sind in ihrer Rolle für Wasserhaushalt, saubere Luft, Erosionsschutz sowie Biodiversität- und Klimaschutz für uns Menschen überlebenswichtig. Diese einfache Wahrheit spiegelt das Gesetz nicht genug wider. „Konservative Forstwirtschaftsverbände, unterstützt von der FDP, wettern mit ihrer aktuellen Kritik gegen jegliche gesellschaftliche und wirtschaftliche Vernunft und stellen kurzsichtige Eigentümer-Partikularinteressen in den Mittelpunkt, statt für uns Menschen die Zukunft sinnvoll und lebenswert zu gestalten“, so Winter.