WWF fordert weltweites Moratorium für Tiefseebergbau / Jahrestagung der Internationalen Meeresbodenbehörde beginnt Montag in Jamaika

Ab Montag wird wieder über das Schicksal der Tiefsee verhandelt, über einen der artenreichsten und faszinierendsten Lebensräumer des Planeten. In Jamaika beginnt die Jahrestagung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA, International Seabed Authority), die für den Schutz des internationalen Meeresbodens und die Regulierung des Tiefseebergbaus zuständig ist. Es wird über künftige Regeln für einen möglichen Rohstoffabbau am Meeresgrund, den sogenannten „Mining Code“ verhandelt.

Obwohl bislang kein Regelwerk für möglichen Tiefseebergbau existiert, hat der Pazifikstaat Nauru bereits angekündigt, als Sponsor eines Bergbaukonzerns demnächst eine Lizenz beantragen zu wollen. Der WWF fordert die Mitgliedsstaaten der ISA auf, sich dem Druck der Unternehmen zu widersetzen und sich zu einem Moratorium für Tiefseebergbau zu bekennen, bis alle Auswirkungen solcher Vorhaben durch wissenschaftliche Forschung bekannt sind und sichergestellt ist, dass der Rohstoffabbau in der Tiefsee keine Schäden an der Meeresumwelt verursacht.

„Die Tiefsee ist ins Visier von Staaten und Unternehmen geraten, obwohl wir fast nichts über die fragile Umwelt in den Meerestiefen wissen. Angesichts der gewaltigen Umweltrisiken wäre es fahrlässig, jetzt Vorschriften für den industriellen Tiefseebergbau zu verabschieden, bevor die massiven Lücken im wissenschaftlichen Forschungsstand geschlossen sind“, sagt Kristín von Kistowski, Leiterin Meeresschutz beim WWF Deutschland. „Zudem muss die ISA sicherstellen, dass kein Lizenz-Antrag angenommen wird, solange es kein Regelwerk gibt, dessen Einhaltung man prüfen könnte.  Die Staatengemeinschaft darf sich nicht von der Profitgier einzelner Unternehmen treiben lassen“.  Forschende verfügen heute erst über 1,1 Prozent des Wissens, das erforderlich ist, um wissenschaftlich fundiert zu entscheiden, ob Tiefseebergbau vorangetrieben werden kann.

Auf Initiative von Deutschland und Chile steht in Jamaika erstmals auch eine Diskussion über den Schutz der marinen Ökosysteme auf der Agenda. „Es ist ein gravierendes Versäumnis, dass es seit Jahren ausschließlich um Explorationspläne geht, obwohl auch der Schutz der Meeresumwelt klar zum Auftrag der Meeresbodenbehörde gehört. Diese Schieflage zu beenden ist überfällig“, so Kistowski. Auch die anstehende Wahl eine:r neuen Generalsekretär:in wird die Ausrichtung der ISA stark beeinflussen. Dabei ist es aus WWF Sicht wichtig, dass die Prinzipien von Transparenz und Vorsorge gestärkt werden.

„Eine gesunde Tiefsee ist für alles Leben auf der Erde von entscheidender Bedeutung. Die Tiefsee ist die größte Kohlenstoffsenke auf dem Planeten und für die Bewältigung der Klimakrise unabdingbar. Sie beherbergt eine Vielzahl empfindlicher Ökosysteme sowie eine außerordentliche Artenvielfalt, die wir noch nicht ansatzweise erfassen können. Jetzt ist der Moment, um Verantwortung und Weitsicht über kurzfristige wirtschaftliche Interessen zu stellen. Wir brauchen keinen Tiefseebergbau, sondern müssen Ressourcen verantwortungsvoller nutzen und Kreislaufwirtschaft fördern“, betont Kristin von Kistowski.Viele Unternehmen auch aus vermeintlichen Nutznießerbranchen wie Automobilproduktion oder Computertechnologie haben das erkannt und unterstützen die Forderung nach einem Moratorium.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin für Meeresschutz und Plastikmüll / Hamburg

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz