Berlin, 17.01.2024: Heute hat das Bundeskabinett die Ernährungsstrategie der Bundesregierung verabschiedet. So gut es ist, dass die Bundesregierung Ernährung als Querschnittaufgabe der Politik anerkennt und eine pflanzenbasierte Ernährung fördern will: Der WWF Deutschland bemängelt, dass die Strategie denkbar unverbindlich bleibt und den Zeitrahmen für die gesamte Umsetzung mit 2050 zu weit steckt. Die Bundesregierung bleibt weit hinter den Empfehlungen zurück, die der Bürgerrat Ernährung kürzlich dem Bundestag übergeben hat. Völlig unklar ist, wie zentrale Vorhaben der Strategie wie zum Beispiel im Bereich der Gemeinschaftsverpflegung finanziert und rechtlich umgesetzt werden sollen. Wesentliche Lenkungs- und Finanzierungsmöglichkeiten wie steuerliche Maßnahmen bleiben in der Strategie unerwähnt. Enttäuschend ist, dass die Strategie bei der Kennzeichnungspflicht von Lebensmitteln vage bleibt. Wenig Mut lässt die Bundesregierung erkennen, wenn es um die Gestaltung der Ernährungsumgebung in Deutschland jenseits von Kantinen und zum Beispiel in Supermärkten geht.
Die Umweltschutzorganisation WWF kritisiert, dass die Strategie keine Aussagen zu einer sinnvollen Besteuerung von Lebensmitteln macht, mit der gesunde und nachhaltige Lebensmittel vergünstigt werden könnten. „Kurzfristig könnte die Bundesregierung die Mehrwertsteuer auf gesunde Erzeugnisse wie Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte streichen. Mittelfristig braucht es eine Neuausrichtung der Lebensmittelbesteuerung in Form einer Nachhaltigkeitssteuer“, so Elisa Kollenda, Referentin für nachhaltige Ernährung beim WWF Deutschland. Die Besteuerung sollte an ein verpflichtendes Nachhaltigkeitslabel gekoppelt werden. „Es ist Aufgabe der Bundesregierung, die Bestimmung des ökologischen Fußabdrucks von Lebensmitteln zu ermöglichen. Sie muss dafür sorgen, dass dazu notwendige vollständige, valide Produktionsdaten zentral gesammelt werden und öffentlich verfügbar sind. Der vom Bundestag eingesetzte Bürgerrat Ernährung hat bereits eine umfassende verpflichtende Kennzeichnung von Lebensmitteln als zentrale Forderung hinterlegt. Die Bundesregierung bleibt hier weit hinter den Erwartungen der Gesellschaft zurück und versteckt sich hinter der EU-Regelung“, sagt Kollenda.
Der Fokus auf die Gestaltung der Gemeinschaftsverpflegung ist grundsätzlich gut. Offen bleibt jedoch, wie die finanziellen Rahmenbedingungen hierzu geschaffen werden sollen. „Es fehlen konkrete Aussagen, wie der Bund die geplanten Maßnahmen mitfinanzieren will. Denkbar wäre zum Beispiel ein Bundesinvestitionsprogramm mit Eigenanteilen der Länder für die Umstellung und Bereitstellung einer gesunden und nachhaltigen Gemeinschaftsverpflegung in Kitas, Schulen, der Kinder- und Jugendhilfe, in Krankenhäusern, Pflege- und Senioreneinrichtungen oder Justizvollzugsanstalten“, so Kollenda vom WWF.
Kritisch sieht der WWF Deutschland, dass die Bundesregierung zwar die Ernährungsumgebung verändern will, dabei aber wesentliche Bereiche ausspart. „Wer die Ernährungsumgebung verändern will, der muss mehr in den Blick nehmen als die Gemeinschaftsverpflegung. Supermärkte und Restaurants sind wichtige Orte der Konsumentscheidung. Der Strategie fehlen Hinweise beispielsweise zur Sortimentsgestaltung und zur Wahrnehmungslenkung im Handel“, betont Elisa Kollenda.