Der WWF Deutschland kritisiert die heutige Entscheidung des Standing Committee der Berner Konvention in Straßburg, den Schutzstatus des Wolfs abzuschwächen als “plumpen Wolfs-Populismus" - zum Schaden des Artenschutzes und der Nutztierhalter in Europa gleichermaßen. Der Entschluss, der auch von Deutschland unterstützt wurde, schaffe zudem einen „äußerst bedenklichen Präzedenzfall“. Er wurde ohne belastbare wissenschaftliche Grundlage gefasst, wie Experten der „Large Carnivore Initiative“ bestätigt haben. Diese Gruppe der Weltnaturschutzunion (IUCN) wird regelmäßig von der Berner Konvention und der Europäischen Kommission konsultiert.
Dr. Sybille Klenzendorf, Programmleitung Wildtiere Deutschland und Europa, erklärt: „Der Schutzstatus des Wolfes wurde ohne neue wissenschaftliche Erkenntnisse herabgestuft. Der gleiche Wissensstand, mit dem der Ständige Ausschuss 2022 die Ablehnung eines Vorstoßes der Schweiz zur Herunterstufung des Wolfs begründete, liegt nun der Befürwortung dieses Schritts zugrunde. Diese offenkundig rein politisch motivierte Entscheidung schwächt das Vertrauen in europäische Institutionen, die eigentlich auf Basis solider wissenschaftlicher Erkenntnisse handeln sollten. Eine Lockerung des Schutzstatus und der damit beabsichtigte leichtere Abschuss von Wölfen hat sich zudem nicht als effektives Mittel zur Verringerung von Schäden bei Weidetierhaltern erwiesen. Eine Studie zum Wolfsmanagement in der Slowakei zeigt, dass solche Maßnahmen keine signifikanten Verbesserungen bringen. Für sogenannte Problemwölfe, die trotz hoher Zäune Nutztiere reißen, gibt es bereits jetzt rechtskonforme Regelungen zum Abschuss. Das wirksamste Mittel zur Verringerung von Nutztierrissen bleibt jedoch ein effektiver Herdenschutz. Es ist entscheidend, gezielt und unbürokratisch in die Unterstützung von Weidetierhaltern zu investieren, um Konflikte mit Wölfen zu minimieren, anstatt auf undifferenzierte Jagd zu setzen, die das Problem nur verschärfen würde.“
Hintergrund
Die Berner Konvention zur Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere ist ein völkerrechtlicher Vertrag des Europarates und bildet die Grundlage für die europäische Naturschutzgesetzgebung. Er wurde von 50 Staaten ratifiziert, darunter alle EU-Mitgliedstaaten. Laut den zuletzt im Rahmen der europäischen Naturschutz-Berichtspflichten an die Europäische Kommission übermittelten Daten, wird der Erhaltungszustand der deutschen Wolfspopulationen als “schlecht” eingestuft. Die nächste reguläre Bewertung durch die Mitgliedsstaaten steht 2025 an und hätte dringend abgewartet werden müssen.
EU Council Decision 2022/2489: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32022D2489
Studie Slowakei: https://conbio.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/conl.12994