WWF fordert Unternehmen zu Transparenz auf

  • Die Hälfte der Unternehmen bleibt Antwort schuldig
  • Im globalen Handelsvolumen spielt zertifiziertes Palmöl mit 20 % weiterhin eine untergeordnete Rolle – mit dramatischen Folgen für Wälder und Arten
  • Auf der Haben-Seite: Unter den Top 20 viele deutsche Firmen  

Bei Unternehmen, die Palmöl verarbeiten und nutzen, sind Transparenz und eine verantwortungsbewusste Beschaffungspolitik weiterhin Mangelware. Das geht aus dem am Donnerstag in Singapur veröffentlichten Palmöl-Check der Naturschutzorganisation WWF hervor. Selbst minimalste Standards für ökologische und soziale Nachhaltigkeit würden nicht beachtet, so die WWF-Kritik. „Die fehlende Transparenz und Konsequenz bei einem Großteil der globalen Palmöl-Industrie nach Jahren des Redens und von Versprechungen ist alarmierend ", kritisiert Ilka Petersen, Palmöl-Expertin beim WWF Deutschland. „Die träge Masse untergräbt Nachhaltigkeitsbemühungen und zeigt, dass wir dringend effektive Gesetzgebungen brauchen, um mehr Nachhaltigkeit zu erreichen.“ 

Über die Hälfte der Unternehmen (157 von 285), die vom WWF kontaktiert wurden, machten nicht einmal Angaben zu ihrem Palmölverbrauch und ihren Nachhaltigkeitsbemühungen. Und 41 % der Unternehmen, die geantwortet haben, nutzen noch immer nicht 100 % zertifiziertes Palmöl. Dadurch spielt zertifiziertes Palmöl mit 20 % im globalen Handelsvolumen weiterhin eine untergeordnete Rolle.

Palmöl-Farmer, die nach ökologischen und sozialen Kriterien des Runden Tisches für Palmöl (RSPO) produzieren, können ihre Ware oft nicht als zertifiziert verkaufen. Der RSPO hat 2022 verzeichnet, dass nur 63 % des zertifizierten Palmöls auch als solches verkauft werden konnte. „Viele Palmöl-Produzenten, darunter auch viele Kleinbauern und Kleinbäuerinnen erhalten damit von internationalen Unternehmen keine finanzielle Unterstützung für ihre Nachhaltigkeitsbemühungen vor Ort.“

Positiv bewertet Petersen, dass laut der Analyse immerhin 23 Unternehmen mit ihrer Palmöl-Beschaffungspolitik Vorreiter in dem Sektor geworden seien. Der französische Lebensmittelhersteller Cérélia Participation Holding hat die Spitzenposition (23 von 24 möglichen Punkten) erlangt. Der italienische Konsumgüterhersteller Ferrero, John Lewis Partnership und Marks & Spencer - beides britische Einzelhändler - sowie der deutsche Einzelhändler Lidl gehören zu den Top 5 Unternehmen.

Generell schneiden deutsche Unternehmen recht gut ab. Mit Lidl und EDEKA landeten zwei deutsche Lebensmitteleinzelhändler unter den Top 10 aller Hersteller. Neben Estee Lauder und L´Oréal ist auch das deutsche Unternehmen Beiersdorf in der Kategorie der Nonfood-Hersteller führend.  Coop Schweiz, dm-drogerie markt, Dirk Rossmann und Migros werden hervorgehoben, weil sie höhere Standards wie Bio und Fairtrade fordern. Allerdings ist weniger als ein Prozent der Weltproduktion Bio-zertifiziert.

Weiterhin dominieren Lieferkettenmodelle wie Zertifikatehandel und Massenbilanz, die keine ausreichende Rückverfolgbarkeit und Sicherheit im Produkt liefern, da auch nicht-zertifiziertes Palmöl in den Produkten landet. „Viele der befragten Unternehmen müssen ab 2025 die europäische Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EU DR) erfüllen. Wer jetzt noch nicht auf segregierte Lieferketten umgestiegen ist, wird es schwer haben, die Bedingungen zu erfüllen,“ befürchtet Petersen.

Schätzungen zufolge wird die Palmölnachfrage von 78 Millionen Tonnen im Jahr 2022 in Zukunft weiter steigen. Unternehmen müssen dringend Verantwortung für ihre gesamte Palmöl-Lieferkette übernehmen. Der Einsatz von 100 % zertifiziertem Palmöl muss eine Selbstverständlichkeit sein. Unternehmen können dabei gern über den RSPO hinausgehen und Bio- und Fairtrade Palmöl einsetzen. Von einem pauschalen Austausch von Palmöl durch andere Pflanzenöle rät der WWF ab. Das löst die Probleme meist nicht, sondern verlagert und verschlimmert sie nur. Andere Pflanzenöle wie Kokosöl, Raps- oder Sonnenblumenöl – benötigen mehr Fläche als Palmöl. Es führe kein Weg daran vorbei, den Anbau aller Rohstoffe umwelt- und sozialverträglicher zu gestalten. Unternehmen stehen dabei in der Pflicht, auch die Farmer:innen vor Ort zu unterstützen.

Hintergrund

Die „WWF Palm Oil Buyers Scorecard“ bewertet die Nachhaltigkeitsbemühungen von 285 großen Lebensmittel-, Non-Food, Biokraftstoff- und Futtermittel-Produzenten sowie Einzelhändlern aus fünf Kontinenten (Europa, Nordamerika, Asien, Afrika und Australien) mit Bezug auf ihre Palmöllieferkette. Dies ist die 7. Ausgabe der seit 2009 erschienenen Reihe. 

Kontakt

Sylvia Ratzlaff

Pressesprecherin für die Partnerschaft EDEKA Verbund / Berlin