Zur Taufe der „Berlin Express“: Gerade Containerriesen nutzen möglichen Tiefgang nicht / „Baggern gegen den Fluss beenden und Elbvertiefung zurücknehmen“

Bei der Taufe der „Berlin Express“ am 2. Oktober wird der neue „Megafrachter“ gefeiert, während gleichzeitig die Containerzahlen in Hamburg immer weiter sinken. Für die Umweltverbände BUND, NABU und der WWF ist die Schiffstaufe ein Anlass, die Ausnutzung der Tiefgänge in der Elbe zu hinterfragen.  „Die „Berlin Express“ ist ein weiterer Containerriese, der Hamburg wieder nur teilbeladen anlaufen wird. Gerade die größten Containerschiffe nutzen die möglichen Tiefgänge nicht aus. Die durchschnittlichen Tiefgänge der großen Containerschiffe sind rückläufig und liegen mittlerweile wieder unter 12 Meter“, so das Aktionsbündnis lebendige Tideelbe. Damit haben sich auch die Tiefgangsreserven im Schnitt weiter erhöht.

Die Verbände verweisen auf eine Auswertung der Schiffsanläufe auf Basis der Daten des Schiffsmeldedienstes und unter Berücksichtigung der geltenden Befahrungsregeln, vorgenommen von Dipl.-Ing. Walter Rademacher. Für das erste Halbjahr 2023 ergeben sich folgende Erkenntnisse: Von den 434 Containerschiffen ab 8.000 TEU, die den Hamburger Hafen angelaufen haben, haben den seit der letzten Elbvertiefung zusätzlich verfügbaren Tiefgang nur 38 (8.8 %) auslaufend und 8 (1,8 %) einlaufend teilweise genutzt. Alle übrigen 392 Schiffe haben von der Vertiefung der Fahrrinne überhaupt nicht profitiert. Die durchschnittliche Schiffsgröße hat leicht abgenommen. 

„Die vorhandene Tiefe in der Fahrrinne der Elbe wird offensichtlich nicht genutzt, doch die Natur zahlt trotzdem einen hohen Preis. Das ewige Baggern gegen den Fluss muss beendet werden“ fordert das Aktionsbündnis aus BUND, NABU und WWF. „Die unhaltbare und unnötige Tiefe der letzten Elbvertiefung zurückzunehmen, ist die wirksamste Maßnahme, um die Sedimentmengen zu reduzieren und dem Fluss wieder eine Chance auf ein gesundes Ökosystem zu geben“.

Fahrrinne und Hafenbecken sind nach der letzten Elbvertiefung so verschlickt wie nie.  Die zuständigen Behörden lassen Baggerschiffe Tag und Nacht daran arbeiten, die planfestgestellte Tiefe irgendwie zu erreichen. Zusätzlich zu den negativen Auswirkungen dieser verzweifelten Baggerei im Hauptstrom, verschlicken auch die ökologisch wertvollen Seitenbereiche und Nebenelben, die Kinderstuben der vielen Elbfische.

Statt also neue, immer größere Schiffe zu feiern, müsste die Tiefe der Elbe auf den Prüfstand. Denn es gibt mittlerweile mehr als genug Gründe, den Bedarf der Elbvertiefung in Frage zu stellen. Nach zuletzt 8,3 Mio. TEU im Jahr 2022 fiel die Halbjahresbilanz des Hafens mit 3,8 Mio. TEU (-11,7%) mager aus. Da ein relevantes Wachstum nicht absehbar ist und die Kosten u.a. für die Unterhaltungsbaggerungen immer weiter steigen, ist eine Kosten-Nutzen-Betrachtung aus Sicht der Verbände längst überfällig. Ihr Fazit: Die Elbvertiefung ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein ökonomisches Desaster, das zum Feiern keinen Anlass gibt.

Kontakt

Britta König

Pressesprecherin für Meeresschutz und Plastikmüll / Hamburg

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz