Einen Tag vor dem Start des Trilogs zum Naturwiederherstellungsgesetz auf EU-Ebene hat der WWF Deutschland vor einer weiteren Verwässerung des Gesetzesvorhabens gewarnt. Politikvorständin Heike Vesper sagte: „Weltweit erleben wir ein sich dramatisch zuspitzendes Artensterben. Bei uns in Europa sind über 80 Prozent der geschützten Lebensräume in miserablem Zustand. Wir Menschen sind von einer intakten und vielfältigen Natur abhängig: Wälder, Moore und Flussauen tragen zu Klimaschutz und Klimaanpassung bei. Das EU-Gesetz bietet die einmalige Chance, die Abwärtsspirale des Biodiversitätsverlustes zu stoppen. Rat, Kommission und Europaparlament müssen verhindern, dass der Gesetzentwurf, der ohnehin bereits erheblich abgeschwächt wurde, zum zahnlosen Tiger wird.“ Europa sei hier auch durch internationale Verpflichtungen der Weltnaturkonferenz gebunden.
Rat und Kommission müssten dafür kämpfen, dass die jüngste Streichung von Zielen zur Stärkung der Biodiversität in der Landwirtschaft sowie zur Wiedervernässung von Mooren durch eine knappe Mehrheit des EU-Parlaments rückgängig gemacht wird. „Alles andere wäre absurd“, sagte Heike Vesper. „Die Landnutzung ist einer der Haupttreiber des Artensterbens. Hier nichts zu tun, wäre eine Bankrotterklärung. Genauso wie der geforderte Verzicht auf Moorvernässung. Moore sind nicht nur wichtige Lebensräume und Wasserreservoirs, sondern als Kohlenstoffspeicher auch unverzichtbar für den Klimaschutz. Mit der Zerstörung von Ökosystemen und dem Verlust biologischer Vielfalt schaden wir uns letztlich selbst.“ Die Verhandler:innen müssten sicherstellen, dass für alle Ökosysteme auf dem Land und in den Meeren anspruchsvolle, klar umrissene und zeitlich fixierte Wiederherstellungsziele festgelegt werden, wie es ursprünglich beabsichtigt war.
Heike Vesper verwies auf die Unterstützung des Gesetzentwurfs durch rund 6000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die sich in einem Offenen Brief für eine wirksame Wiederherstellung der Natur ausgesprochen hatten. Die Autor:innen widersprechen darin auch Befürchtungen über verringerte landwirtschaftliche Erträge. Demnach gehen die größten Risiken für die Nahrungsmittelproduktion von der Klimakrise und dem Biodiversitätsverlust aus.
Das Naturwiederherstellungsgesetz beinhaltet neue, rechtsverbindliche Ziele zur Renaturierung von Land- und Meeresökosystemen, z.B. von Wäldern, Schutzgebieten in schlechtem Zustand, Ökosystemen in der Stadt und in der Agrarlandschaft, sowie zur Renaturierung von Flüssen und zum Schutz von Bestäubern. Sie ist der zentrale Baustein zur Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie.
Beim Trilog handelt es sich um ein Verfahren zur Kompromissfindung zwischen den EU-Institutionen Kommission, Rat und EU-Parlament. Das Verhandlungsergebnis muss vom Rat und vom Parlament separat bestätigt werden. Der Trilog für das Naturwiederherstellungsgesetz findet am 5.10.23 und voraussichtlich am 16.11.23 statt.
WWF warnt vor weiterer Verwässerung des EU-Naturwiederherstellungsgesetzes
Kontakt
Kolja Leoni
Pressesprecher für Biodiversität / Afrika & Südamerika / Wilderei / Sport-Partner / Berlin
- Bedrohte Arten