Umfassende CSDDD bietet Chance, notwendige Transformation zu beschleunigen. EU-Ministerrat droht europäische Regulierung erheblich zu schwächen.

Diese Woche ist richtungsweisend für die Ausgestaltung der CSDDD, das sogenannte EU-Lieferkettengesetz. Die EU-Mitgliedstaaten diskutieren am Montag und Freitag im EU-Ministerrat darüber, wie sie sich in wichtigen Punkten zur CSDDD positionieren. Frankreich setzt sich dafür ein, dass der Finanzsektor nicht verpflichtend in das Gesetz aufgenommen wird. Deutschland möchte lediglich bestimmte Teile des Finanzsektors einbeziehen. Beide Positionen würden die CSDDD erheblich schwächen.  

Das Ziel der CSDDD ist, Unternehmen zur Vorsorge von Menschenrechts- und Nachhaltigkeitsaspekten in ihren Lieferketten zu verpflichten. Der WWF fordert die Bundesregierung auf, sich in den laufenden EU-Trilogverhandlungen für die Aufnahme des gesamten Finanzsektors in die Regelungen einzusetzen. 

Laura Niederdrenk, Finanzmarktexpertin beim WWF Deutschland, sagt: „Akteure des Finanzmarkts haben einen großen Einfluss auf die Unternehmen, in die sie investieren. Damit haben sie einen wichtigen Hebel, um negative Auswirkungen von Unternehmen auf Menschenrechte und Umwelt zu erkennen und zu beenden. Es wäre daher von der EU zielführend und effizient, den Finanzsektor in die CSDDD einzubeziehen. Dies wäre auch im Interesse der Bundesregierung, wenn sie ihren Plan ernst nimmt, Deutschland zu einem führenden Standort für einen nachhaltigen Finanzsektor zu machen. Wenn jedoch die französische Position oder die bisherige deutsche Position durchgesetzt wird, haben wir einen regulatorischen Flickenteppich, der zu ungleichen Wettbewerbsbedingungen führen würde. Die Chance wäre vertan, den Finanzsektor mit einem einheitlichen Rahmen zum Antreiber der notwendigen Transformation der Realwirtschaft zu machen. Die Bundesregierung sollte also auf die vielen Stimmen aus Real- und Finanzwirtschaft hören, die eine Einbeziehung des gesamten Finanzsektors in den Anwendungsbereich der CSDDD ausdrücklich fordern."

"Es wäre von der EU zielführend und effizient, den Finanzsektor in die CSDDD einzubeziehen. Dies wäre auch im Interesse der Bundesregierung, wenn sie ihren Plan ernst nimmt, Deutschland zu einem führenden Standort für einen nachhaltigen Finanzsektor zu machen."

Laura Niederdrenk, Finanzmarktexpertin beim WWF Deutschland

Für ein wirksames EU-Lieferkettengesetz gegen Menschenrechts- und Umweltverstöße müssen sich die Mitgliedsstaaten aus Sicht des WWF auf folgende Positionen einigen:

1. Rechtsverbindliche Erfassung des Finanzsektors:

Das Anwenden der CSDDD auf den gesamten Finanzsektor sollte EU-weit verpflichtend festgelegt werden, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden und gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen. Mit der Aufnahme des Finanzsektors würden Menschenrechte und die Umwelt effizienter geschützt werden. Da sich viele Unternehmen auf Ebene der UN und der OECD bereits zur Anwendung ähnlicher Sorgfaltspflichten selbst verpflichtet haben, würde zugleich mehr Klarheit geschaffen, da Unternehmen keine widersprüchlichen Anforderungen auf internationaler und europäischer Ebene erfüllen müssten.    

2. Vollumfassende Einbeziehung von Investoren und Vermögensverwaltern:

Investoren und Vermögensverwalter müssen in den Anwendungsbereich der CSDDD aufgenommen werden, nicht nur Banken und Versicherungen. Diese Akteure haben erheblichen Einfluss auf die Unternehmen, in die sie investieren, und können Nachhaltigkeitskriterien in ihre Entscheidungsprozesse integrieren.

3. Uneingeschränkte Berücksichtigung der Wertschöpfungskette von Finanzunternehmen:

Die Wertschöpfungskette von Finanzinstituten sollte alle relevanten Beziehungen zu Unternehmen umfassen, um menschenrechtliche und ökologische Risiken zu identifizieren. Laut dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestehen insbesondere in den Geschäftstätigkeiten der Kunden von Finanzinstituten erhebliche Risiken in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt. Die CSDDD soll sicherstellen, dass diese Risiken nicht nur vor der Finanzierung, sondern auch bei Anschlussfinanzierungen und im Falle von Hinweisen ermittelt und abgestellt werden.

Hintergrund CSDDD

Aus der Ausrichtung der EU-Mitgliedstaaten ergibt sich das Mandat, mit dem die spanische Ratspräsidentschaft in die Verhandlungen im Trilog mit dem EU-Parlament und der EU-Kommission geht. Das EU-Parlament hat sich für eine vollständige Integration des Finanzmarktes ausgesprochen. Die nächsten Trilogverhandlungen werden für die zweite Novemberhälfte erwartet. Die endgültige CSDDD soll bis Februar 2024 beschlossen werden.  

Die CSDDD (Corporate Sustainable Due Diligence Directive) soll die Berichtspflichten der EU-Offenlegungsverordnung (SFDR) für Finanzakteure und der EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD) für Unternehmen um die Verpflichtung zur konkreten Umsetzung von Maßnahmen gegen Menschenrechts- und Umweltverstöße erweitern. 

Kontakt

Julian Philipp

Pressesprecher für Transformation von Wirtschaft und Finanzmarkt / Berlin

  • Amur-Tiger © Ola Jennersten / WWF Schweden Bedrohte Arten

    Der Rückgang der biologischen Vielfalt wird maßgeblich durch menschliches Handeln verursacht. Der WWF setzt sich weltweit für den Schutz bedrohter Arten ein. Erfahren Sie mehr zum Artenschutz