Heute Abend endete in Nairobi die dritte von fünf Verhandlungsrunden zur Ausarbeitung eines UN-Abkommens gegen Plastikverschmutzung. Der WWF Deutschland zeigt sich enttäuscht und bemängelt viel verlorene Zeit. Florian Titze, Senior Policy Advisor des WWF Deutschland, sagt:
„In Nairobi zeigten sich die langsamen Mühlen der internationalen Umweltdiplomatie: Fortschritte am Abkommenstext dürfen nicht zu Lasten des Ambitionsniveaus gehen. Will man sich auf beiden Ebenen bewegen, ist das eine Gratwanderung in Trippelschritten - diese Woche wurde jedoch so wenig erreicht, dass sich das Treffen vor Ort kaum gelohnt hat. Die Bremsmanöver und der Widerstand von ölproduzierenden Staaten wie Saudi-Arabien, Russland und Iran haben viel Zeit gekostet und die Verhandlungen beinahe vollständig zum Stillstand gebracht. Kritisch ist, dass in den kommenden Runden viel verlorene Zeit aufgeholt werden muss und eine große Schippe mehr politischer Wille nötig ist: Es konnte weder ein Mandat erteilt werden, zwischen den Verhandlungsrunden politisch am Text weiterzuarbeiten, noch für technische Arbeitsgruppen zur wissenschaftlichen Basis des Abkommens. Beides wäre dringend nötig, um den Zeitplan sicher zu halten. Zumindest ist es gelungen, inhaltliche Rückschritte zu verhindern, das hat Nairobi vor einem völligen Scheitern bewahrt. Die Mehrheit der Staaten hat verteidigt, dass das Abkommen den gesamten Lebenszyklus von Plastik inklusive der Produktion umfassen muss, statt nur Fragen von Abfallentsorgung und -aufbereitung. In wichtigen Fragen hat sich die Entschlossenheit vieler Staaten bestätigt. Ein wirksames Abkommen braucht klare Verbote für problematische Kunststoffe wie Wegwerfprodukte und Mikroplastik. Zusätzlich müssen Regeln für die Produktgestaltung, die die Wiederverwendbarkeit und Recyclingfähigkeit verbessern und zu einer Kreislaufwirtschaft führen, festgeschrieben werden. Es liegen noch alle wichtigen Aspekte für ein ambitioniertes Abkommen auf dem Verhandlungstisch und erhalten teils großen Zuspruch, trotz der Opposition einer kleinen Gruppe lautstarker Staaten, die aktiv an der Verhinderung ambitionierter Lösungen arbeiten. Jetzt müssen die Verhandler:innen aller progressiven Länder die Zwischenzeit nutzen, um auf informellem Wege mehr Einigkeit und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. In der nächsten Verhandlungsrunde in Ottawa sind mehr Wille, mehr Tempo und eine gemeinsame Stimme nötig, um die Verhandlungen voranzutreiben. Rückschritte beim Inhalt und weitere Verzögerungen darf es nicht geben sonst ist der Zeitplan bis 2025 nicht mehr zu halten. Die Bundesregierung ist aufgerufen, ihre progressive Rolle in den Verhandlungen zu untermauern, jede Möglichkeit für weiteren Fortschritt zu ergreifen und zusätzliche Verhandlungstreffen auch finanziell zu unterstützen. Denn die Plastikkrise pausiert nicht: Schätzungsweise 35 Millionen Tonnen Plastik werden zusätzlich in den Ozean gelangen, während der zwei Jahre vom Beginn der Verhandlungen bis zu ihrem geplanten Ende. Weitere Verzögerungen können wir uns angesichts der zunehmenden Plastikflut nicht leisten.“