Banken und Finanzinstituten fehlen wirksame Kriterien für zirkuläre Immobilien. Finanz- und Immobilienexpert:innen zeigen im CEWI-Projekt, wie Kriterien der EU.

In Deutschland verursacht der Gebäudesektor mehr als ein Drittel der jährlichen Treibhausgas-Emissionen. Um dieses enorme Einsparpotenzial zu nutzen, muss die Transformation des Sektors deutlich beschleunigt werden – einerseits, um den Energieverbrauch und die Treibhausgas-Emissionen zu reduzieren und andererseits, um Materialkreisläufe zu schließen. Hier kann der Finanzsektor einen großen Beitrag leisten, wie das aktuelle CEWI-Impulspapier bestätigt. Das Papier verdeutlicht, dass Banken und Finanzinstitute eine deutliche Hebelwirkung erzeugen können, wenn sie beim Finanzieren von Immobilien wirksame Kriterien der Circular Economy anwenden. Gleichzeitig können sie so wertstabile Immobilien schaffen und langfristige Risiken minimieren, die zu wertinstabilen Immobilien und gestrandeten Vermögenswerten führen können.

Wie Banken und Finanzinstitute einen zirkulären Gebäudebereich vorantreiben können, zeigt das CEWI-Impulspapier „Mit Circular Economy nachhaltig wertstabile Immobilien schaffen“, das gemeinsam mit Unternehmen aus dem Gebäude- und Finanzsektor entstanden ist. CEWI ist ein Verbundvorhaben von WWF Deutschland, Stiftung KlimaWirtschaft und des Wuppertal Instituts. Anhand der acht Circular-Economy-Kriterien, die für die EU-Taxonomie entwickelt wurden, zeigt das Papier, wie deutsche Banken zirkuläre Bedingungen frühzeitig in ihre Kreditvergabe bei Immobilien integrieren können.

„Banken und Finanzinstitute profitieren ganz konkret davon, wenn sie zirkuläre Kriterien beim Finanzieren von Gebäudesanierung oder auch Neubau anwenden“, sagt Silke Küstner, Expertin für Circular Economy und Gebäude beim WWF Deutschland. „Betrachten wir den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, dann spart eine zirkuläre Bauweise, je nach Größe und Gebäudetyp, bis zu 32 Prozent der Gesamtkosten. Außerdem werden kreislaufgerechte und schadstoffarme Gebäude zu wertstabileren Immobilien und damit zu geringeren Risiken für Banken und Kreditgebern, nicht zuletzt angesichts der zunehmenden Klima- und Biodiversitätskrise.“

„Betrachten wir den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, dann spart eine zirkuläre Bauweise, je nach Größe und Gebäudetyp, bis zu 32 Prozent der Gesamtkosten."

Silke Küstner, Expertin für Circular Economy beim WWF Deutschland

Für die EU-Taxonomie hat die Expert:innenkommission der EU-Kommission acht Circular-Economy-Kriterien definiert: sechs Kriterien für Neubau, zwei zusätzliche Kriterien für Sanierung und Renovierung. „Die Circular-Economy-Kriterien der Expert:innenkommission sind ein richtungsweisender Standard dafür, wohin sich der Gebäudebau entwickeln muss“, sagt Marina Fecke, Researcherin im Forschungsbereich Stoffkreisläufe am Wuppertal Institut und ergänzt: „Deshalb sollten Banken und Finanzinstitute diese Kriterien bereits jetzt bei ihren Finanzierungsentscheidungen anwenden und sich so ihr Kapital gegenüber Wertverlusten absichern.“

Konkret bedeutet das, dass Finanzinstitute gezielt Wissen zu Circular Economy aufbauen müssen und folgende Nachweise für Bau- und Sanierungsprojekte einfordern sollten: einen Gebäuderessourcenpass, ein Rückbau- und Recyclingkonzept, eine Lebenszyklusanalyse bei Neubauten und einen Gebäudeenergieausweis, auch für gewerbliche Immobilien. „Banken können als Kreditgeber einen positiven Einfluss auf Eigentümer:innen und auf die gesamte Baubranche ausüben“, hebt Marina Fecke hervor.

Allerdings muss auch die deutsche Politik, und damit der Gesetzgeber, ihren Beitrag leisten, um die zirkuläre Transformation des Gebäudesektors zu beschleunigen. „Erst mit einem verpflichtenden Gebäuderessourcenpass und der Ökobilanzierung, die bereits im Herbst 2023 in der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes verankert werden sollten, schafft die Bundesregierung die Datengrundlage und damit eine zentrale Datenbank für Gebäudedaten“, sagt Silke Küstner. „Diese zentrale Datenbank für Gebäudedaten ist dringend notwendig, damit der Finanzsektor zielgerichtete Finanzierungsentscheidungen treffen kann, die auch wirksam auf die Transformation des Gebäudesektors einzahlen. Diese Daten kann die Politik auch nutzen, um taxonomiekonforme Förderprogramme für Gebäudebau und Sanierung aufzusetzen – ein weiterer möglicher Treiber der Transformation im Gebäudesektor.“

 

Hintergrund CEWI

Das CEWI-Impulspapier stützt sich auf die im März 2022 von der Platform on Sustainable Finance (PSF), der Expert:innengruppe der EU-Kommission, empfohlenen acht zentralen Circular-Economy-Kriterien der EU-Taxonomie für den Gebäudesektor im Rahmen des Umweltziels „Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft“. Der entsprechende delegierte Rechtsakt mit bindenden Vorgaben wurde für Ende Juni 2023 von der EU-Kommission angekündigt. Die CEWI-Projektgruppe Circular Finance besteht sowohl aus Expert:innen im Bereich zirkuläre Gebäude/zirkuläres Bauen als auch aus Vertreter:innen nachhaltiger Banken. Die Gruppe bringt somit Expertise zu Circular Economy im Gebäudebereich mit und kann wertvolle Impulse dazu liefern, wie Nachhaltigkeit sinnvoll im Geschäftsmodell einer Bank verankert werden kann.

Beim CEWI-Vorhaben entwickeln mehr als 40 Unternehmen zusammen mit Akteur:innen aus Wissenschaft, Verwaltung und Politik innovative, wertschöpfungsübergreifende, zirkuläre Geschäftsmodelle und Pilotprojekte in den Sektoren Gebäude und Automobil. Das Ziel ist, Emissionen zu reduzieren, den Materialeinsatz zu transformieren und eine systemische Veränderung der Branchen anzustoßen.

Das CEWI-Vorhaben besteht aus einem Konsortium aus dem WWF Deutschland, der Stiftung KlimaWirtschaft und dem Wuppertal Institut. Es wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz gefördert und durch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz fachlich begleitet.

Kontakt

Julian Philipp

Pressesprecher für Transformation von Wirtschaft und Finanzmarkt / Berlin

  • Windkrafträder © Global Warming Images / WWF Weltweit für mehr Klimaschutz

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