- WWF, Deutsche Umwelthilfe und NABU beziehen vor neuem Gesetzentwurf zu Erneuerbaren Energien im Wärmebereich Position
- Politik muss Priorität auf verfügbare und einsatzfähige erneuerbare Wärmetechnologien legen
- Etikettenschwindel und verschleppte Dekarbonisierung unbedingt verhindern
Für das Erreichen der Klimaschutzziele bis 2030 ist es entscheidend, wie schnell es in den nächsten Jahren gelingen wird, im Wärmesektor auf fossile Energieträger zu verzichten. Ab dem 1. Januar 2024 soll in Deutschland jede neue Heizung auf Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden*. Noch im ersten Halbjahr 2023 soll diese Vorgabe in einer Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in geltendes Recht umgesetzt werden. In der Ampelkoalition sorgt die FDP für Streit, weil sie weiter an dem Betrieb von klimaschädlichen Öl- und Gasheizungen festhalten möchte, obwohl der Ausstieg bereits im Koalitionsvertrag vereinbart war.
Der WWF Deutschland, die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und der Naturschutzbund Deutschland sehen die 65-Prozent-Maßnahme als einen wichtigen Beitrag zur Wärmewende und damit zum Einhalten der Klimaziele für den Gebäudesektor. Äußerst kritisch sehen die drei Umweltverbände hingegen, dass auch vorgesehen ist, Wasserstoff und andere „grüne” Gase wie Biomethan gleichrangig mit dem Einsatz von Wärmepumpen oder Wärmenetzen bei der Transformation des Gebäudesektors zu behandeln.
In einem gemeinsamen Forderungspapier pochen der WWF, die DUH sowie der NABU deshalb auf die Umsetzung der 65-Prozent-Vorgabe:
- Priorität auf heute verfügbare & technisch einsetzbare erneuerbare Wärmetechnologien legen.
- Fossile Heizungsanlagen, die technisch in der Lage sind, Wasserstoff oder biogene Gase zu nutzen, dürfen nicht als „erneuerbar“ deklariert werden.
- Wasserstoff und andere „grüne“ Gase dürfen aus Effizienzgründen und aufgrund mangelnder Verfügbarkeit nicht als grundsätzliche Erfüllungsoption für die 65-Prozent-Anforderung gelten
- Ausnahmefälle müssen klar definiert und begründet werden.
Viviane Raddatz, Fachbereichsleiterin Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland: „Die Transformation des Gebäudesektors hinkt seit Jahren hinter den Klimazielen hinterher. Im Gebäudesektor jetzt auf Wasserstoff und andere grüne Gase zu setzen, ist ein Trugschluss. Ihr Einsatz ist weder effizient, noch sind die grünen Gase heute oder in den kommenden Jahren im großen Stil verfügbar. Wasserstoff und andere grüne Gase sind keine Energieträger zur Fortsetzung des fossilen Zeitalters mit anderen Mitteln und kein Allheilmittel für die Transformation in allen Sektoren. Wasserstoff wird in der kommenden Dekade vor allem in solchen Anwendungen eingesetzt werden müssen, wo es kaum Alternativen zur Dekarbonisierung gibt, beispielsweise im Industriesektor. Die Ressourcen sind knapp. Die Politik ist aufgefordert, durch bereits heute verfügbare Technologien wie Wärmepumpen oder grüne Wärmenetze die Transformation des Gebäudesektors anzukurbeln und keine falschen Hoffnungen zu wecken.”
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der Deutschen Umwelthilfe: “Der Gesetzesvorschlag von Robert Habeck zum Ausstieg aus fossilen Heizungen weist in die richtige Richtung. Es ist wichtig, jetzt Planbarkeit für Verbraucherinnen und Verbraucher, die Industrie, die Heizungsbranche und das Handwerk zu schaffen. Mit ihrer Blockadehaltung verhindert die FDP die Wärmewende im Heizungskeller. Sie betreibt damit das Geschäft von Wohnungswirtschaft und Gasindustrie, die einzig darauf abzielen die Energiewende im Wärmebereich zu blockieren. Der Einsatz von Wasserstoff und grünen Gasen ist dabei ein leeres Versprechen. Damit drohen Verbraucherinnen und Verbraucher in eine Kostenfalle gelockt zu werden, wenn sie den rechtzeitigen Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen verpassen.”
Daniel Rieger, Fachbereichsleiter Klima- und Umweltpolitik des Naturschutzbund Deutschland: „Eine auf erneuerbaren Energien beruhende Wärmeversorgung ist elementar, um die Klimaschutzziele 2030 zu erreichen. Doch anders als viele intuitiv vermuten, würde der Einsatz von Wasserstoff oder „grünen Gasen“ einer zügigen Umstellung auf klimafreundliche Energieträger zuwiderlaufen und nur weitere fossile Lock-ins und Abhängigkeiten schaffen. Vielmehr muss das 65 Prozent-Erneuerbaren-Kriterium endlich verbindlich und ohne Schlupflöcher gesetzlich festgeschrieben werden, damit ab 2024 neue Heizungen nur noch auf Basis echter erneuerbarer Energien laufen. Daneben darf allerdings auch die Reduzierung des Verbrauchs durch die konsequente Sanierung von Gebäuden nicht aus dem Blick geraten.”
*Hintergrund:
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag das Ziel festgelegt, dass jede neue Heizung zum 1. Januar 2025 auf der Basis von mindestens 65 Prozent erneuerbarer Energie betrieben werden soll. Im Zuge des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und der daraus resultierenden fossilen Energiekrise wurde diese Vorgabe um ein Jahr vorgezogen und soll bereits ab dem 1. Januar 2024 gelten.