Auf der heutigen Agrarministerkonferenz (AMK) in Büsum haben Minister:innen von Bund und Ländern den EU-Aktionsplan für Meeresschutz und nachhaltige Fischerei kritisiert. Zum Plan der EU-Kommission gehört ein Verbot von grundberührender Fischerei in Meeresschutzgebieten. Davon wäre auch die Krabbenfischerei betroffen, die großenteils in Schutzgebieten, vor allem den Nationalparken im Wattenmeer stattfindet. Hans-Ulrich Rösner, Leiter des WWF Wattenmeerbüros, kommentiert:
„Von dem AMK-Beschluss geht ein grundfalsches Signal aus: Meeresschutz ist nur ok, wenn er nicht vor der eigenen Haustür stattfindet. Deutschland darf sich aber nicht nur auf internationaler Bühne für den Schutz der Weltmeere einsetzen, sondern muss längst überfällige Maßnahmen auch in den eigenen Gewässern ergreifen. Dazu gehört auch, Meeresschutzgebiete zu dem zu machen, was sie sein sollen – Schutzzonen, keine Wirtschaftszonen.”
Auch Jahrzehnte nach der Ausweisung werden die großen Wattenmeer-Nationalparke noch fast vollständig befischt. Dabei ist es deren gesetzliches Schutzziel, dass sich die Natur in ihnen ungestört entwickeln kann. Doch ohne Veränderungen bei der Fischerei kann dies nicht erreicht werden. So hat die Krabbenfischerei eine nachteilige Wirkung auf den Meeresboden und steht einer natürlichen Entwicklung dort, zu der auch die Rückkehr von verschwundenen Arten wie der Sandkoralle gehört, entgegen. Auch der Beifang von untermaßigen Garnelen, kleinen Fischen und wirbellosen Tieren ist bei dieser Fischerei immer noch viel zu groß.
“Natürlich gehört die Krabbenfischerei zur Nordsee, doch sie kann und muss umweltverträglicher und eben nicht überall betrieben werden”, so Hans-Ulrich Rösner. “Dies zeigt der Aktionsplan der EU-Kommission sehr klar. In dieser Situation müssen Krabbenfischerei, Politik und Naturschutz im ernsthaften Gespräch miteinander nach Lösungen suchen. Diese müssen den notwendigen Schutz unserer Meere durch konkrete Maßnahmen erreichen, aber auch für die Fischerei in die Zukunft führen.” Nur ein intaktes Ökosystem ermöglicht künftig volle Netze und damit ein wirtschaftliches Auskommen der Fischerei.
Auf nationaler Ebene erwartet der WWF, dass Deutschland einen Fahrplan mit konkreten Maßnahmen für den Umbau zu einer nachhaltigen und ökosystembasierten Fischerei erarbeitet, der den Schutz bedrohter Arten und Schutzgebieten ermöglicht.
Hintergrund:
Ein WWF-Report zur räumlichen Verteilung der deutschen Krabbenfischerei aus dem Jahr 2016 zeigt, dass der Schwerpunkt innerhalb der 12-Seemeilenzone liegt. Sie findet dort vor allem zwischen April und November statt. Dabei wird in den Küstengewässern vor Niedersachsen und vor Schleswig-Holstein vergleichbar intensiv gefischt. In der Ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ), dem Gebiet jenseits der 12-Seemeilen-Linie, finden weniger als 6 Prozent der deutschen Krabbenfischerei statt. Die Haupt-Fischereiaktivität dort liegt im Winter, wenn sich die Nordseegarnelen in tieferes und dann wärmeres Wasser zurückziehen. Insgesamt finden rund 70 Prozent der deutschen Krabbenfischerei in den Wattenmeer-Nationalparken statt.
Im Rahmen der MSC-Zertifizierung hat die Krabbenfischerei leichte, aber nicht ausreichende Fortschritte bei der Umweltverträglichkeit gemacht. So wurde die Maschenweite der Netze leicht erhöht, um weniger untermaßige Garnelen zu fangen. Zu den großen Lücken des MSC-Zertifikats gehört, dass bei der Bewertung keine Rolle spielt, ob die Fischerei in einem Schutzgebiet stattfindet und dessen Schutzziele berücksichtigt.
WWF zur Krabbenfischerei: Gemeinsame Lösungen gefragt
Kontakt
Freya Duncker
Pressesprecherin für Meeresschutz und Biodiversität / Hamburg
- Meeresschutz - ohne Meer kein Leben